# taz.de -- Nachfolger für den CDU-Bundesvorsitz: Schaulaufen ohne Inhalt in Düsseldorf
       
       > Im Rennen um die die CDU-Führung muss Friedrich Merz erklären, warum ein
       > Finanzinvestor, den er kontrolliert, wegen Steuerbetrugs durchsucht wird.
       
 (IMG) Bild: Armin Laschet (m.) musste die Inhaltsleere moderieren
       
       DÜSSELDORF taz | Schwarze Limousinen, Kameras, Mikrofone: Am Dienstagabend
       sorgt der Auftritt der möglichen Merkel-Nachfolger Friedrich Merz und Jens
       Spahn vor der Parteizentrale der nordrhein-westfälischen CDU für mächtig
       Rummel. Nur Stunden zuvor hat die Kölner Staatsanwaltschaft in München
       Räume [1][des Finanz-Großinvestors Blackrock durchsuchen lassen], offenbar
       wegen des Verdachts auf Kapitalertragssteuer-Betrug. Merz kontrolliert den
       deutschen Ableger der unvorstellbare 6,4 Billionen schweren Firma, die
       Anteile an allen Dax-Konzernen hält und so allein 59 Milliarden Euro
       investiert hat, als Aufsichtsratschef.
       
       Doch deshalb ist der 62-jährige Sauerländer [2][heute nicht in Düsseldorf].
       Zusammen mit Bundesgesundheitsminister Spahn soll Merz dem Vorstand seines
       Landesverbands erklären, warum gleich zwei konservative, neoliberale
       Westfalen [3][um die Nachfolge von Angela Merkel] als CDU-Bundesvorsitzende
       konkurrieren. Davor: Ein kurzer Auftritt vor der Presse in den Räumen der
       Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße.
       
       Dort aber redet als allererster ein Mann, der nach Merkels
       [4][angekündigtem Rückzug vom Parteivorsitz] vor einer guten Woche erst
       einmal zwei Tage geprüft hat, ob er nicht selbst ins Rennen um den Posten
       des CDU-Chefs einsteigen will: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin
       Laschet. Jetzt steht der joviale, unter Christdemokraten als linksliberal
       geltende Rheinländer zwischen den beiden konservativen Westfalen und gibt
       den Moderator: In den zwei Tagen des Anfangs von Merkels Ende ist dem
       Regierungschef aus Aachen klargeworden, dass er mit seiner Kandidatur das
       Merkel-Lager um deren Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer nur weiter
       schwächen würde – und dass er innerparteilich längst nicht über ausreichend
       Truppen verfügt, um sich sicher durchzusetzen.
       
       Den Berliner Chefposten der Bundes-CDU und den Job als Regierungschef in
       Düsseldorf könne niemand gleichzeitig zufriedenstellend ausfüllen, sagte
       Laschet zur Begründung – als sei das nicht von Anfang an klar gewesen. Ganz
       aus dem Rennen nehmen will sich der 57-Jährige, der NRW erst seit 2017
       regiert, aber nicht: Der Rückzug gelte nur für den Parteivorsitz, streuten
       Vertraute Laschets. Stehe in Berlin ein „neues Politikprojekt“, also ein
       Wechsel im Kanzleramt, an, sei eine „Neubewertung“ nötig.
       
       ## Friedrich Merz verspannt sich
       
       Eingerahmt von Merz und Spahn redet Laschet am Dienstagabend in Düsseldorf
       deshalb erst einmal von den Verdiensten Angela Merkels – und kommt schnell
       auf die Spendenaffäre rund um die schwarzen Kassen Helmut Kohls, von der
       die CDU Ende der Neunziger fast zerrissen wurde. Merz verspannt sich,
       schaut indigniert – schließlich glauben nicht nur viele JournalistInnen,
       das der Wirtschaftsanwalt über einen Finanzskandal fallen könnte,
       schließlich sitzt Merz auch im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Privatbank
       HSBC Trinkaus, die laut Abschlussbericht eines
       Bundestagsuntersuchungsausschusses [5][in Cum-Ex-Geschäfte um
       Kapitalertragssteuer-Betrug verwickelt ist]. Im Thema ist Merz auf jeden
       Fall: Die Anwaltskanzlei Mayer Brown, für die er ebenfalls arbeitet, wirbt
       [6][auf ihrer Website] um Kunden, die „wachsende Rechtsrisiken aus
       Cum-Ex-Geschäften“ fürchten.
       
