# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Was Ronaldo schützt
       
       > Die Vorwürfe an den Weltstar Cristiano Ronaldo zielen auch auf die
       > Machokultur im Männer-Fußball. Und die ist sehr zäh.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Platz immer noch einer der Besten: Cristiano Ronaldo. Aber jenseits des Platzes?
       
       Es geht nicht um Steuerhinterziehung, es geht nicht um ein brutales Foul,
       und es ist im Grunde nur die Bekanntheit des Angeschuldigten, die die
       Öffentlichkeit so genau auf den Fall schauen lässt. Es [1][geht um
       Vergewaltigung], und es ist nach Aussagen der Frau, die die Vorwürfe
       erhebt, auch gerade die Prominenz des Cristiano Ronaldo, die sie bislang
       daran gehindert hat, den Vorfall aus dem Jahr 2009 öffentlich zu machen
       oder den Behörden mitzuteilen.
       
       Dass Kathryn Mayorga vergewaltigt wurde, hatte sie allerdings sofort, im
       Juni 2009, der Polizei von Las Vegas angezeigt. Weil sie aber Angst vor den
       Reaktionen der Fans des Weltstars hatte, hielt sie dessen Namen zurück. Ein
       außergerichtliches Stillhalteabkommen ließ sie zudem schweigen.
       
       Nun aber sind es mehrere Faktoren, die Frau Mayorga reden lassen: Ihr neuer
       Anwalt hält das Schweigeabkommen für illegal, die Öffentlichkeit, konkret:
       der Spiegel, [2][berichtete bereits über die Vorfälle], und die
       #MeToo-Bewegung hat für ein gesellschaftliches Klima gesorgt, das ein
       Sprechen über solche Vorfälle ermöglicht.
       
       Keiner dieser Faktoren ist ehrenrührig. Wenn es stimmt, was die
       Amerikanerin Ronaldo vorwirft, hat sie alles Recht dieser Welt, auch neun
       Jahre nach dem Vorfall Klage zu erheben. Und die Formulierung „Wenn es
       stimmt“ soll keine Zweifel an ihren Vorwürfen andeuten. Richtig ist
       nämlich, dass man nichts über diese Nacht in einem Hotel in Las Vegas weiß.
       
       „Nichts“ kann nicht heißen, dass man eher dem Prominenten glaubt, der
       Nichtprominenten hingegen nicht. Nun wird vermutlich ein Zivilprozess
       stattfinden, bei dem es um Schadenersatz für erlittene Traumata geht, und
       ob es zum Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung kommt,
       entscheidet sich bald.
       
       Für den aus der Machowelt des Profimännerfußballs herauszuhörenden Vorwurf,
       hier wolle sich eine Frau bereichern, indem sie irgendwelche Vorwürfe
       erhebt, spricht nicht sehr viel. Schließlich muss sich Frau Mayorga, wenn
       es zu diesen Prozessen kommt, dort Fragen, Vorwürfen, Verdächtigungen und
       Untersuchungen aussetzen, die nicht durchzustehen wären, wenn ihre
       Anschuldigungen aus der Luft gegriffen wären.
       
       ## Mackerwelt im Stadion
       
       Von erwartbaren öffentlichen Anfeindungen gar nicht zu reden. Denn die
       Amerikanerin legt sich auch mit einem besonders widerwärtigen Teil der
       Fußballkultur an: mit dem Sexismus in dieser Männerwelt, wo Kerle glauben,
       sich nehmen zu dürfen, was ihnen zustehe. Mit „was“ sind Frauen gemeint.
       
       Es ist die Kultur des gemeinsamen Puffbesuchs oder des Pin-up-Fotos im
       Spind, die bislang wie ein Schirm den Sport geschützt hat: So sind die
       Jungs halt; im Sport dürfe man gehässig über Frauen reden und vielleicht
       noch mehr.
       
       Ob diese kulturelle Eigenwelt des Männersports wirklich ihren angeblich so
       harmlosen Sexismus des Man-wird-wohl-noch-sagen-oder-grabschen-dürfen
       verteidigen kann, lässt sich [3][trotz #MeToo] leider keineswegs sicher
       verneinen. Von den „angeblichen Ereignissen, die jetzt fast zehn Jahre
       zurückliegen“ schwadroniert Ronaldos aktueller Klub, Juventus Turin, und
       gibt schon mal den Ton vor. Im Grunde wird die Rede vom „Locker room talk“
       aufgegriffen, mit der US-Präsident Donald Trump üblen Sexismus
       bagatellisieren wollte. Trump nahm nicht ohne Grund eine Anleihe bei der
       Kultur des Männersports, um Unsagbares doch sagbar zu machen.
       
       Ob die Vorwürfe an Cristiano Ronaldo berechtigt sind, kann die
       Sportöffentlichkeit nicht entscheiden. Was sie aber könnte, auch wenn es
       einen Bruch mit einer bestimmten Fußballkultur darstellt, ist, für einen
       respektvollen Umgang mit Kathryn Mayorga zu sorgen.
       
       5 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] http://www.spiegel.de/sport/fussball/cristiano-ronaldo-vergewaltigungsvorwuerfe-die-fragen-und-antworten-zum-fall-a-1231420.html
 (DIR) [3] /!t5455381/
       
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