# taz.de -- Sorge um Wahlen im Kongo: Kirche fordert mehr Druck
       
       > Kongos katholische Bischofskonferenz fürchtet, dass die Wahl im Dezember
       > inkorrekt abläuft. Die Welt müsse jetzt verstärkt aktiv werden.
       
 (IMG) Bild: Protest oder Gebet? Katholischer Gottesdienst in Kinshasa
       
       BERLIN taz | Mehr internationalen Druck auf die Regierung der
       Demokratischen Republik Kongo – das fordert die einflussreiche katholische
       Bischofskonferenz des Landes (Cenco). Ihre Führer schlugen am Mittwoch in
       Berlin Alarm über den für den 23. Dezember geplanten Urnengang.
       
       „Es besteht die Gefahr, dass die Wahlen nicht in einem friedlichen Klima
       ablaufen“, warnte Cenco-Präsident Marcel Utembi, Erzbischof von Kisangani.
       Sollte das so kommen oder die Wahl gar ausfallen, „wird das eine Lage
       herbeiführen, die niemand im Griff hat“.
       
       [1][Im Kongo werden am 23. Dezember ein neuer Präsident und ein neues
       Parlament gewählt] – zwei Jahre, nachdem die regulären Amtszeiten des
       derzeitigen Präsidenten und Parlaments eigentlich abliefen. Als 2016 die
       Wahlen mangels Vorbereitung einfach nicht stattfanden, sorgte die Cenco
       dafür, dass das Land einigermaßen stabil blieb: Nach Gesprächen in Kinshasa
       unter Ägide der Bischofskonferenz wurde am 31. Dezember 2016 ein Abkommen
       zwischen Regierung und Opposition unterzeichnet, das freie Wahlen bis Ende
       2017 unter gemeinsamer Vorbereitung vorsah.
       
       Doch dieses „Silvesterabkommen“ wurde nur verspätet und widerwillig
       umgesetzt, mit einer erneuten Wahlverschiebung auf Ende 2018. Weitere
       Verschiebungen, so Cenco-Generalsekretär Abbé Donatien Nshole, würde das
       kongolesische Volk „nicht hinnehmen“. Es dürfe aber auch nicht zu
       „schlechten Wahlen“ kommen, deren Ergebnis nicht regulär zustandekomme und
       daher nicht anerkannt werde – dann drohe Chaos.
       
       ## Fiktive Namen auf dem Wahlregister?
       
       Die Kirchenführer sorgen sich vor allem um drei Dinge. Zum einen sind von
       den rund 40 Millionen Namen auf dem neuen Wahlregister sechs Millionen ohne
       Fingerabdrücke zum Identitätsnachweis eingetragen worden, und
       Oppositionelle fürchten, [2][dass dies Phantomwähler sind], mittels derer
       sich die Regierung den Wahlsieg sichern will. Cenco fordert daher die
       Veröffentlichung dieser sechs Millionen Namen, wie auch des Wahlregisters
       insgesamt, um eine unabhängige Überprüfung zu ermöglichen.
       
       Zum zweiten will Kongos Wahlkommission nicht mit Stimmzetteln auf Papier
       abstimmen lassen, deren Druck und Transport in dem riesigen Land ohne
       Infrastruktur extrem aufwendig ist, sondern mit elektronischen
       Wahlmaschinen. Abgesehen davon, dass just dazu die Fingerabdrücke aller
       Wähler benötigt werden, bietet dieses Verfahren nach Ansicht von Kritikern
       jede Menge Möglichkeiten zur Manipulation, ohne dass diese hinterher noch
       nachzuweisen wäre. Kongos Opposition und auch die Cenco lehnen daher die
       „machines à voter“ ab.
       
       Drittens, so die Bischöfe, sei eine unabhängige Beobachtung der Wahlen
       nicht gewährleistet. Da die Regierung keine internationalen Beobachter
       wünsche, sei eine nationale Beobachtung durch die katholische Kirche –
       einzige regierungsunabhängige Institution des Kongo mit einer landesweit
       funktionierenden Struktur – zwingend zur Bestätigung der Korrektheit des
       Wahlablaufs und der Stimmauswertung. Bisher aber seien die 40.000
       benötigten Cenco-Wahlbeobachter nicht akkreditiert.
       