       Prompt gilt auch in Düsseldorf die erste Frage an Merz den Deals um Cum-Ex
       und Cum-Cum, mit denen Milliarden von den Finanzämtern an Superreiche
       flossen. Ob es der von Merkel 2002 als Chef der CDU-Bundestagsfraktion
       Verdrängte nicht als belastend empfinde, bei seiner Kandidatur immer wieder
       auf Kapitalertragssteuer-Betrug angesprochen zu werden? Fast wie Roland
       Koch in der CDU-Spendenaffäre verspricht Merz zumindest bei Blackrock
       brutalstmögliche Aufklärung: Er habe „den Vorstand angewiesen, mit den
       Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und alle Dokumente auf den Tisch zu
       legen“, erklärt der Aufsichtsratsvorsitzende. Und: Er selbst habe mit der
       Sache aber auch überhaupt nichts zu tun. Die Vorwürfe der
       Staatsanwaltschaft beträfen „den Zeitraum 2007 bis 2011“, und oberster
       Kontrolleur von Blackrock Deutschland sei er erst seit 2016, sagt Merz.
       
       Politisch versucht der Wirtschaftsliberale, sich als konsensfähiger
       Kandidat zu präsentieren – Umfragen, nach denen eine überwältigende
       Mehrheit keinen Rechtsschwenk der CDU will, hat Merz registriert. Er stehe
       für „die politische Mitte“, so der Neoliberale, der schon mit der Kürzung
       der Hartz-IV-Sätze, der Abschaffung des Kündigungsschutzes und der
       42-Stunden-Woche geliebäugelt hat, ernsthaft. Die SPD dagegen, die stehe
       seiner „Einschätzung nach vor einem scharfen Linksruck“. Allerdings:
       Welches Projekt, welches Thema er als Parteichef als erstes angehen würde,
       will Merz nicht verraten.
       
       Ähnlich inhaltsleer bleibt auch Spahn. Er mache seiner Partei das „Angebot
       eines Generationswechsels“, so der Bundesgesundheitsminister. Wie groß die
       Wut der Konservativen auf „die Frau Bundesvorsitzende“, wie Spahn Merkel
       nennt, ist, wird aber deutlich spürbar. „Es muss etwas passieren“, sagt der
       38-jährige Münsterländer. „In neuesten Umfragen sind wir bei 24 Prozent.
       Ohne CSU liegen wir im Bund hinter den Grünen.“
       
       ## An einen Erfolg Spahns glaubt un der CDU keiner
       
       Doch an einen Erfolg Spahns glaubt in der CDU keiner. Für dessen Posten als
       Mitglied des Bundespräsidiums der Partei kandidiere erst einmal niemand,
       erklärt Laschet als NRW-Landesvorsitzender nach Spahns Statement – wenn der
       mit seiner Kandidatur als CDU-Chef scheitere, könne er sich danach noch als
       Präside bewerben. Auch werde sein Landesverband keine Empfehlung für Merz
       oder Spahn geben, erklärt Laschet – dabei stellt Nordrhein-Westfalen auf
       dem Hamburger Bundesparteitag am 7. Dezember 259 der rund 1.000
       Delegierten. Er schätze Merz und Spahn ebenso wie die politisch
       nahestehende Annegret Kamp-Karrenbauer. „Ich muss die Partei
       zusammenhalten“, sagt der Düsseldorfer Regierungschef, der selbst in jedem
       Fall CDU-Bundesvize bleiben will.
       
       Vielleicht will er aber auch mehr: Sollte Merz Merkels Vertraute
       Kramp-Karrenbauer schlagen, dann aber über Cum-Ex, Cum-Cum oder einen
       anderen Finanzskandal stolpern – Armin Laschet stünde bereit.
       
       7 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Andreas Wyputta
       
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