# taz.de -- Bratwurstmuseum zieht auf KZ-Gelände: Museum mit Geschmäckle
       
       > Das 1. Deutsche Bratwurstmuseum zieht auf den Standort des ehemaligen KZ
       > Martha II. Jüdische Frauen mussten dort Zwangsarbeit verrichten.
       
 (IMG) Bild: Dieses Idyll: Überdimensionale Bratwurstskulptur vor dem jetzigen Museum in Holzhausen
       
       Das Bratwurstmuseum in Thüringen ist sehr beliebt. Über 50.000 Menschen
       kommen jährlich in das Dorf Holzhausen, um sich dort über [1][die
       Geschichte der Bratwurst] zu informieren, die größte begehbare Bratwurst,
       einen Bratwurstskulpturenpark oder einen Bratwurstgewürzgarten zu besuchen
       oder an einem Bratwurst-Songcontest teilzunehmen.
       
       Da der bisherige Standort keine Ausbaumöglichkeiten bietet, wurde in den
       letzten Monaten nach einem Ersatz gesucht. Jetzt haben sich die
       „[2][Freunde der Thüringer Bratwurst]“ für das Gelände am Stadtwald in
       Mühlhausen entschieden. Dieses biete „in landschaftlich reizvoller Umgebung
       ideale Standortbedingungen“, teilte der Verein mit. Was er nicht verriet:
       Auf dem Grundstück befand sich zwischen September 1944 und März 1945 das KZ
       Martha II, ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Dies
       berichtete zuerst die Bild.
       
       Bis zu 696 polnische und ungarische Jüdinnen zwischen 15 und 33 Jahren
       mussten dort Zwangsarbeit verrichten – für einen Rüstungsbetrieb, der
       Zeitzünder-Uhrwerke für Flak-Granaten der Wehrmacht herstellte. Drei Frauen
       starben vor Ort, unzählige später an den Folgen. „Es gibt Berichte, da
       steht, dass die Leute gern dort waren“, zitiert die Bild den Investor Jan
       Kratochwil, der den Zuschlag für das neue Museum erhielt.
       
       Dabei bezieht er sich offenbar auf Zeugenaussagen ehemaliger Insassinnen,
       die in Mühlhausen im Vergleich zu ihren [3][Vorerfahrungen aus Auschwitz],
       Ravensbrück oder Bergen-Belsen „bessere“ Haftbedingungen vorfanden. Auch
       Christian Fröhlich von der Stadt Mühlhausen rechtfertigt sich: Die
       Insassinnen hätten „höchstens dort übernachtet, aber nicht gearbeitet.“
       
       Was für eine beschämende Geschichtsvergessenheit. Die Häftlinge in
       Mühlhausen wurden zur Arbeit gezwungen, zwölf Stunden am Tag. Sie mussten
       Hunger leiden und wurden gefangen halten, weil sie Jüdinnen waren. Ihre
       Aussagen als Argument dafür heranzuziehen, dass es in Ordnung sei,
       ausgerechnet an ihrem Leidensort ein Museum zu errichten, in dem es
       buchstäblich um die Wurst geht und nicht um die Verbrechen der Deutschen im
       Nationalsozialismus, ist mehr als befremdlich. Die schäbigen Äußerungen
       lassen zudem befürchten, dass die Kritik jetzt so abgewehrt werden soll, in
       dem man noch schnell einen dreizeiligen Gedenkstein plant.
       
       31 Jan 2019
       
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