# taz.de -- Rechtsextremes Netzwerk bei der Polizei: Daten aus dem Dienstcomputer
       
       > Im Dezember wurden rechtsradikale Umtriebe bei der Frankfurter Polizei
       > bekannt. Nun gibt es Hinweise auf einen möglichen neuen Fall.
       
 (IMG) Bild: Polizeipräsidium in Frankfurt am Main
       
       FRANKFURT/MAIN taz | Das hessische Landeskriminalamt in Wiesbaden hat am
       Freitag gegenüber der taz einen [1][Bericht der Süddeutschen Zeitung]
       zunächst zurückgewiesen, laut dem gegen einen weiteren Polizeibeamten aus
       Hessen wegen der Weitergabe von Daten an Neonazis ermittelt werde. Der
       Beamte sei seit 2017 in Niedersachsen beschäftigt, sagte ein LKA-Sprecher
       der taz, man wisse nichts über den Fall.
       
       Das niedersächsische Innenministerium teilte dagegen am Freitagnachmittag
       mit, der beschuldigte Beamte arbeite zwar seit dem 1.4.2017 in
       Niedersachsen, das Ermittlungsverfahren gegen ihn beziehe sich jedoch auf
       Vorwürfe aus seiner Dienstzeit in Hessen. Die offenkundigen Widersprüche
       ließen sich bis Freitagnachmittag nicht aufklären.
       
       Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, die
       über die Medien von dem Vorgang erfuhr, sagte dazu der taz: „Offenbar hat
       Innenminister Peter Beuth von der CDU seinen Verantwortungsbereich nicht im
       Griff.“ Die Linkenfraktion beantragte eine Sondersitzung des
       Innenausschusses.
       
       Die Süddeutsche Zeitung hatte zuvor berichtet, im Strafverfahren gegen zwei
       zwei mutmaßlich Gewalttäter aus der Neonaziszene vor dem Landgericht Halle
       von den Ermittlungen erfahren zu haben. Die beiden Angeklagten werden
       beschuldigt, im Mai 2017 mit Ihrem Auto in Halle wehrlose Menschen gejagt
       und zwei Wanderer schwer verletzt zu haben. Ihre T-Shirts trugen den
       Schriftzug „Aryens“ (Arier) und die rassistische Parole „Support Your
       Race!“
       
       Aus den Chatprotokollen der Tatverdächtigen, so die SZ, ergebe sich, dass
       sie ein befreundneter Polizeibeamter aus Hessen mit Daten aus dem
       Polizeicomputer beliefert habe. „Das Netzwerk rechtsradikaler Polizisten im
       hessischen Polizeidienst ist offenbar größer als bekannt,“ folgert die SZ.
       Die mögliche Verbindung der Angeklagten zu dem Polizeibeamten hat nach
       einem [2][Bericht der Städtischen Zeitung] (Paywall) aus Halle der Berliner
       Rechtsanwalt Sebastian Scharmer in das Verfahren eingebracht, als
       Nebenkläger.
       
       Erst im Dezember 2018 war [3][bekannt geworden], dass fünf BeamtInnen der
       Frankfurter Polizei über das Internet Hitlerbilder, Hakenkreuze und
       fremdenfeindliche Parolen ausgetauscht hatten. Auf diese rechte Chatgruppe
       waren die Fahnder über Ermittlungen zu einem Drohbrief gegen die
       Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz gestoßen. „Verpiss dich solange du hier
       noch lebend rauskommst, Du Schwein!“ stand in dem Brief, der mit „NSU2.0“
       unterschrieben war.
       
       Die Anwältin hatte im Münchner NSU-Prozess eine Familie eines NSU-Opfers
       vertreten. Die Absender des Briefes kannten offenbar persönliche Daten der
       Anwältin, die öffentlich nicht bekannt waren. Diese Daten, so fanden
       Ermittler heraus, waren von einem Computer abgerufen worden, zu dem die
       fünf PolizeibeamtInnen Zugang hatten. Ob es einen Zusammenhang zwischen
       Datenabruf und Drohbrief gibt, wird derzeit ermittelt. Die BeamtInnen sind
       suspendiert.
       
