# taz.de -- Evangelische Akademie Bad Boll: Nahostkonferenz in der Kritik
       
       > Auf einer Tagung zum Nahostkonflikt sprechen mehrere BDS-Unterstützer.
       > Der Antisemitismusbeauftragte der Regierung fordert die Absage.
       
 (IMG) Bild: „Die BDS-Bewegung ist in ihren Methoden und Zielen klar antisemitisch“, heißt es in einem Beschluss des NRW-Landtags
       
       BERLIN taz | Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix
       Klein, hat die Absage einer Konferenz zum israelisch-palästinensischen
       Konflikt in der Evangelischen Akademie Bad Boll gefordert. Auf der am
       Freitagabend beginnenden dreitägigen Konferenz treten mehrere Unterstützer
       der israelfeindlichen BDS-Bewegung („Boykott, Desinvestitionen und
       Sanktionen“) auf. [1][Der Tageszeitung Die Welt sagte Klein,] dass nichts
       dagegen einzuwenden sei, sich kritisch mit israelischer Politik
       auseinanderzusetzen oder sich für die Rechte von Palästinensern
       einzusetzen.
       
       „Aber wenn dabei antisemitische Narrative verwendet werden, sollte das
       unseren Widerstand hervorrufen.“ Die Akademie-Leitung hält trotz der
       scharfen Kritik an der Tagung fest. Die Akademie „identifiziere sich
       mitnichten mit der BDS-Kampagne“, betonte der Direktor der Akademie Bad
       Boll, Jörg Hübner im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst.
       Allerdings räumte er ein, dass einige der eingeladenen Referenten der BDS
       „sicherlich nahe stehen.“ Dass der Eindruck der Einseitigkeit entstanden
       sei, bedauere er sehr.
       
       An der Tagung nimmt niemand mit einer dezidiert proisraelischen Position
       teil. Lediglich der Antisemitismusbeauftragte der baden-württembergischen
       Landesregierung wird dort seine Ablehnung der Boykottkampagne begründen.
       
       Die BDS-Bewegung [2][fordert einen vollständigen wirtschaftlichen,
       kulturellen und akademischen Boykott Israels.] Zudem vergleicht sie den
       demokratischen Staat Israel mit dem ehemaligen rassistischen
       Apartheidsregime Südafrikas.
       
       Auf der Konferenz in Bad Boll spricht unter anderem die ehemalige
       Linken-Bundestagsabgeordnete Annette Groth. Groth unterstützt offen die
       BDS-Kampagne, nahm an einem Fraktionsbeschluss gegen Antisemitismus im Jahr
       2011 nicht teil und lud 2014 antizionistische Journalisten in den Bundestag
       ein, [3][die den damaligen Linken-Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi auf die
       Toilette verfolgten.] Auch die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz
       referiert auf der Konferenz.
       
       ## Landeskirche fordert Verschiebung
       
       Buchholz blieb am Holocaust-Gedenktag 2010 nach einer Bundestagsrede des
       damaligen israelischen Präsidenten Schimon Peres [4][gemeinsam mit drei
       weiteren Linken-Abgeordneten sitzen,] als sich alle anderen erhoben. 2006
       erklärte sie ihre Solidarität mit der libanesischen Terrororganisation
       Hisbollah.
       
       Weitere Referenten sind beispielsweise der Verleger Abraham Melzer, den
       Knobloch 2016 als „für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht
       berüchtigt“ bezeichnete sowie die Nahostkommission der katholischen
       Friedensorganisation Pax Christi. Diese hatte im Jahr 2012 die
       antiisraelische Boykottaktion „Besatzung schmeckt bitter“ organisiert.
       
