# taz.de -- Kritik an Freihandels-Strategie: Weniger demokratische Kontrolle
       
       > Künftige Abkommen sollen den Investorenschutz aussparen. NGOs sind aber
       > unzufrieden, weil Unternehmen Sonderrechte behalten.
       
 (IMG) Bild: Auch die neue EU-Strategie macht Freihandelsabkommen nicht besser, finden AktivistInnen
       
       BERLIN taz | Die neue Strategie der EU-Kommission in Sachen Freihandel
       stößt bei Nichtregierungsorganisationen auf Kritik. „Zwar sehen wir es als
       Erfolg unserer Bewegung an, dass jetzt Handelsabkommen ohne
       Investorenschutz abgeschlossen werden sollen“, sagt Anna Cavazzini,
       Referentin für Handelspolitik von Campact. „Für einen gerechteren Handel
       wird die neue Idee jedoch nicht sorgen.“ Denn der Schutz von Investoren sei
       in neuer Form vorgesehen.
       
       Bereits in den geplanten Handelsabkommen der Europäischen Union mit
       Australien und Neuseeland ist der Investorenschutz nicht mehr enthalten. In
       der vergangenen Woche forderte nun die EU-Kommission die EU-Staaten auf,
       über einen multilateralen Gerichtshof zu verhandeln, der umstrittene
       Schiedsgerichte ersetzen soll. In ihm hätten bestellte Richter statt – wie
       bei den Schiedsgerichten – Anwälte das Sagen.
       
       Das bewerten Cavazzini und auch Roman Huber, geschäftsführender Vorstand
       des Vereins Mehr Demokratie, erst einmal positiv. „Es könnte eine größere
       Kontinuität entstehen“, sagt Huber. Das Problem: Unternehmen behielten
       Sonderrechte im Gegensatz zu Privatpersonen und Staaten. Denn diese könnten
       vor dem entsprechenden Gerichtshof nicht klagen.
       
       Die Klagemöglichkeiten der Unternehmen gehen laut Huber auch im geplanten
       Gerichtshof über nationales Recht hinaus. „Dabei gibt es keine empirischen
       Belege dafür, dass der Handel gebremst wird, wenn ausländische Unternehmen
       sich nationalen Gerichten unterwerfen müssen“, sagt Huber. Sie hätten
       einfach Angst, dass Investitionen sich nicht lohnten.
       
       ## Kontrolle der Mitgliedstaaten wird geschwächt
       
       Da künftige Freihandelsabkommen den Investorenschutz nicht mehr mit
       einschließen sollen, will die EU-Kommission darüber hinaus, dass diese
       künftig ohne Ratifizierung der nationalen Parlamente verabschiedet werden.
       Aus einem Gutachten des EuGH zum Abkommen mit Singapur geht laut Cavazzini
       hervor, dass nur zu verhandelnde Bereiche blieben, bei denen die EU
       kompetent sei oder diese Kompetenzen notfalls „dehnen kann“.
       
       Die Verbände kritisieren dennoch, dass damit die demokratische Kontrolle
       der Mitgliedstaaten geschwächt wird. „Die Verträge werden die Bereiche wie
       Arbeits- und Umweltschutz berühren, die eigentlich den Mitgliedstaaten
       unterliegen“, sagt Roman Huber.
       
       Laut Roland Süß von Attac gehen die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission
       außerdem über zentrale Kritik an den Freihandelsabkommen weiterhin hinweg.
       So soll die Vergabe des Mandats des Europarats an eine Handelskommission
       für künftige Freihandelsabkommen zwar transparent werden. „Eigentlich
       müsste jedoch der gesamte Verhandlungsprozess offengelegt werden“, sagt
       Süß.
       
       18 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Parrisius
       
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