# taz.de -- Grüne über Medikamentenskandal: „Das war kein Befreiungsschlag“
       
       > In Brandenburg kam unwirksame Krebsarznei in Umlauf. Für die Grüne Ursula
       > Nonnemacher blieb Ministerin Diana Golze (Linke) noch Antworten schuldig.
       
 (IMG) Bild: Gesundheitsministerin Diana Golze und Detlev Mohr, Chef des Brandenburger Gesundheitsamts
       
       taz: Frau Nonnemacher, sind nach der Sitzung des Gesundheitsausschusses am
       Mittwoch die wesentlichen Fragen im Skandal um die Krebsmedikamente
       geklärt? 
       
       Ursula Nonnemacher: Nein. Diese Sitzung sollte ein Befreiungsschlag für
       Frau Golze werden. Das war sie aber sicher nicht.
       
       Das Landesgesundheitsamt hat die möglicherweise unwirksamen, gestohlenen
       Medikamente nicht aus dem Verkehr gezogen, obwohl es seit Ende 2016 über
       den Fall informiert war. Apotheken in ganz Deutschland haben sie verkauft.
       Welche Fragen sind für Sie noch offen? 
       
       Das Landesgesundheitsamt, das den Fall bearbeitet hat, ist ebenso eine
       Black Box geblieben ist wie das Ministerium selbst. Die Ministerin hat den
       Eindruck erweckt: Es gab zwei, vielleicht drei Leute, die ganz unten in der
       Hierarchie waren, und sonst wusste niemand etwas von den Vorgängen um die
       Firma Lunapharm. Wir hatten schon vor der Sitzung in einem Brief Auskunft
       zu den Abläufen, wie ein solcher Fall normalerweise abgearbeitet werden
       müsste und ob von diesem Standard abgewichen wurde, angemahnt, aber dennoch
       ist alles nebulös geblieben.
       
       Die Version von Frau Golze heißt: Ich bin es nicht gewesen, es waren die
       besagten zwei oder drei Mitarbeiter, die noch dazu vielleicht kriminell
       gehandelt haben. Halten Sie das für glaubwürdig? 
       
       Dass die Ministerin persönlich nichts wusste, halte ich für glaubwürdig.
       Aber das ändert nichts an ihrer politischen Verantwortlichkeit für ihre
       Behörden. Dass der Präsident des Landesgesundheitsamtes keinerlei Ahnung
       haben soll, was in seinem Haus vor sich geht, halte ich für schwer
       verständlich. Auch die Aussage des Oberstaatsanwalts, es seien dort
       Sachbearbeiter befragt worden, ohne dass die Hausleitung davon wusste,
       würde ich zumindest mit einem Fragezeichen versehen. Ich habe heute einen
       Brief an den Direktor des Landeskriminalamtes geschrieben mit der Frage, ob
       es die übliche Praxis sei, dass Mitarbeiter in einer Landesoberbehörde ohne
       Aussagegenehmigung oder Information der Hausleitung vernommen würden.
       
       Fordern Sie einen Untersuchungsausschuss? 
       
       Nein. Einen Untersuchungsausschuss halte ich für ein ungeeignetes
       Instrument. Bis der Einsetzungsbeschluss und die Organisation steht,
       vergehen viele Wochen. Wir müssen hier schnell handeln. Es muss sehr bald
       eine nächste Sondersitzung des Gesundheitsausschusses geben, bis restlos
       aufgeklärt ist.
       
       Die Boulevardzeitung B.Z. hat kommentiert, Ministerin Golze hätte sich in
       ihrem Ministerium mit einigen Genossen verschanzt. Deshalb hätte keine
       Kommunikation mehr von unten nach oben stattgefunden. Halten Sie das für
       eine mögliche Erklärung? 
       
       Das entspricht nicht meinem Eindruck. Die Ministerin hat mit ihrer
       bisherigen Arbeit einen guten Auftritt hingelegt, aus unserer Sicht ist sie
       eher ein Aktivposten in einer blassen rot-roten Regierung Woidke.
       
       Andrea Fischer ist als grüne Bundesgesundheitsministerin 2001
       zurückgetreten, weil ihr Informationen zu BSE aus ihrem Ministerium nicht
       rechtzeitig vorlegt wurden. Müsste Frau Golze auch zurücktreten? 
       
       Wir sind als Bündnisgrüne eine kleine Oppositionspartei, die sich an
       Sacharbeit und Qualität, nicht an Krawall orientiert. Wir sehen ein
       schweres Versagen der Arzneimittelaufsicht und Fehler bei der Behörde, die
       dringend aufgeklärt werden müssen. Wir fordern im Moment keinen Rücktritt,
       aber es muss dringend weiter aufgeklärt werden.
       
       Die Grünen könnten nach der nächsten Landtagswahl in einer Regierung mit
       der Linkspartei und Frau Golze sitzen. Sind Sie deshalb so zurückhaltend
       mit einer Rücktrittsforderung? 
       
       Die Idee, dass wir uns wegen möglicher Regierungskonstellationen und der
       Beschädigung von möglichen Koalitionspartnern Gedanken machen würden, ist
       abwegig. Wir fordern derzeit nicht den Rücktritt von Frau Golze – schließen
       das aber auch nicht aus, je nachdem, wie sich der Fall entwickelt. Erst
       einmal ist es in ihrer Hand, weiter für Aufklärung und Verbesserung zu
       sorgen. In Brandenburg muss man sich auf eine funktionierende
       Arzneimittelüberwachung verlassen können.
       
       26 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Reeh
       
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