# taz.de -- Kolumne Right Trash: Schlecht informiert in der AfD-Blase
       
       > Ein Journalist hat Millionen Twitterkonten analysiert. Beim 34C3 zeigt
       > er: Rechte sitzen in einer Filterblase, die den Rest vor ihren
       > Falschmeldungen schützt.
       
 (IMG) Bild: Bekommt wahrscheinlich keine Fake News bei Twitter: ein 34C3-Kongressteilnehmer im Bällebad
       
       Michael Kreil zeigt eine Landkarte mit den Twitterkonten deutscher
       Bundestagsabgeordneter. Schwarz, rot, gelb und grün färben sich die Punkte
       ein, sie sind mit grauen Linien miteinander verbunden. Rechts oben ist eine
       Insel an hellblauen Konten – das sind die AfD-Abgeordneten. „So, und jetzt
       schalten wir mal die Abgeordneten aus und schalten die Fake-News-Verbreiter
       ein“, grinst Kreil bei seinem Vortrag auf dem [1][Kongress des Chaos
       Computer Clubs (34C3)] in Leipzig. Die hellblaue Insel färbt sich rot. Der
       Saal lacht.
       
       Der Datenjournalist Kreil hat ein Jahr lang Millionen Twitterkonten und
       hunderte Millionen Tweets ausgewertet. Er hat ausgelesen, wann, wer, was
       twitterte, welche Dienste genutzt wurden und wie Konten untereinander
       vernetzt sind. Herausgekommen sind große Netze mit winzigen Punkten und
       blassen Verbindungslinien: Es sind so viele Konten, dass sie beim Vortrag
       kaum noch einzeln nachvollziehbar sind.
       
       Die AfD-Abgeordneten seien nicht unbedingt selbst die Fake-News-Verbreiter,
       ergänzt Kreil: „Es geht darum, dass sie mit den Fake-News-Verbreitern eng
       vernetzt sind.“ Anhand von mehreren Fällen gezielter Desinformation hat
       Kreil visualisiert, welche Konten Falschmeldungen verbreiten und welche
       diese richtigstellen. Es bilden sich zwei Wolken, eine rote für die
       Verbreiter und eine blaue für die Richtigsteller. „Ich habe das gesehen und
       gesagt, das ist eine Filterblase“, sagt Kreil. „Mit dem Rest sind die
       Fake-News-Verbreiter nur noch über Massenmedien verbunden.“
       
       Das heißt: Es gibt eine klar abgrenzbare Gruppe von Twitter-Konten, die
       Falschmeldungen verbreitet und kaum Kontakt zum Rest der Nutzer*innen auf
       Twitter pflegt. In dieser zirkulieren Falschmeldungen zu Themen mit
       eindeutig rechtem Einschlag: Islam, Flüchtlinge und Merkel.
       
       ## Die Filterblase schützt vor Fake News
       
       Aber die Filterblase funktioniert nicht so, wie oft angenommen wird: Es
       reden nicht zwei ideologisch voneinander getrennte Gruppen aneinander
       vorbei. Laut Kreil erhielten fast 90 Prozent aller Fake-News-Verbreiter
       später auch die Richtigstellung zur Falschmeldung. Von den Richtigstellern
       hatten aber zuvor nur weniger als die Hälfte die Falschmeldung rezipiert.
       „Es gibt eine Filterblase“, schließt Kreil. „Und zwar bekommen wir die Fake
       News nicht mit.“
       
       Kurz gesagt: Rechte Twitternutzer*innen in Deutschland, darunter auch die
       AfD-Bundestagsabgeordneten, sitzen in einer Filterblase mit
       Falschmeldungen, müssten es aber besser wissen, da die Richtigstellungen
       sie erreichen. Und sie haben keinen großen Einfluss auf den Rest.
       
       Und wie entstehen die Falschmeldungen? Im Frühjahr fingen rechte Konten
       beispielsweise an zu verbreiten, das Auswärtige Amt habe stillschweigend
       eine Reisewarnung für Schweden herausgegeben. Kreil zeigt, dass es erste
       Tweets zum Thema bereits ein halbes Jahr eher gegeben hat. Mit der Zeit
       seien sie immer zugespitzter geworden und hätten sich immer mehr von den
       Tatsachen entfernt, bis schließlich die AfD das Thema aufgegriffen habe.
       
       „Man stottert sich in die Fake News rein“, sagt Kreil. „Man versucht die
       Botschaft zu optimieren bis sie Resonanz zeigt.“ Fake News seien damit eher
       wie Internet-Memes: kurze, zugespitzte Botschaften mit hoher Reichweite.
       „Deshalb kann man Fake News auch nicht bekämpfen, indem man die Quellen
       abschaltet“, schließt Kreil. „Das Problem ist eher die große Reichweite.“
       Und die finden Fake News auch anders.
       
       28 Dec 2017
       
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