# taz.de -- Vorstand des Moscheeverbands Ditib: Abgang wegen Ankaras Einmischung
       
       > In Niedersachsen tritt der Ditib-Vorstand zurück, weil die Türkei zu viel
       > Einfluss nehme. Ministerpräsident Weil will die Kooperation prüfen.
       
 (IMG) Bild: Zu viel Einflußnahme aus Ankara: Ditib steht deswegen seit längerem in der Kritik
       
       HANNOVER/BERLIN taz | Der komplette Vorstand des Moscheeverbandes Ditib in
       Niedersachsen ist am Sonntag aus Protest gegen die Einflussnahme der
       türkischen Regierung zurück getreten. „Wegen der wachsenden Einmischung
       habe ich jetzt die Reißleine ziehen müssen“, sagte der bisherige
       Landesvorsitzende Yilmaz Kilic der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
       
       Ditib ist der Dachverband von rund 960 Moscheevereinen in Deutschland. Der
       Verband steht wegen seiner Nähe zur Türkei seit längerem in der Kritik. Der
       Bund fördert seit 2017 keine Projekte in alleiniger Ditib-Trägerschaft
       mehr. Die Imame, die in den Ditib-Moscheen predigen, werden vom Präsidium
       für Religionsangelegenheiten der Türkei bezahlt.
       
       Der niedersächsische Landesverband habe versucht, „einen eigenständigen
       Weg“ zu gehen, sagt Kilic,der seit 2011 ehrenamtlicher Vorsitzender war.
       Offenbar ohne Erfolg. „Ich kann doch nicht jeden Tag einen Bericht
       abgeben“, zitiert die HAZ Kilic . Ihm sei nahegelegt worden,
       zurückzutreten. Die Ditib-Zentrale in Köln äußerte sich bis
       Redaktionsschluss nicht.
       
       Das Land Niedersachsen hatte Anfang 2017 die Verhandlungen über einen
       Staatsvertrag mit den Muslimen auf Eis gelegt. Da die damalige rot-grüne
       Regierung eine möglichst große Mehrheit für den Vertrag wollte, stoppte sie
       die Verhandlungen nach Kritik aus der CDU.
       
       ## Ein neuer Vorstand ist bereits gewählt
       
       Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte den Rücktritt von Kilic und des
       Vorstands nun einen „echten Rückschlag für die bisherigen Bemühungen“. Es
       sei zu befürchten, „dass der niedersächsische Landesverband auf Linie
       gebracht worden ist“.
       
       Ein neuer Vorstand ist bereits gewählt. Weil sagt, er wolle nun die weitere
       Zusammenarbeit mit Ditib prüfen. Das Land Niedersachsen arbeitet unter
       anderem in der Gefängnisseelsorge und bei Lehrplänen für den islamischen
       Religionsunterricht mit Ditib zusammen.
       
       „Die Ereignisse in Niedersachsen bestätigen leider die negativen
       Entwicklungen“, sagte Murat Kayman der taz. Kayman, der früher Jurist beim
       Ditib-Bundesverband und Mitglied im NRW-Landesvorstand war, legte seine
       Ämter 2017 nieder. Die Zentrale in Köln bestimme, wer zur Wahl für die
       Landesvorstände als Kandidat aufgestellt werde, erklärte Kayman nun. Er
       vermute, dass dem Landesvorsitzenden nur noch die Wahl zwischen Rücktritt
       und der Nichtberücksichtigung als Kandidat für den nächsten Vorstand
       gelassen wurde. „Der Bundesverband duldet keine Ehrenamtler, die gegen
       Religionsbeamte aufbegehren.“ Ditib sei offenbar der Außeneindruck egal,
       solange die hierarchische Führungsstruktur erhalten bliebe.
       
       Eben diese Verbandsstrukturen zu demokratisieren und transparenter zu
       machen, fordert der Direktor des Instituts für Islamische Theologie der
       Universität Osnabrück, Bülent Uçar. „Der niedersächsische Landesverband war
       dafür bekannt, dass er sich moderat öffnen wollte“, sagt Uçar. Der
       Rücktritt sei vor diesem Hintergrund ein Rückschritt.
       
       Die Schuld dafür nur nach Ankara zu schieben, sei aber falsch. Wenn die
       Landesregierung ein Interesse an der Autarkie des Verbandes habe, müsse sie
       Geld in die Hand nehmen, sagt Uçar, etwa durch die Förderung des
       praktischen Teils der Imamausbildung in Niedersachsen. Eine Dämonisierung
       des Verbandes sei falsch. Dafür sei er zu wichtig. „Ditib muss stärker
       eingebunden werden.“
       
       Die jüngsten Entwicklungen werden diese Woche wohl noch einmal zum Thema
       werden: Am Mittwoch und Donnerstag findet in Berlin die Deutsche
       Islamkonferenz für den Dialog zwischen Staat und Muslimen statt. Auch Ditib
       ist eingeladen.
       
       27 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Maestro
 (DIR) Dinah Riese
       
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