# taz.de -- Dieselskandal in der Autoindustrie: Maas will Musterklage ermöglichen
       
       > Der Justizminister spricht sich für eine Musterklage gegen die
       > Autokonzerne aus. Bei einer solchen Klageform schließen sich betroffene
       > Verbraucher zusammen.
       
 (IMG) Bild: Vielleicht können Verbraucher auch bald den Hersteller des Porsche Cayenne verklagen
       
       BERLIN dpa | Mit Blick auf den Dieselskandal der deutschen
       Automobilindustrie hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der Union
       einen Zickzackkurs beim Verbraucherschutz vorgeworfen. Maas sagte, eine
       Musterfeststellungsklage, an der sich mehrere Verbraucher gemeinsam
       beteiligen können, „könnte den Autokäufern in Deutschland bereits
       offenstehen, wenn CDU/CSU sie nicht in der laufenden Wahlperiode blockiert
       hätten“.
       
       Bei einer solchen Klageform können sich betroffene Verbraucher
       zusammenschließen, um gemeinsam und ohne hohes Kostenrisiko ihr Recht
       durchzusetzen – insbesondere gegen große Konzerne.
       
       Ein entsprechender Vorschlag von ihm für eine solche Gruppenklage liege
       seit langem auf dem Tisch. Vor allem das Verkehrsministerium von Alexander
       Dobrindt (CSU) habe die Einführung bislang verhindert, kritisierte Maas,
       der auch für den Verbraucherschutz zuständig ist. „Es ist mehr als skurril,
       wenn CDU und CSU erst monatelang wirksame Maßnahmen für mehr
       Verbraucherschutz blockieren und nun zwei Tage vor dem Diesel-Gipfel in
       Person des bayerischen Ministerpräsidenten (Horst Seehofer) plötzlich zu
       vermeintlichen Verbraucherschützern mutieren.“ CSU-Chef Seehofer hatte sich
       im ZDF angesichts des Dieselskandals offen für die Möglichkeit von
       Gruppenklagen gezeigt.
       
       Nach einem Bericht der Bild-Zeitung soll das Kraftfahrtbundesamt auf
       Betreiben der Autoindustrie Untersuchungsberichte zum Abgas-Skandal
       geschönt haben. Das Blatt beruft sich dabei auf die Korrespondenz zwischen
       dem Amt und den Herstellern. Danach habe die Unterbehörde des
       Verkehrsministeriums bereits vor mehr als einem Jahr festgestellt, dass
       Porsche mit Abschalteinrichtungen für seine Diesel-Motoren arbeitet, dies
       aber im Endbericht relativiert.
       
       An diesem Mittwoch wollen sich Bundesregierung und Autoindustrie zu einem
       „Diesel-Gipfel“ treffen, um über die nötigen Konsequenzen aus dem
       Abgasskandal und dem Verdacht eines Kartells der Hersteller zu beraten.
       Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) appellierte in der Bild am
       Sonntag an die „verdammte Verantwortung“ der Hersteller und forderte sie
       auf, „das Vertrauen wiederherzustellen und die begangenen Fehler zu
       beheben“.
       
       ## Festes Verbotsdatum für EU wäre „verfrüht und falsch“
       
       SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte der Passauer Neuen Presse: „Jetzt
       stehen vor allem die Konzerne in der Pflicht, den eingetretenen Schaden zu
       bereinigen.“ Dobrindt warf er vor, „heillos überfordert“ zu sein. Er
       schaffe es nicht aufzuklären, die Verbraucher zu schützen und den
       Beschäftigten der Automobilindustrie eine klare Perspektive zu geben.
       
       Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf der Bundesregierung in der
       Nordwest-Zeitung vor, sie habe jahrelang einen Schutzzaun um die Diesel-
       und Ottomotoren gezogen. „Diese Krise ist vermeidbar gewesen.“ Aus Sicht
       der Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring- Eckardt muss der Staat den
       Autoherstellern ein festes Datum für das Ende von Verbrennungsmotoren
       vorschreiben. „Es braucht einen klaren Ordnungsrahmen, sonst passiert
       nichts“, sagte sie der Welt.
       
       Ein festes Verbotsdatum für die gesamte Europäische Union lehnte
       EU-Kommissar Günther Oettinger ab. „Ein einheitliches EU-Ausstiegsdatum für
       den Verbrennungsmotor zum jetzigen Zeitpunkt wäre deutlich verfrüht und
       falsch“, sagte er der Rheinischen Post.
       
       Nach einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung fordert die Grünen-Spitze in
       einem „Zukunftsplan für das emissionsfreie Auto“ unter anderem eine
       zeitlich befristete Umstellungsprämie für ältere Dieselfahrzeuge der
       Euro-5-Norm, die beim Kauf emissionsfreier Autos gezahlt werden soll. Die
       Kosten für die Nachrüstung von Dieselautos seien hingegen vollständig von
       den Herstellern zu tragen.
       
       Einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace zufolge
       sprechen sich 57 Prozent der Bevölkerung für gezielte Diesel-Fahrverbote in
       Stadtteilen mit hoher Luftverschmutzung aus. 39 Prozent der Befragten
       lehnten einen solchen Schritt ab.
       
       31 Jul 2017
       
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