# taz.de -- Anwendung des NetzDG gegen Hassrede: Fast eine halbe Million Beschwerden
       
       > Ein halbes Jahr ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft. Die User
       > von Twitter und YouTube nutzen es eifrig. Doch gelöscht wird
       > vergleichweise wenig.
       
 (IMG) Bild: Beschwerden gibt es jede Menge, gelöscht wird eher zaghaft
       
       BERLIN dpa | Die großen sozialen Netzwerke haben ein halbes Jahr nach
       Inkrafttreten des umstrittenen Gesetzes gegen Hass im Netz eine erste
       Bilanz gezogen. Bei Twitter gingen im Zusammenhang mit dem sogenannten
       Netzwerkdurchsetzungsgesetz knapp 265.000 Beschwerden ein. Bei YouTube
       wurden zwischen Januar und Juni knapp 215.000 Inhalte gemeldet. Und bei
       Facebook, wo es ein anderes Meldeverfahren gibt, waren es 1.704 Beiträge.
       Die Konzerne sind verpflichtet die Zahlen bekannt zu geben. Bußgelder
       musste keine der drei Plattformen zahlen.
       
       „Deutlich wird: Es gibt Beschwerden – und zwar nicht wenige. Strafbarer
       Hass im Netz ist real, erfahrbar für so viele, die sich vernehmbar für
       Demokratie und Toleranz einsetzen“, sagte der Staatssekretär im
       Bundesjustizministerium, Gerd Billen, am Freitag der Deutschen
       Presse-Agentur. Leider sei diese Hasskriminalität kein „Phänomen der Zeit“,
       sondern ein Dauerzustand.
       
       Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war am 1. Januar in Kraft getreten. Es
       schreibt vor, dass die Plattformen klar strafbare Inhalte 24 Stunden nach
       einem Hinweis darauf löschen müssen – und in weniger eindeutigen Fällen
       eine Woche Zeit haben. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch
       nicht nachkommt, dem drohen Strafen in Millionenhöhe.
       
       Allerdings hatte das NetzDG, so die Kurzform, [1][immer wieder für Kritik
       gesorgt]. Gegner argumentieren, dass es die Betreiber dazu verleite, aus
       Angst vor Bußgeld grenzwertige Inhalte eher zu sperren. Das könne zu Zensur
       führen. In den Anfangstagen war etwa ein Satire Tweet der Zeitschrift
       Titanic gelöscht worden.
       
       ## Ein Großteil nicht gelöscht
       
       Die am Freitag veröffentlichten Zahlen zeigen, dass ein Großteil der
       gemeldeten Inhalte hierzulande nicht entfernt oder blockiert wird. Bei
       Twitter kam es nur bei etwas mehr als jeder zehnten Beschwerde zu solchen
       Konsequenzen. Bei YouTube wurden etwa 27 Prozent der gemeldeten Inhalte
       entfernt, da sie gegen die entsprechenden NetzDG-Straftatbestände oder die
       Community-Richtlinien des Videodienstes verstießen. 92 Prozent davon wurden
       innerhalb von 24 Stunden gesperrt oder gelöscht. Bei Facebook wurden von
       den 1.704 gemeldeten Beiträgen 362 geblockt oder entfernt.
       
       Wenn die Netzwerke nicht schnell genug reagieren, können sich die User beim
       Bundesamt für Justiz beschweren. Dort ist die erwartete Beschwerdewelle
       allerdings ausgeblieben. Im ersten Halbjahr seien über das Online-Formular
       erst 526 Anzeigen eingegangen, teilte die Bonner Behörde der Deutschen
       Presse-Agentur mit. Die Prognosen lagen nach Angaben eines Sprechers des
       Bundesamtes bei 25.000 Fällen im Jahr.
       
       Auffällig ist, dass die Zahl der Beschwerden bei Twitter und YouTube
       deutlich höher ist, als bei Facebook. Ein Grund dafür ist der
       unterschiedliche Meldeweg. Während die Nutzer bei Twitter und YouTube
       direkt in der Meldefunktion des Beitrags das NetzDG als Grund angeben
       können, muss bei Facebook ein extra Formular ausgefüllt werden, das recht
       schwer zu finden ist. Das Bundesjustizministerium kritisierte den
       „komplizierten Beschwerdeweg“ bei Facebook.
       
       27 Jul 2018
       
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