       ## „Mit einer Stimme sprechen“
       
       In all diesen drei Feldern sowie allgemein beim Thema des freien und fairen
       Wahlkampfs, der Gewährleistung des Pluralismus in den Medien, der Zulassung
       von Oppositionskandidaten und der Wahrung der Menschenrechte, sei
       verstärkter internationaler Druck auf die Regierung von Kongos Präsident
       Joseph Kabila nötig, so die Bischofe. „Die Cenco wünscht, dass die
       internationale Gemeinschaft Forderungen bezüglich eines guten Wahlablaufs
       stellt und bei der Proklamation der Ergebnisse mit einer Stimme mit den
       Cenco-Beobachtern spricht“, fasste Utembi die katholische Position
       zusammen.
       
       Die katholische [3][Kirche] war zu Beginn dieses Jahres führend bei
       Protesten gegen das Nichteinhalten des Wahltermins Ende 2017 gewesen. Da
       bei Demonstrationen auf den Straßen immer wieder Zivilisten von den
       Sicherheitskräften erschossen werden, wurde stattdessen wochenlang jeden
       Sonntag in den Kirchen bei und nach der Messe demonstriert.
       
       Auch dort gab es aber immer wieder Tote und Verletzte. Das Klima zwischen
       Staatsmacht und Katholiken ist seitdem im Kongo extrem gespannt –
       [4][noch-Präsident Kabila] ist Protestant.
       
       Die Bischöfe äußerten sich einen Tag, nachdem Kabila vor der
       UN-Vollversammlung in New York die „Unumkehrbarkeit“ des Wahlprozesses
       bekräftigt hatte und versprach: „Alles wird getan, um den friedlichen und
       glaubwürdigen Charakter dieser Wahlen zu gewährleisten“.
       
       Kongos Staatschef kritisierte jedoch „jede Einmischung in den Wahlprozess“,
       sprach von einer „Instrumentalisierung“ der Demokratie und der
       Menschenrechte durch Kritiker seines Landes, verlangte den Beginn eines
       Rückzugs der UN-Truppen aus dem Kongo und bekräftigte, seine Regierung
       werde die Wahlen komplett selbst finanzieren – frühere Wahlgänge waren von
       internationaler Hilfe abhängig, wobei auch dieses Jahr aber nicht klar ist,
       ob die Wahlkommission über die benötigten Mittel in vollem Umfang verfügt.
       
       ## Druck von außen wirkt
       
       Mehr Druck von außen auf den Kongo sei aber bereits im Hinblick auf einen
       Verzicht auf die umstrittenen „Wahlmaschinen“ und auf die Veröffentlichung
       des Wahlregisters zu spüren, erklärten die Bischöfe in Berlin.
       Internationaler Druck, beispielsweise durch Finanzsanktionen gegen Kongos
       Staat und die Verweigerung neuer Wirtschafts- und Kooperationsabkommen mit
       der amtierenden Regierung, könne durchaus etwas bewirken, meinten sie.
       
       Immerhin habe Präsident Joseph Kabila bereits im August darauf verzichtet,
       zu einer verfassungswidrigen dritten Amtszeit anzutreten, und schickt
       stattdessen seinen früheren Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary als
       Präsidentschaftskandidat ins Rennen.
       
       Man dürfe sich mit Kabilas Abgang aber nicht zufriedengeben, so Abbé
       Nshole: „Er will das Spiel Putins spielen und wiederkommen“,
       prognostizierte er.
       
       Clément Makiobo von der katholischen Kommission für Gerechtigkeit und
       Frieden meinte: „Die Macht einem Zwillingsbruder Joseph Kabilas zu
       übertragen ist keine Lösung. Es ist reine Verschwendung von Zeit, Geld und
       Energie.“
       
       26 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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