# taz.de -- Streit zwischen Nabu und Greenpeace: Seeadlerpaar spaltet Naturschützer
       
       > Der Nabu will ein Seeadlerpaar schützen und protestiert gegen das
       > Vorhaben von Greenpeace Energy, im niedersächsischen Rinteln zwei
       > Windräder zu bauen.
       
 (IMG) Bild: Die Seeadler haben sich im Norden „sehr erfolgreich“ angesiedelt, sagt der Nabu
       
       HAMBURG taz | Dass Seeadler nicht geschreddert werden sollen – zumindest
       darin sind sich alle Beteiligten einig. Dann hört der Konsens im
       niedersächsischen Landkreis Schaumburg aber schon auf.
       
       Das Energieunternehmen Greenpeace Energy will nahe der Stadt Rinteln zwei
       Windräder bauen und damit langfristig das Klima retten. Der Naturschutzbund
       Nabu versucht, die Anlage zu verhindern, weil sich ein Seeadlerpaar im etwa
       900 Meter entfernten Naturschutzgebiet angesiedelt hat. Sterbe nur eines
       der Tiere, erlische die lokale Population, sagt Nick Büscher vom Nabu
       Niedersachsen. „Das Risiko ist uns zu hoch.“ Die Naturschützer protestieren
       deshalb in Rinteln gegen den Ökostromhersteller.
       
       Die Auenlandschaft Hohenrode, die in einer Weserschleife liegt, ist seit
       2014 ein Naturschutzgebiet. Früher wurde hier Kies abgebaut. Mittlerweile
       hat sich die Natur die Flächen rund um die Kiesseen zurückerobert. Die
       Seeadler hätten sich hier „sehr erfolgreich“ wieder angesiedelt, sagt
       Büscher vom Nabu. Schon 2015 habe es das erste Mal Nachwuchs gegeben. In
       diesem Jahr waren es drei Jungtiere, die sich andernorts ein eigenes Revier
       suchten. Das Seeadlerpaar habe deshalb eine „überregionale Bedeutung“.
       
       Eine Greenpeace-Energy-Tochter ließ ein externes Gutachten erstellen, um
       eine Gefährdung der geschützten Tiere auszuschließen. „Wir haben selber
       kein Interesse daran, dass Seeadler zu Schaden kommen“, sagt Pressesprecher
       Michael Friedrich. Das Gutachten, das Greenpeace Energy nicht öffentlich
       macht, habe gezeigt, dass es „kein signifikant erhöhtes Risiko“ für eine
       Gefährdung oder Tötung der Vögel gebe.
       
       Die Gutachter hatten die Flugbewegungen der Seeadler beobachtet. „Die
       Analyse hat gezeigt, dass sie fast nie im Umfeld der Anlagen fliegen“, sagt
       Friedrich. Alle Schutzkriterien seien erfüllt. „Dann sollte auch gebaut
       werden.“ Sonst werde man die Energiewende nicht schaffen, sagt der
       Greenpeace Energy-Sprecher. „Die größte Bedrohung für das Ökosystem, in dem
       die Seeadler leben, ist der Klimawandel.“
       
       Der Landkreis Schaumburg hatte die rund 150 Meter hohen Windräder
       genehmigt, obwohl die Seeadler zu diesem Zeitpunkt bereits in der Region
       lebten. „Der Landkreis ist dazu verpflichtet, wenn alle Voraussetzungen
       vorliegen“, sagt ein Sprecher des Kreises. Sonst drohten
       Schadenersatzforderungen des Investors. Der Landkreis setzte sich aus
       diesem Grund auch über die Bedenken aus der Stadt Rinteln hinweg – die aber
       klagte.
       
       „Dort fliegen diverse Vögel in der Nähe herum, die geschützt sind.“ So
       erklärt Andreas Wendt, der Leiter des Bauamtes in Rinteln, den Prozess
       gegen den eigenen Landkreis. Auf der einen Seite ein Naturschutzgebiet und
       daneben eine Windkraftanlage, das passe nicht zusammen.
       
       ## Verändertes Flugverhalten
       
       Vor dem Verwaltungsgericht Hannover läuft deshalb derzeit ein
       Mediationsverfahren. Die Beteiligten: Der Landkreis, die Stadt Rinteln und
       Greenpeace Energy. Zum Stand des Verfahrens äußert sich keine Partei.
       
       „Wir halten an dem Projekt fest“, sagt Friedrich lediglich. Büscher vom
       Nabu hat daran Zweifel. Aus mehreren Quellen habe er gehört, dass das
       Energieunternehmen versucht habe, die Anlage an andere Investoren zu
       verkaufen.
       
       Zudem kritisiert der Nabu-Sprecher das Gutachten. Die Adler veränderten im
       Winter, außerhalb der Brutzeiten, ihr Flugverhalten und flögen auch zu den
       landwirtschaftlichen Flächen, auf denen die Windräder errichtet werden
       sollten. In dieser Jahreszeit seien die Tiere von den Gutachtern jedoch
       nicht beobachtet worden.
       
       ## Tabuzonen gefordert
       
       „Seeadler können die Rotorengeschwindigkeit nicht einschätzen“, sagt
       Büscher, der den Naturschutzbund zu den „Wegbereitern der Energiewende“
       zählt. Er sei nicht gegen Windkraft. In Niedersachsen sei jedoch ein hoher
       Ausbaugrad erreicht. „Jetzt geht man an die wertvollen Naturschutzflächen.“
       Es brauche deshalb landesweite Entwicklungspläne, die Gebiete als absolute
       Tabuzonen auswiesen.
       
       Friedrich von Greenpeace Energy bedauert den Konflikt: „Eigentlich sollten
       wir gemeinsam für Klima- und Naturschutz arbeiten. Wenn wir einen Gegner
       haben, dann Klimaleugner und Energiewendegegner.“
       
       3 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Maestro
       
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