# taz.de -- Palästinenser-Proteste im Gazastreifen: Brennende Reifen an der Grenze
       
       > Palästinenser demonstrieren an der Grenze gegen die Gründung Israels vor
       > 70 Jahren. Mindestens einer wird getötet, viele werden verletzt.
       
 (IMG) Bild: Mit dem Qualm brennender Autoreifen verdunkeln Palästinenser das Grenzgebiet des Gazastreifens.
       
       JERUSALEM taz | Brennende Autoreifen und Steinschleudern auf der einen
       Seite, Tränengas und Scharfschützen auf der anderen. Der ungleiche Kampf
       von palästinensischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften im
       Grenzgebiet zum Gazastreifen ging am Freitag in die zweite Runde. Einen
       Toten und einige Dutzend Verletzte meldete das palästinensische
       Gesundheitsamt bis zum Nachmittag. Die Zahl der Demonstranten blieb
       insgesamt mit rund 15.000 weit hinter den Erwartungen zurück.
       
       Viele Menschen suchten in den Rauchwolken der brennenden Reifen Schutz vor
       den tödlichen Gewehrkugeln ihres Gegners. Die gut doppelt so [1][großen
       Kundgebungen] eine Woche zuvor hatten 22 Menschenleben gefordert. Auf
       israelischer Seite stellten Feuerwehrleute riesige Ventilatoren gegen den
       Qualm auf. Menschenrechtsaktivisten appellierten an die Scharfschützen, den
       Befehl zu verweigern.
       
       Der auf sechs Wochen angelegte Protest, mit dem die Menschen im
       Gazastreifen auf ihre wachsende Not aufmerksam machen wollen, war von der
       radikal-islamischen Führung der Hamas ausdrücklich als friedliche Aktion
       angelegt.
       
       Dass es dennoch zu so zahlreichen Toten und mehreren hundert Verletzten
       kam, [2][liegt an der Hamas], die ihre Landsleute nicht daran hinderte, dem
       Grenzzaun zu nahe zu komme, und an der Gnadenlosigkeit, mit der die
       israelischen Scharfschützen jeden Palästinenser aufhalten, der sich zu
       dicht an die Grenzanlagen heran wagt.
       
       ## „Entschuldigung, aber ich werde nicht schießen“
       
       „Entschuldigung, aber ich werde nicht schießen“, so heißt es auf Plakaten
       und Zeitungsinseraten der israelischen Nichtregierungsorganisation (NGO)
       Betselem, die an die Soldaten appelliert, den „widerrrechtlichen Befehl“ zu
       verweigern, „mit scharfer Munition auf unbewaffnete Demonstranten zu
       schießen“.
       
       Die Hauptverantwortung für die fatale Bilanz läge allerdings „beim
       Regierungschef, dem Verteidigungsminister und dem Generalstabschef“,
       räumten die Menschenrechtsaktivisten ein und riefen Politiker und
       Armeeführung auf, „zur Vernunft zu kommen“ und von dem Schussbefehl
       abzulassen.
       
       Davon jedoch will Verteidigungsminister Avigdor Lieberman nichts hören.
       Ungeachtet der Kritik im In- und Ausland hält Israel an dem Einsatz der
       Scharfschützen zusätzlich zu den mit Tränengas bestückten Drohnen, den
       Wasserwerfern und Gummigeschossen fest. Anwohner im südlichen Gazastreifen
       berichteten, dass die Luftwaffe Zettel mit Warnungen auf Arabisch
       abgeworfen hätte. „Wer sich dem Zaun nähert, riskiert erschossen zu
       werden“, wiederholte Lieberman am Donnerstag.
       
       „Israels vorsätzliches Töten unbewaffneter palästinensischer Demonstranten
       in Gaza darf nicht ungeprüft oder unbestraft bleiben“, forderte die
       Fatah-Funktionärin Hannan Aschrawi.
       
       ## Interne statt unabhängige Untersuchung
       
       Sogar die Regierung in Berlin signalisierte Israel gegenüber Klärungsbedarf
       angesichts der hohen Zahl der getöteten und verletzten Palästinenser.
       
       Eine unabhängige Untersuchungskommission, wie sie zuvor UN-Generalsekretär
       Antonio Guterres verlangte, lehnt die israelische Regierung ab. „Die UN
       täte besser daran, den Tod einer halben Million Menschen in Syrien zu
       untersuchen“, kommentierte Lieberman. Allerdings will die Armee eine
       „interne Untersuchung“ vornehmen, wie ein Sprecher mitteilte.
       
       6 Apr 2018
       
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