       ## Viele Unklarheiten
       
       Zu den neuen Vorwürfen sagte der Sprecher des hessischen LKA der taz: „Uns
       ist der Vorgang nur insofern bekannt, dass wir im Mai 2017 im Auftrag der
       Staatsanwaltschaft Halle die Wohnung eines ehemaligen hessischen
       Polizeibeamten im hessischen Linsengericht durchsucht haben.“ Er fügte
       hinzu: „Über Ergebnisse ist uns nichts bekannt.“ Das niedersächsische
       Innenministerium teilte dagegen mit, die Staatsanwaltschaft im hessischen
       Darmstadt führe die Ermittlungen.
       
       In jedem Fall kann man nach der Darstellung des hessischen LKA davon
       ausgehen, das die hessische Polizei zu keinem Zeitpunkt Interesse an den
       Ergebnissen der Duchsuchung bei ihrem ehemaligen Kollegen angemeldet hat,
       auch nicht, nachdem in dieser Behörde eigens eine Arbeitsgruppe zur
       Aufklärung rechtsextremer Umtriebe in der hessischen Polizei eingesetzt
       worden war. Ob und gegebenenfalls warum sie nichts von den Ermittlungen der
       Staatsanwaltschaft Darmstadt gewusst hat, blieb zunächst unklar.
       
       11 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/hessen-polizei-rechtsradikalismus-1.4282456
 (DIR) [2] https://staedtische-zeitung.de/2019/01/aryans-prozess-rechte-autohetzjagd-vor-gericht/
 (DIR) [3] /Innenausschuss-zur-Polizeiaffaere/!5557881
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Schmidt-Lunau
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Polizei
 (DIR) Hessen
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Niedersachsen
 (DIR) Polizei Mecklenburg-Vorpommern
 (DIR) Frankfurt/Main
 (DIR) Frankfurt/Main
 (DIR) Polizei
 (DIR) Frankfurt/Main
 (DIR) Polizei
 (DIR) Rechtsextremismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Verdacht auf Datenlecks bei der Polizei: Opferberatung fordert Kontrollen
       
       In Mecklenburg-Vorpommern häufen sich Fälle, in denen Polizeibeamte unter
       Verdacht stehen, sensible Daten an Rechtsextreme weitergegeben zu haben.
       
 (DIR) Neues Drohfax gegen NSU-Opfer-Anwältin: „Ich soll 110 wählen, wenn was ist“
       
       Nach einem neuen Drohfax gegen Seda Basay-Yildiz fordert Hessens Opposition
       Aufklärung. Und kritisiert den Landesinnenminister harsch.
       
 (DIR) Rechte Polizisten-Gang in Hessen: Anwältin erhält zweites „NSU 2.0“-Fax
       
       Seda Başay-Yıldız erhielt ein Drohfax mit Daten, die von einem
       Polizeicomputer stammten. Nun ging ein zweites Fax ein – wieder mit
       Absender „NSU 2.0“.
       
 (DIR) Rechtsextreme in Hessens Polizei: Nachgeschobene Korrektur
       
       Ein Medienbericht warf der hessischen Polizei vor, ein rechtes Netzwerk sei
       größer als bekannt. Das Innenministerium bestätigte nur halb.
       
 (DIR) Kriminologe über rechte Polizisten: „Kein kleines Häufchen, das da stinkt“
       
       Um Rechtsextremismus in der Polizei zu bekämpfen, müsse man bei
       Einsatzleitern ansetzen, sagt Kriminologe Joachim Kersten. Auch
       Polizeibeauftragte seien nötig.
       
 (DIR) Rechte Polizisten-Gang in Frankfurt: Rechte statt Demokraten
       
       Die Frankfurter Polizeiaffäre weitet sich aus. Rechtsextreme bei der
       Polizei sind keine Einzelfälle. Nur: Statistiken dazu werden nicht geführt.
       
 (DIR) Rechte Polizisten-Gang in Frankfurt: Hakenkreuze und Hitlerbilder
       
       Eine NSU-Anwältin bekommt Drohbriefe, BeamtInnen tauschen
       verfassungsfeindliche Bilder aus – und Hessens Innenminister will es
       verbergen.