# taz.de -- Brandbrief von Asklepios Ärzt*innen: Mediziner*innen am Ende
       
       > Ärzt*innen der Asklepios-Klinik Hamburg St. Georg sehen ihre
       > Patient*innen in Gefahr, weil nicht genug Personal da ist. Auch der
       > Marburger Bund kritisiert die Situation.
       
 (IMG) Bild: Wenn Ärzte um Hilfe rufen: In der Asklepios-Klinik St. Georg sind Überlastungsanzeigen nichts Ungewöhnliches (Symbolfoto)
       
       HAMBURG taz | Sie wollen Menschen helfen, wieder gesund zu werden. Darum
       sind sie Ärzt*innen geworden. Doch weil Kolleg*innen fehlen, sehen dutzende
       Ärzt*innen der Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg die sichere Versorgung
       ihrer Patient*innen gefährdet – und ihre eigene Gesundheit. Deshalb haben
       sie sich mit einem Brandbrief an den Hamburger Landesverband der
       Ärztegewerkschaft Marburger Bund gewandt.
       
       Unterzeichnet haben den Brief fast 50 Mediziner*innen, die meisten arbeiten
       in den Abteilungen für Innere Medizin und Kardiologie. „Trotz intensiver
       Gespräche mit der Geschäftsführung und zahlreicher Gefährdungsanzeigen
       werden wir von den Verantwortlichen unzureichend gehört und beschwichtigt“,
       schreiben die Ärzt*innen. Sie fordern unter anderem fachliche
       Mindeststandards für die ärztliche Personalbesetzung und verlangen, dass
       medizinische Überlegungen Vorrang vor ökonomischen Zwängen haben müssten.
       
       Die Ärzt*innen werfen Asklepios in St. Georg eine „desolate
       Organisationsstruktur“ vor. So würden erfahrene Mediziner*innen zum Teil
       durch Berufseinsteiger*innen ersetzt. Der Chefarztposten für die Innere
       Medizin sei drei Jahre lang unbesetzt gewesen. Und weil Fachärzt*innen
       fehlten, sei in diesem Jahr über „Zeiträume von bis zu einer Woche“ kein
       leitender Facharzt für Innere Medizin anwesend gewesen. Die Klinik habe
       „Berufsanfänger, ungeachtet ihrer limitierten klinischen Erfahrung, mit
       schwerstkranken Patienten betraut“. Und das „ohne Supervision“.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass die Asklepios-Klinik St. Georg in die
       Kritik gerät. Vor zwei Jahren berichtete der Spiegel über „das kranke Haus“
       und den dafür verantwortlichen Konzern. Auslöser war ein Brief der
       Pflegekräfte der onkologischen Station an die Konzernleitung, in dem sie
       eine Gefährdung von Patient*innen anprangerten.
       
       In diesem Jahr musste der internistische Teil der Notaufnahme mehrfach von
       der Versorgung abgemeldet werden, weil Personal fehlte. Dieser Teil wird
       auch von den Ärzt*innen besetzt, die den aktuellen Brief unterzeichnet
       haben. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) nannte
       die Sperrung im Sommer zwar inakzeptabel, sprach aber von einer
       Ausnahmesituation.
       
       Die prekäre Personalsituation sei keine Ausnahme, sondern seit Längerem die
       Regel, schreiben die Ärzt*innen aus St. Georg nun. Für Honorarärzt*innen,
       die Asklepios bei Personalengpässen einstellt, gebe es trotz langfristiger
       Planung kein Einsatzkonzept. Sie hätten teilweise kein Telefon, keine
       Stationsübersicht und keine Kontaktdaten. „Dies führt zu unnötigen
       Reibungsverlusten und schlimmstenfalls in Notfallsituationen zur völligen
       Handlungsunfähigkeit“, schreiben die Ärzt*innen.
       
       Asklepios sagt, man nehme Hinweise von Mitarbeitern zu drohenden
       Arbeitsüberlastungen oder einer Gefährdung der Patientenversorgung
       grundsätzlich sehr ernst. „Aufgrund der Hinweise in den vergangenen Monaten
       wurden jeweils unmittelbare Maßnahmen eingeleitet sowie die Voraussetzungen
       zu einer strukturellen Änderung geschaffen“, sagt ein Unternehmenssprecher.
       
       Das ärztliche Personal in der Abteilung für Innere Medizin sei in den
       vergangenen Monaten aufgestockt worden. Außerdem sei für dieselbe Abteilung
       ein neuer Chefarzt sowie ein ärztlicher Leiter für die zentrale Notaufnahme
       eingestellt worden. Einen generellen Sparkurs gebe es nicht.
       
       Christine Löber, HNO-Ärztin in der Notaufnahme in St. Georg, bestätigt,
       dass neue Mediziner*innen eingestellt wurden. Jedoch seien das weniger, als
       zuvor die Klinik verlassen hätten. Außerdem habe Asklepios erst mit
       deutlichem Zeitverzug auf das Problem reagiert. „Die erste
       Gefährdungsanzeige aus der Inneren Medizin stammt vom November 2017“, sagt
       sie. „Dann ist erst einmal gar nichts passiert. Es wird erst reagiert, wenn
       der Druck am höchsten ist.“
       
       Pedram Emami, erster Landesvorsitzender des Marburger Bundes, bestätigt,
       dass die Personallücke in St. Georg wohl kleiner werden wird. Aber auch er
       habe aus den Abteilungen gehört, dass Asklepios versuche, qualifizierte
       Stellen mit Jungärzten zu besetzen, weil diese günstiger seien. Die
       Ärzt*innen aus St. Georg schreiben, dass es weiterhin zu einer
       unzulänglichen Personalbesetzung komme, die eine sichere
       Patientenversorgung nicht zulasse.
       
