# taz.de -- Israel ehrt Berliner: Rettung im Häuschen am See
       
       > Zwei Tage vor dem Gedenken an die Novemberpogrome der Nazis ehrt Jad
       > Vaschem zwei Berliner, die Juden in höchster Not vor dem Tod bewahrten.
       
 (IMG) Bild: Stolz auf die Vorfahren: Anneke Kim Sarnau (links), Urgroßnichte von Hans Söhnker, und Kathrin Reiher (rechts), Tochter von Heinz Gützlaff, nehmen die Ehrung entgegen. In der Mitte Walter Frankenstein (94),der die NS-Verfolgung versteckt überlebt hat
       
       Hans Söhnker (1903–1981) gehört nicht unbedingt zu den Schauspielern, die
       dem heutigen Publikum noch geläufig sind. Wer erinnert sich noch an den
       „Forellenhof“ von 1965 oder gar an den „Zarewitsch“ von 1933?
       
       Wohl noch mehr ist Heinz Gützlaff (1905–1961) in Vergessenheit geraten. Der
       Kommunist war ab 1933 im Widerstand und geriet ins KZ und Gefängnis. Nach
       dem Krieg wurde er SED-Mitglied in der DDR und avancierte zum Staatsanwalt
       in Ostberlin.
       
       Doch an diesem Mittwoch waren Söhnker und Gützlaff wieder präsent. Die
       israelische Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem zeichnete die beiden
       Deutschen posthum als „Gerechte unter den Völkern“ aus. Diesen Ehrentitel
       erhalten all die Menschen, die uneigennützig während der Nazi-Zeit Juden
       in Not vor dem Tod gerettet haben. 616 Deutsche sind es zusammen mit
       Söhnker und Gützlaff, die so in Jerusalem geehrt sind; in der ganzen Welt
       rund 27.000 Menschen. Söhnker und Gützlaff sind schon lange verstorben,
       aber einer, der von ihrer Unterstützung profitierte, ist am Leben. Walter
       Frankenstein, Jahrgang 1924, war aus Stockholm gekommen und saß bei der
       Veranstaltung in den Räumen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand neben den
       Nachfahren der Geehrten und dem israelischen Botschafter Jeremy Issacharoff
       in der ersten Reihe.
       
       „Ich wünsche mir, dass auch in Zukunft solche Menschen da sein werden, die
       Verfolgten helfen“, sagte Frankenstein, der mit seiner Familie von 1943 bis
       1945 versteckt in Berlin überlebte. Dabei sei es ganz unwichtig, ob
       Menschen nun wegen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe oder aus anderen Gründen
       Angst haben müssten. Frankenstein war es auch, der die Ehrung von Söhnker
       und Gützlaff mit einem Antrag bei Jad Vaschem initiiert hatte.
       
       Söhnker hatte er damals über eine Bekannte kennengelernt. Als „illegaler“
       Jude trieb sich Frankenstein viel auf den Straßen Berlins herum, seine
       Schuhe waren mehr als nur abgelaufen. Söhnker, auf das Problem
       angesprochen, gab ihm den Abholzettel für seine Schuhe und sagte dem jungen
       Mann, er solle diese einfach behalten.
       
       ## Mut und Courage beweisen
       
       Mehr noch halfen Söhnker und Gützlaff anderen versteckten Juden beim
       Überleben und riskierten dabei ihre eigene Existenz. Gützlaff schenkte dem
       verfolgten Orthopäden Kurt Hirschfeld seine Kennkarte, ein anderer
       Illegaler mit grafischer Ausbildung, Cioma Schönhaus, montierte darin das
       Foto Hirschfelds ein. Gützlaff behauptete bei den Behörden, das Papier sei
       verloren gegangen. Von Januar 1945 bis zum Kriegsende versteckte Hans
       Söhnker Kurt Hirschfeld in seinem abgelegenen Wochenendhaus am Wünsdorfer
       See in der Nähe des brandenburgischen Zossen.
       
       Gützlaffs Tochter, Kathrin Reiher, und ihr Sohn nahmen die Ehrung,
       bestehend aus einer Urkunde und einer Medaille, entgegen. „Wir sind sehr
       stolz auf ihn“, sagte Reiher und weiter: „Unser Vater wollte mehr als
       möglich war. Er hatte Mut und Courage.“
       
       Für Söhnker war dessen Großnichte, die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau, zu
       der Ehrung gekommen. Sie appellierte an die junge Generation,
       Ungerechtigkeiten und Verfolgung nicht widerspruchslos hinzunehmen: „Haut
       den Älteren zur Not auf die Mütze, wenn sie Scheiße bauen“, sagte sie.
       
       7 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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