# taz.de -- Kommentar Frankreich und Deutschland: Europa in Erinnerung rufen
       
       > Die von Merkel und Macron beschworene Verstärkung der Kooperation bleibt
       > in Wirklichkeit weitgehend symbolisch. Und trotzdem mutig.
       
 (IMG) Bild: Beide, Merkel und Macron, sind innenpolitisch derzeit unter Druck. Sich zu Europa zu bekennen ist aber keine Flucht nach vorn
       
       Nein, das in Aachen erneuerte Abkommen der deutsch-französischen
       Zusammenarbeit sieht nicht vor, dass Frankreich das Elsass und Lothringen
       an Deutschland abtreten soll oder dass der Deutschunterricht für
       französische SchülerInnen obligatorisch wird. Nein, Berlin bekommt nicht
       den Geheimcode für den eventuellen Einsatz der nuklearen Force de frappe
       oder den französischen Sitz als permanentes Mitglied des
       UNO-Sicherheitsrats! Nein, nein und nein … Einmal mehr müssen Fake News
       widerlegt werden, die sich wie eine Schlammlawine auf den Netzwerken
       ausbreiten.
       
       Ob die Richtigstellungen reichen, um die rechtspopulistische Propaganda zu
       entkräften, ist fraglich. Zu hartnäckig halten sich in diesen Kreisen
       Vorurteile und die Bereitschaft, alles zu glauben, was nach einer
       Verschwörung gegen die nationale Souveränität riechen könnte. Trotzdem ist
       es schon erschreckend, wie nur schon der doch sehr bescheidene Versuch, die
       zur Routine verkommene deutsch-französische Zusammenarbeit aufzufrischen,
       bei der antieuropäischen Rechten an Ressentiments und Gespenster weckt.
       
       Dabei bleibt die von Angela Merkel und Emmanuel Macron feierlich
       beschworene Verstärkung der Kooperation in Wirklichkeit weitgehend auf der
       Ebene von Symbolen. Damit gehen die beiden auch keine Risiken ein. Sie
       wollen ein paar Monate vor den EU-Wahlen in Erinnerung rufen, dass es mit
       der deutsch-französischen Versöhnung ein absolutes Minimum gibt, das es
       auch in Zeiten der Krise der europäischen Integrationspolitik gegen den
       reaktionären Nationalismus zu verteidigen gilt.
       
       Macron und Merkel sind heute je innenpolitisch und in der EU angeschlagen.
       Ihr Versuch, sich 55 Jahre nach dem Bruderkuss von Konrad Adenauer und
       Charles de Gaulle mit der Besiegelung der Freundschaft ein bisschen
       Glaubwürdigkeit zu verschaffen oder gar die Europaidee den WählerInnen als
       positive Utopie in Erinnerung zu rufen, ist nicht eine Flucht nach vorn,
       sondern im Kontext der gegenwärtigen EU im wörtlichen Sinne richtungweisend
       – und darum trotz kleiner Fortschritte geradezu mutig.
       
       22 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Europa
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Emmanuel Macron
 (DIR) Lesestück Interview
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Europawahl
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) EU-Politik
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Aleida Assmann über Europa: „Etwas Großartiges geschafft“
       
       Die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann plädiert für ein polyphones
       Erzählen in Europa. In der EU brauche es jetzt den Willen zu einer
       gemeinsamen Erinnerung.
       
 (DIR) Ergänzung des Élysée-Vertrags: Parlamentsabkommen unterzeichnet
       
       Die neu gegründete deutsch-französische Parlamentarische Versammlung tagte
       am Montag erstmalig. Sie soll die Länder näher zusammenbringen.
       
 (DIR) Ergänzung des Élysée-Vertrags: Machtkampf ums Mini-Parlament
       
       Der Bundestag will am Mittwoch eine neue deutsch-französische Versammlung
       beschließen. Doch nicht alle sind sich einig, wohin es damit gehen soll.
       
 (DIR) Macrons Pläne für die EU: Versuch eines Neustarts
       
       Frankreichs Präsident Macron überrascht mit einer neuen Initiative für
       Europa. Welche Chancen haben seine Vorschläge?
       
 (DIR) Frankreichs Präsident und die EU: Macrons großer Wurf
       
       In einem Zeitungsartikel löst Emmanuel Macron sämtliche Probleme Europas.
       „Wir dürfen nicht zulassen, dass Nationalisten die Wut der Völker
       ausnutzen.“
       
 (DIR) Die EU und der Aufstieg der Populisten: In Brüssel brennt die Hütte
       
       Deutschland, Frankreich und Belgien galten als Bollwerke gegen
       Rechtspopulisten. Doch vor der Europawahl herrscht auch hier
       Ausnahmezustand.
       
 (DIR) Kolumne Die eine Frage: Zukunft ist nicht mehrheitsfähig
       
       Der Aufbruch, den der französische Präsident anstrebt, wird nicht als
       Aufbruch aller verstanden. Was bedeutet der Fall Macron über Frankreich
       hinaus?