# taz.de -- Kolumne American Pie: NFL mit Baustellen
       
       > Zum Start der kriselnden National Football League protestieren einige
       > Profis trotz Strafandrohung weiter gegen Rassismus und soziale
       > Ungleichheit.
       
 (IMG) Bild: Wird oftmals für seine Problemlösungsstrategien kritisiert: NFL-Chef Roger Goodell
       
       Ob Roger Goodell erleichtert aufgeatmet hat am Ende des ersten Spieltags
       der neuen NFL-Saison, ist unbekannt. Der oftmals für schlingernde
       Problemlösungen kritisierte Chef der besten Football-Liga der Welt hatte
       auf den ersten Blick wenig bis gar nichts zu tun: Keine Erklärungen, keine
       Rechtfertigungen, keine „Schadensbegrenzung“ – „Week 1“ der Spielzeit
       2018/19 verlief weitgehend reibungslos. Aber eben nur auf den ersten Blick.
       
       Es könnte eine richtungweisende Saison werden für den Milliardenbetrieb
       National Football League – und längst nicht so ruhig bleiben. Denn in den
       letzten Jahren gab es gleich viele zusammenhängende Baustellen – die noch
       immer Probleme bereiten. Die Proteste afroamerikanischer Spieler, die
       während der Nationalhymnen vor den Partien in die Knie gingen und gehen, um
       gegen Rassismus und soziale Ungleichheiten zu demonstrieren.
       
       Die Kritik unbelehrbarer Konservativer, die in den Aktionen der Spieler
       Vaterlandsverrat sehen und als Beleidigung der US-Flagge verunglimpfen. Und
       die ständigen Angriffe von US-Präsident Donald Trump, der unaufhörlich über
       die angeblich sinkenden Einschaltquoten lästert und die protestierenden
       Spieler schon mal als „Hurensöhne“ bezeichnete.
       
       Tatsächlich schalteten beim 18:12-Sieg der Philadelphia Eagles gegen die
       Atlanta Falcons im Eröffnungsspiel knapp 13 Prozent weniger Zuschauer ein
       als noch zum Saisonstart 2017. Allerdings fehlen in der Statistik die
       Zahlen der Zuschauer, die die Partie über das Internet auf anderen Geräten
       verfolgt haben. Und im Stadion in Philadelphia waren 69.696 Zuschauer –
       damit lag das Spiel sogar knapp über dem ligaweiten Schnitt der letzten
       Saison. Diskussionsstoff liefert allerdings auch das Ergebnis einer
       Umfrage, wonach die Proteste einen beträchtlichen Teil der Zuschauer
       abschrecken würden.
       
       Die Spielerproteste indes sollten eigentlich durch neue Vereinbarungen
       eingedämmt werden. Im Sommer verabschiedeten Goodell und die Mehrheit der –
       überwiegend republikanischen – Teambesitzer neue Regeln. Demnach wurden
       alle Akteure verpflichtet, bei der Nationalhymne zu stehen – oder
       stattdessen in der Kabine zu bleiben. Spieler, die dennoch während der
       Hymne protestieren, sollten sanktioniert werden.
       
       ## Keine „Hymnenregelung“
       
       Die neuen Regeln wurden allerdings schnell wieder auf Eis gelegt, als sich
       zunehmend Widerstand regte. Letzter Stand: Liga und Spielergewerkschaft
       wollen weiter verhandeln, in der gerade gestarteten Saison wird es keine
       „Hymnenregelung“ geben. Dabei hatte Goodell vorher noch gehofft: „Wir sind
       davon überzeugt, dass diese Entscheidung dabei helfen wird, den Fokus
       wieder auf das Spiel und die außergewöhnlichen Athleten, die es spielen, zu
       richten – und auf unsere Fans, die es so genießen.“
       
       Es kam anders. Am ersten Spieltag 2018 knieten gleich drei Akteure der
       Miami Dolphins, die prompt vom Initiator dieses stillen Protests gelobt
       wurden. „Sie haben sich nicht unterkriegen lassen, obwohl sie angegriffen
       und bedroht wurden. Ihr Mut wird die Welt weiter nach vorn bringen“,
       twitterte Colin Kaepernick, [1][der 2016 als erster Spieler kniete]. Auf
       dem Feld stand „Kaep“ schon seit zwei Jahren nicht mehr, kein Team will den
       mittlerweile 30-Jährigen mehr unter Vertrag nehmen.
       
       Trotzdem wird er 2018/19 häufiger zu sehen sein: Sportartikelhersteller
       Nike – der auch alle 32 NFL-Teams ausrüstet – [2][hat eine große Kampagne
       mit Kaepernick gestartet]. Das Motto: „Glaube an etwas. Auch wenn es
       bedeutet, etwas zu opfern.“ Für beide Seiten ein Gewinn: Ex-Quarterback
       Kaepernick bekommt wieder gesteigerte Aufmerksamkeit, der Milliardenkonzern
       Image-PR. In den ersten Tagen der Kampagne ist Nikes Umsatz in den USA um
       über 30 Prozent gestiegen – trotz vereinzelt wutschnaubender Kunden, die in
       den sozialen Medien zeigen, wie sie ihre Shirts und Schuhe verbrennen.
       
       11 Sep 2018
       
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