# taz.de -- Neue Definition von Antisemitismus: Für die ganze Gesellschaft
       
       > Deutschland schließt sich einer erweiterten Definition von Antisemitismus
       > an, die in ihrer Erläuterung auch eine pauschale Israelkritik als
       > Judenhass versteht.
       
 (IMG) Bild: Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag wird der Kampf gegen Antisemitismus noch wichtiger
       
       BERLIN epd | Die Bundesregierung hat die Bedeutung des Kampfes gegen
       Antisemitismus betont. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch in Berlin der
       Antisemitismus-Definition der Internationalen Allianz für
       Holocaust-Gedenken (IHRA) zu, die in ihrer Erläuterung auch eine pauschale
       [1][Israelkritik] als Judenhass versteht. „Wir Deutschen sind besonders
       wachsam, wenn Antisemitismus in unserem Land um sich zu greifen droht“,
       erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Der Kampf gegen
       Judenhass gehöre zur Staatsräson. Bundesfamilienministerin Katarina Barley
       (SPD) sagte, Antisemitismus durchziehe leider noch immer [2][die ganze
       Gesellschaft] und [3][gewinne wieder an Gewicht].
       
       Die Definition der IHRA lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte
       Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann.
       Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder
       nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische
       Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ Mit der Annahme der
       Definition verbindet die Bundesregierung die Empfehlung, dies zur Grundlage
       in den Bereichen Bildung, Justiz und Polizei zu machen.
       
       Die Definition soll dabei helfen, Richtern, Staatsanwälten und Polizisten
       eine Einordnung zu geben, wann etwa eine Tat als antisemitisch einzustufen
       ist, erläuterte der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die
       Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Felix Klein, bei einer
       Fachveranstaltung im Bundesfamilienministerium. Seinen Angaben zufolge ist
       angestrebt, dass sich bis Ende des Jahres alle OECD-Staaten auf diese
       Definition verpflichten. Bei der letzten Abstimmung scheiterte dies nach
       seinen Worten am Nein eines Landes. In Europa haben Barley zufolge bereits
       Großbritannien und Österreich diese Definition angenommen.
       
       Der Zentralrat der Juden und das American Jewish Committee begrüßten den
       Kabinettsbeschluss. Beide werteten dies als wichtiges Signal auch in die
       jüdische Gemeinschaft in Deutschland und forderten eine schnelle Umsetzung
       etwa in der Ausbildung in Justiz und Polizei. Das Fehlen einer
       einheitlichen Definition habe in den letzten Jahren dazu geführt, dass
       antisemitische Vorfälle allzu oft ignoriert worden seien, sagte die
       Berliner AJC-Direktorin Deidre Berger.
       
       Im Bundesfamilienministerium diskutierten Experten aus der Bildungsarbeit
       am Mittwoch, mit welchen Strategien Antisemitismus auch vor dem Hintergrund
       der Zuwanderung aus arabischen Ländern am wirksamsten entgegengewirkt
       werden kann. Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Hessen, Meron
       Mendel, warnte dabei davor, das Problem nur als eines muslimischer
       Zuwanderer und Flüchtlinge zu betrachten.
       
       Antisemitismus sei nach wie vor ein Problem der ganzen Gesellschaft. Keine
       Schicht sei frei davon, sagte Mendel. Er ist Mitherausgeber des Fachbuchs
       „Fragiler Konsens“, das sich mit Antisemitismus in der Bildung beschäftigt
       und am Mittwoch im Ministerium vorgestellt wurde. Angesichts des
       wahrscheinlichen Einzugs der AfD in den Bundestag betonte Mendel, die
       Arbeit gegen Antisemitismus werde vermutlich wieder wichtiger. Diese Partei
       vertrete immerhin antisemitische Positionen, indem sie die Debatte über
       einen Schlussstrich unter die Geschichte des Holocaust wieder entfacht
       habe.
       
       20 Sep 2017
       
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