# taz.de -- Inoffizielle EM der Skateboarder: Style, nicht Ellenbogen
       
       > Bei der Berlin Open messen sich Skateboarder drei Tage lang. Das verläuft
       > ziemlich solidarisch und entspannt – obwohl es auch um viel Geld geht.
       
 (IMG) Bild: Ganz schön glatt, so ein Geländer: Teilnehmer der Berlin Open
       
       Die Skater sind so cool, wie sie immer schon cool waren: zu lange T-Shirts,
       sorgfältig achtlose Mützen, mehrheitlich gelungene Tattoos. Das sind also
       die Jungs, die schon vor zehn, fünfzehn Jahren auf dem Schulhof cool waren:
       Sie durften ein Board haben und hatten keine Eltern, die sich sorgten, weil
       man zu viel fällt.
       
       Sie fallen immer noch ziemlich viel am vergangenen Wochenende in der
       Skatehalle Berlin auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain. Das sieht nicht
       mehr ganz so lässig aus – aber falls es wehtut, zeigen die Jungs es nicht.
       70 eingeladene Top-Skater aus Europa und ein bisschen Übersee messen sich
       hier auf der Berlin Open, die als inoffizielle Skateboard-EM beworben wird.
       Und für die Sieger einträglich ist: Insgesamt 20.000 Euro Preisgelder ist
       das Ganze einem Sponsor wert.
       
       Inoffizielle Europameisterschaft, das ist natürlich einer dieser
       Marketing-Namen, um ahnungslosen Kindern strengerer Eltern das Ganze
       greifbarer zu machen. In der Skatehalle auf dem RAW-Gelände guckt auf die
       Platzierungen hinterher kein Mensch. Nicht mal die Skater selbst, die sich
       am Ende so zeugnisvergabemäßig ewig ausrufen lassen, um dann mittelmäßig
       interessiert zu ihrem fünften Platz zu trotten (die drei Erstplatzierten
       sind allerdings sehr schnell bei ihren Schecks). Dafür gibt es viel
       solidarische Gettofaust und gegenseitigen Applaus für gelungene Tricks.
       
       Es geht um Style, nicht um Ellenbogen. Nette Szene. Man kennt sich. Wer
       Wettbewerbsfeeling sucht, ist falsch.
       
       ## Sieht unspektakulär aus
       
       Im Skatepark befahren die Starter drei Tage lang einen Parcours aus
       Treppen, Geländern, Betonkanten. Eine vierköpfige Jury bewertet die Sprünge
       nach den Kategorien „Konsistenz“, „Schwierigkeit“ und „Style“. Als Laie ist
       die Bewertung so hoffnungslos wie Goethe für Analphabeten: Was die Jungs,
       meist im Alter zwischen 20 und 30, da springen, sieht eher unspektakulär
       aus. Es gibt lange, anstrengende Pausen, keine Punktenennung, und wenn was
       gut aussieht, ist es das noch lange nicht.
       
       „Auf so hohem Niveau sind die Unterschiede marginal“, sagt Daniel Kalthoff
       vom Organisationsteam. Natürlich spiele da viel persönlicher Geschmack eine
       Rolle. Hilfreich ist dafür der Ansager, der laut „Oh“ und „Yeah“ macht –
       man muss dann nur noch rausfinden, welchen der parallel fahrenden Skater er
       meint.
       
       Das Publikum, offiziell 2.500 Leute von Freitag bis Sonntag zusammen, nimmt
       das fachkundig hin. Es sind viele Skater, viele Freunde der Antretenden,
       viel alternative RAW-Crowd. „Es hat sich mittlerweile in Europa
       herumgesprochen, dass wir einer der gechilltesten Contests sind“, sagt
       Daniel Kalthoff. Gechillt meint in diesem Fall wenig Show-Elemente, nicht
       für die große Masse gedacht. „Es ist schon sehr eng auf Skater
       ausgerichtet.“ Nichts für die uncoolen Kids also.
       
       ## So’ne Art Happening
       
       Die mittlerweile vierte Berlin Open ist mehr eine Art Happening: Man hockt
       mal drinnen, mal draußen, trinkt Bier, nuckelt am Tortilla Wrap und guckt
       ein bisschen Skateboard. Regeln sind eher so Leitlinien. Beim
       Best-Trick-Contest kündigt der Moderator ungefähr zehn Minuten lang aufs
       Neue die letzte Minute an und wird gelassen überhört.
       
       Beim Finale spazieren manche, als hätten sie drei Stunden statt zwei
       Minuten, und kriegen ihre Zeit. Das meiste Geld machen sie hier sowieso mit
       ihren Sponsorenverträgen: Alle Jungs – kein einziges Mädchen hatte sich
       angemeldet – tragen Shirts, Kappe, Schuhe eines Unternehmens.
       
       Auf den Contests bewerben sie deren Produkte, auf ihren Websites verkaufen
       sie sie; wer sich gut genug in Szene setzt, kann davon leben. In
       Deutschland könnten das 15 bis 20 Leute, schätzt Daniel Kalthoff. Berlin
       sei eine der Skate-Hauptstädte Europas.
       
       Vier Berliner schaffen es ins Finale. Den ersten Platz holt allerdings ein
       Argentinier, ein gewisser Matias Dell Olio aus den Reihen des
       Hauptsponsors. Er freut sich ganz konventionell mit Pokal, Konfettiregen,
       Schampus. Bei 6.000 Euro Preisgeld ist Spießigkeit dann doch schon okay.
       
       4 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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