# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Die USA unterscheiden sich rhetorisch nicht mehr von Nordkorea, der
       > Kapitalismus ist nun mal nicht romantisch, und Piloten haben’s schwer.
       
 (IMG) Bild: Was ist vom Nimbus des einstigen Traumberufs Pilot eigentlich noch übrig?
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Umfragen.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Umfragen 2021.
       
       Vor der UN-Vollversammlung hat US-Präsident Trump gepöbelt. Dass er später
       per Erlass weitere Sanktionen gegen Nordkorea verhängt hat, ist aber doch
       ganz vernünftig, oder? 
       
       Ein außenpolitischer Konflikt kommt Trump gelegen, nachdem er bisher keines
       seiner innenpolitischen Projekte durchgebracht hat. Dass es einem
       US-Präsidenten dabei gelingt, sich mit einem Giftzwerg auf Augenhöhe zu
       bespeien, ist neu. Wir sind mit einem Land verbündet und befreundet, das
       sich rhetorisch derzeit nicht von Nordkorea unterscheidet. Das spricht für
       geduldige Verhandlungen mit Nordkorea.
       
       Hat Nordkorea nicht ein Recht auf die Atombombe? Bei anderen Staaten wird
       der Besitz ja auch geduldet. 
       
       Es gibt kein Recht auf Massenmord.
       
       Darf Katalonien über die Unabhängigkeit von Spanien abstimmen? 
       
       Keine Ahnung. Sicher dagegen sehr: Der deutsche Föderalismus, der selbst
       Bayern als Lieblingsquerulanten im Spiel hält, kann so übel nicht sein. Wo
       immer also der schnittige Zentralismus sein Haupt erhebt – Bundespolizei,
       nationale Schulpolitik –, kann man als gegnerisches Extrem die europäischen
       Separatisten mitdenken.
       
       Polizeibewerber müssen nicht mindestens 1,68 Meter groß sein, so das
       Oberverwaltungsgericht in Münster. Fühlen Sie sich noch sicher? 
       
       Drollige Debatte in einem Land, das abends beim „Tatort Münster“ kollektiv
       einer kleinwüchsigen Darstellerin verfällt. PolizistInnen dürfen
       Brustimplantate tragen, Tätowierungen, diverse Haarerlässe wurden
       gerichtlich kassiert, und der stylische Hipsterbart mag für Menschen mit
       Auge milieugerechte Straftat sein, geht aber durch. „Columbo“ Peter Falk
       war auf den Kopf 1,68 lang – daran hat das Gericht sicher gedacht beim
       Urteil.
       
       In Essen sind zwei Männer und eine Frau wegen unterlassener Hilfeleistung
       zu Geldstrafen verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass
       sie in einer Bankfiliale einen reglos daliegenden Rentner ignoriert hatten.
       Ist das angemessen? 
       
       „Banken wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt“, hatte ich gelesen –
       ein Traum. Welcher Sadist saß eigentlich an der Überwachungskamera, deren
       Bilder zur Identifikation der Angeklagten führte? Wieso geht der straffrei
       aus? Automatenhallen von Banken sind zu Notunterkünften geworden, und
       jenseits unterlassener Hilfeleistung betreiben die Geldhäuser reichlich
       Aufwand, die Opfer ihres Wohlstands von dort fernzuhalten. Zwei der Essener
       Angeklagten hatten argumentiert, sie hätten den am Boden Liegenden für
       einen Obdachlosen gehalten. Wer unter uns das nicht auch schon mal erlebt
       hat, der werfe den ersten Bankautomaten. Im NSU-Prozess kaufte ein Gericht
       einem Verfassungsschutz-Mitarbeiter ab, er habe nicht bemerkt, wie er an
       einem Mordopfer vorbeistapfte. Das Essener Urteil ist gut gemeint statt gut
       gemacht, hier weht ein „volkserzieherischer“ Geist, der Gerichten übel
       ansteht. Man kann das heilen, indem man Pennern in der Bank ein „Alles
       okay?“ zuruft. Dann hatte die Sache einen guten Effekt.
       
       Aus Protest gegen die geplante Fusion der Thyssenkrupp-Stahlsparte mit dem
       Konkurrenten Tata haben Stahlarbeiter die Produktion im Werk Duisburg
       runtergefahren. Ist das die Rückkehr der Arbeiterklasse? 
       
       Thyssenkrupp – der dritte Traditionsname „Hoesch“ ist darin schon
       verschwunden – wollte selbst Weltkonzern werden. Mit desaströsen
       Stahlwerksbauten in Brasilien und den USA schoben sie Milliarden in die
       Hochöfen, was auf Bilanzdeutsch höflich „Desinvestment“ genannt wurde. Nun
       werden sie indisch, wie auch Wettbewerber Mittal aus Indien stammt. So
       what? Stahl wurde deutsch, weil der alte Krupp es den Briten zeigte. Fanden
       die auch doof und ließen „Made in Germany“ als Zeichen minderwertiger Ware
       reinstanzen. So weit, so wurscht – Kapitalismus ist nicht romantisch. Die
       Stahlwerker werden das nicht aufhalten können. Sehr wohl jedoch helfen
       Transparenz und Öffentlichkeit, rechtzeitig herauszufinden, ob der Deal gut
       ist für die Jobs – oder nur für die Boni der Manager, die ihn einfädeln.
       Nachbar Mannesmann kam unter die Räder, während Victory-Man Esser mit einem
       Millionenhandgeld ausgestattet wurde. Thyssenkrupp-Personalvorstand Oliver
       Burkhard soll die Fusion nun moderieren, der war zuvor IG-Metall-Chef in
       NRW. Das müsste man dem alten Krupp mal erzählen: Gewerkschafter versuchen,
       deinen Laden zu retten.
       
       Der Bundesrat hat ein Gesetz gebilligt, mit dem illegale Autorennen nicht
       mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat gewertet werden. Bringt
       das was? 
       
       Ja, Rechtssicherheit. Vor einem Kölner Landgericht ging der Tod einer
       Radfahrerin als „fahrlässige Tötung“ mit einer Bewährungsstrafe ab – in
       Berlin schickte ein Landgericht zwei Raser wegen Mordes lebenslänglich ins
       Gefängnis. Beide Fälle landeten vor dem BGH. Das mag die Absicht der
       Gerichte gewesen sein: Das Verbrechensgenre ist jünger als die
       Gesetzgebung, hier sei nachzuliefern. Was die Politik jetzt getan hat.
       
       Ryanair und Air Berlin – was ist vom Nimbus des einstigen Traumberufs Pilot
       eigentlich noch übrig? 
       
       Schmucke Uniform, wenn man nach rund 100.000 Euro Ausbildungskosten dafür
       noch etwas Geld übrig hat. 16 Prozent der Piloten – bevorzugt die
       Berufsanfänger – arbeiten in „atypischen Beschäftigungsverhältnissen“,
       ermittelte eine Studie der Uni Gent unter 6.600 europäischen Piloten. Auf
       dem Pilotenarbeitsamt fehlt ein Purser für den Text „Wir dürfen Sie mit den
       Sicherheitsvorkehrungen an Bord Ihrer Karriere vertraut machen“.
       
       Das Berliner Landgericht hat die Mietpreisbremse als verfassungswidrig
       eingestuft. Und jetzt? 
       
       Sozialer Wohnungsbau. Der Markt hat bewiesen, dass er es selbst mit
       komplizierten Regelungen nicht hinbekommt.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Langsam wird es unheimlich.
       
       Fragen: aw
       
       24 Sep 2017
       
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