       Die Evangelische Landeskirche in Württemberg, die hinter der
       veranstaltenden Akademie steht, hat mittlerweile auf die Kritik reagiert.
       Landesbischof Frank Otfried July sagte der taz während einer Libanon-Reise,
       dass er das Ansinnen und Vorgehen der BDS-Bewegung ablehnt. [5][In einem
       Statement auf der Homepage der Landeskirche] fordert er gegenüber der
       Akademie „eine breitere Aufstellung der Diskussionsteilnehmer“ und rät
       „unter den aktuellen Bedingungen zu einer Verschiebung.“ Weiter heißt es
       dort: „Die Kirchenleitung respektiert die Autonomie der Evangelischen
       Akademie, wird aber mit Kuratorium und Akademievorstand ins Gespräch
       gehen.“
       
       Auch das American Jewish Committee (AJC) hatte sich zuvor mit einem Brief
       an den Landesbischof gewandt, der der taz vorliegt. „Die BDS-Kampagne
       agiert mit dem selbsterklärten Ziel, Israel als jüdischen Staat und
       Israelis weltweit zu delegitimieren“, heißt es darin. Im Gespräch mit der
       taz begrüßt die Direktorin des AJC Berlin, Deidre Berger, die Erklärung des
       Bischofs July, fordert aber weitere Schritte. „Nun erwarten wir glaubhafte
       Schritte der gesamten evangelischen Kirche. Solch eine anti-israelische
       Veranstaltung darf sich nicht wiederholen.“ Die Tagung sei eine „reine
       Propaganda-Plattform für Israelgegner und radikale Stimmungsmacher“ und
       mache so keine konstruktive Diskussion möglich.
       
       ## NRW-Landtag bezeichnet BDS als antisemitisch
       
       [6][Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, Jamila
       Schäfer,] kritisierte die Veranstaltung am Freitagnachmittag scharf.
       „Beschämend, dass die Evangelische Akademie Bad Boll eine Konferenz mit der
       israelfeindlichen und antisemitischen BDS-Bewegung veranstalten will. Die
       Kirchen müssen unmissverständlich Stellung gegen Antisemitismus beziehen!“,
       forderte sie auf Twitter.
       
       Die Städte Frankfurt am Main, München und Berlin bezeichnen die
       BDS-Kampagne ebenfalls als antisemitisch [7][und haben entsprechende
       Resolutionen beschlossen.] BDS-unterstützenden Gruppen dürfen dort keine
       städtischen Räumlichkeiten mehr zur Verfügung gestellt werden, finanzielle
       Unterstützung .
       
       Am Donnerstag verurteilte der nordrhein-westfälische Landtag [8][in einem
       fraktionsübergreifenden Antrag von CDU, FDP, SPD und Grünen] die
       Boykottkampagne. „Die BDS-Bewegung ist in ihren Methoden und Zielen nicht
       nur antiisraelisch, sondern klar antisemitisch“, heißt es darin. Der Aufruf
       zum Boykott von israelischen Waren, Unternehmen, Wissenschaftlern oder
       Künstlern sei klar und deutlich zu verurteilen.
       
       In einer früheren Version des Textes wurde der Nakba-Ausstellung des
       Vereins „Flüchtlingskinder im Libanon“ vorgeworfen, sie würde keine
       Informationen zur Vertreibung arabischer Juden und keine Informationen zum
       arabischen Krieg gegen Israel nach der Staatsgründung enthalten. Wir
       bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
       
       21 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article181605610/Antisemitische-BDS-Kampagne-Israel-Feinde-zu-Gast-bei-der-evangelischen-Kirche.html
 (DIR) [2] /Pro-und-Contra-Israel-Boykott/!5389548
 (DIR) [3] /Kritik-oder-Nicht-Kritik-an-Hamas/!5524158
 (DIR) [4] /Peres-Auftritt-im-Parlament/!5148404
 (DIR) [5] https://www.elk-wue.de/#layer=/news/21092018-zur-nahost-tagung-der-akademie-bad-boll/
 (DIR) [6] https://twitter.com/jamila_anna/status/1043118805571063808
 (DIR) [7] https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/29164
 (DIR) [8] https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/32803
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Schindler
       
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