       Auch Beschlüsse des Hamburger Arbeitsgerichts sprechen eine eindeutige
       Sprache. Seit 2015 musste der Konzern mehrfach Ordnungsgelder bezahlen,
       weil Dienstpläne in St. Georg ohne die notwendige Zustimmung des
       Betriebsrats angewandt wurden. Mittlerweile verhängt das Gericht für jeden
       Fall die maximale Strafe, zuletzt im August waren 50.000 Euro fällig. Es
       ging um die Dienstpläne der Ärzt*innen der Kardiologie. Auch wenn Asklepios
       durch die Umsetzung der Dienstpläne Personalengpässe ausgleichen wollte,
       heißt es in der Begründung des Gerichts, würden „solche Engpässe in der
       Regel nicht gänzlich unvorhergesehen eintreten, sondern mit einer
       vorausschauenden Personalplanung gelöst werden können“. Laut Asklepios ist
       die Situation, die zu dem Ordnungsgeld führte, inzwischen „bereinigt“.
       
       „Dass Asklepios schon so viele Strafen gezahlt hat, zeigt, welche
       Geisteshaltung dahintersteckt“, sagt Emami. „St. Georg ist sehenden Auges
       ins Messer gelaufen.“ Es sei rechnerisch teurer, vier bis fünf Ärzt*innen
       ein Jahr lang zu beschäftigen, als die Strafen wegen Dienstplanverstößen zu
       zahlen.
       
       Die Hamburger Gesundheitsbehörde habe im Oktober den Hinweis auf einen
       „kurzfristigen“ personellen Engpass in der Inneren Medizin in St. Georg
       erhalten und sei diesem nachgegangen, sagt ein Sprecher auf taz-Anfrage.
       „Der Träger hat uns daraufhin mitgeteilt, dass dieser Engpass
       krankheitsbedingt war und durch zusätzliches ärztliches Personal aus
       anderen Bereichen kurzfristig ausgeglichen werden konnte.“ Die aktuellen
       Vorwürfe waren der Behörde jedoch noch nicht bekannt. Man wolle die
       Angelegenheit prüfen, wenn das Schreiben der Behörde zugänglich gemacht
       würde, so der Sprecher.
       
       25 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marthe Ruddat
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Asklepios
 (DIR) Ärzte
 (DIR) Ärztemangel
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Geburtshilfe
 (DIR) Geburtshilfe
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Geburtshilfe
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Asklepios
 (DIR) Studiengang Medizin
 (DIR) Krebs
 (DIR) Übergewicht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Asklepios schließt Kinderstation: Minister spendiert Arzt
       
       In Mecklenburg-Vorpommern will der Asklepios-Konzern eine Kinder- und eine
       Geburtenstation schließen. Nach Protest soll der Minister nachverhandeln.
       
 (DIR) Asklepios schließt Kinderstation: Kinder nicht profitabel genug?
       
       In Parchim hat Asklepios die Kinderstation geschlossen – angeblich wegen
       Ärzt*innenmangel und nur vorübergehend. Doch daran gibt es Zweifel.
       
 (DIR) Dementer Patient tot aufgefunden: In den Tod verirrt
       
       Nach dem Tod eines dementen Patienten im Asklepios-Klinikum Wandsbek in
       Hamburg ist noch unklar, ob weitere polizeiliche Ermittlungen folgen.
       
 (DIR) Kritik an Krankenhauskonzern Asklepios: Nur für profitable Patient*innen
       
       Mitarbeiter*innen der Rheumatologie an der Asklepios Klinik Altona kündigen
       offenbar reihenweise. Aus Sicht des Konzerns ist alles halb so schlimm
       
 (DIR) Vorwürfe gegen Helios Klinik Mariahilf: Stress im Kreißsaal
       
       An der Helios Klinik Mariahilf in Hamburg-Harburg haben mehrere Ärzt*innen
       der Geburtshilfe gekündigt. Sie kritisieren unzureichende
       Rahmenbedingungen.
       
 (DIR) Ärztekammerchef über Kommerz: „Wir müssen lauter reden“
       
       Der neue Ärztekammer-Präsident Pedram Emami spricht über die
       Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und das Aufbegehren von
       Ärzt*innen.
       
 (DIR) Hamburger Asklepios-Ärzt*innen: Brandbrief verpufft
       
       Ärzt*innen aus St. Georg schrieben in einem Hilferuf von einer prekären
       Situation. Die Gesundheitsbehörde wollte das prüfen. Was ist seitdem
       passiert?
       
 (DIR) Ärztemangel in Norddeutschland: „Ist ein Arzt anwesend?“
       
       Bremen diskutiert über einen neuen Medizinstudiengang, in Oldenburg und
       Braunschweig gibt es schon welche. Aber brauchen wir mehr Ärzte?
       
 (DIR) Fehlbehandlung in Asklepios-Klinik: Placebo-Strahlen gegen Krebs
       
       Die Asklepios-Klinik St. Georg hat Krebspatienten mit zu schwacher
       Strahlung behandelt – der Großteil ist gestorben. Schuld soll ein
       Softwarefehler sein
       
 (DIR) Wenn Diät und Fitness versagen: Pfunde verlieren per Skalpell
       
       Für einige Mediziner ist die Übergewichtschirurgie die ultimative Abhilfe
       gegen Fettsucht und Diabetes. Andere mahnen Langzeitstudien an.
       
 (DIR) Fortbildungen für Imame: Neue Aufgaben im Krankenhaus
       
       In der Asklepios-Klinik in Hamburg-St. Georg können sich Imame zu
       Krankenhausseelsorgern ausbilden lassen.