# taz.de -- Plan gegen Lebensmittelverschwendung: Diskutieren, aber nicht regulieren
       
       > Die Strategie von Agrarministerin Julia Klöckner gegen
       > Nahrungsmittelverschwendung strebt Reduktionsziele auch für Firmen an –
       > scheut aber Gesetze.
       
 (IMG) Bild: Ein Drittel aller Lebensmittel landen laut Umweltschützern im Müll
       
       BERLIN taz | Bundesernährungsministerin Julia Klöckner will
       Lebensmittelverschwendung vor allem durch Gespräche mit Unternehmern,
       Aufklärung und Forschung reduzieren. Das geht aus der „[1][Nationalen
       Strategie]“ der CDU-Politikerin zum Thema hervor, die das Bundeskabinett am
       Mittwoch in Berlin beschlossen hat.
       
       Jährlich werden in Deutschland – je nach Studie – 11 bis 18 Millionen
       Tonnen Lebensmittel produziert, aber nicht gegessen. Das obere Ende der
       Spanne entspricht der Umweltorganisation WWF zufolge fast einem [2][Drittel
       des Nahrungsmittelverbrauchs]. Gleichzeitig hungern weltweit mehr als 800
       Millionen Menschen. Um die nicht verbrauchten Lebensmittel zu erzeugen,
       werden unnötig Ressourcen wie Boden, Energie und Treibstoff beansprucht und
       Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen.
       
       Das ist seit Jahren bekannt. Doch Ministerin Klöckner will weiter über
       Gegenmaßnahmen diskutieren statt sie bereits durchzusetzen:In ihrer
       Strategie sieht sie fünf „Dialogforen“ mit Vertretern von Unternehmen,
       Verbänden, Ländern und Wissenschaft vor. Sie sollen Zielmarken vereinbaren,
       die Bauern, Verarbeiter, Händler, Gastronomen und private Haushalte – so
       die Hoffnung – freiwillig umsetzen.
       
       Angestrebt werden der Strategie zufolge unter anderem passendere
       Bestellgrößen sowie kleinere und häufigere Warenlieferungen im Handel. Vor
       allem Jugendliche und junge Familien sollen mit Informationen über das
       Internet sensibilisiert werden. Bund und Länder sollen prüfen, ob es
       gesetzliche Hürden fürs Weitergeben unverkaufter Lebensmittel an
       gemeinnützige Organisationen gibt, etwa bei der Haftung. Teil der Strategie
       ist auch eine Forschungsförderung von 14 Millionen Euro. Dabei geht es etwa
       um „intelligente“ Packungen, die anzeigen, ob ein Lebensmittel wirklich
       schon schlecht ist, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist.
       
       ## Ergebnisse erst im Mai 2021
       
       Bis die Dialogforen Ergebnisse vorlegen, dürfte viel Zeit vergehen. Der
       Kreis über die Außer-Haus-Verpflegung wie in der Gastronomie etwa soll erst
       [3][bis Mai 2021] genaue Reduktionsziele abstimmen, wie der WWF – einer der
       Teilnehmer – mitteilte. Der Umweltverband lobte einzig, dass die
       Bundesregierung „nun endlich alle Akteure im Kampf gegen die
       Lebensmittelverschwendung in die Pflicht“ nehmen wolle – nicht nur die
       privaten Haushalte. Diese würden nur 40 Prozent der Verluste verursachen.
       Klöckner verweist aber auf Studien, wonach es rund 60 Prozent sind.
       
       Foodsharing – eine Internetplattform für die Verteilung überschüssiger
       Lebensmittel –, die Deutsche Umwelthilfe, der Bund für Umwelt und
       Naturschutz Deutschland (BUND) und die Grünen forderten schon jetzt Gesetze
       gegen Verschwendung. „Die heute vorgelegte Strategie kann nur ein erster
       Schritt sein und greift angesichts der Größe des Problems viel zu kurz“,
       sagte BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz.
       
       Foodsharing und Umwelthilfe verlangten einen gesetzlich vorgeschriebenen
       „[4][Wegwerfstopp für Supermärkte]“ und verbindliche Reduktionsziele für
       Unternehmen. Vorbilder könnten Tschechien und Frankreich sein, wo Läden
       überschüssige Nahrungsmittel spenden müssten.
       
       ## Welches Gesetz hätten Sie denn gern?
       
       Doch Ministerin Klöckner antwortete auf die Frage „Wann trauen Sie sich
       endlich, Gesetze zu machen?“ in einem [5][Twitter-Kommentar]: „Bitte
       konkret – welches Gesetz hätten Sie denn gerne bei der
       Lebensmittelverschwendung? Ein Kühlschrankgesetz, ein Einkaufskorb- oder
       Verzehrsgesetz? Der größte Anteil wird in privaten Haushalten weggeworfen!“
       
       Damit ist sie weitgehend auf Linie der Lebensmittelwirtschaft, deren
       Verband BLL Klöckners Strategie begrüßte und jegliche staatlichen Eingriffe
       ablehnte. (mit dpa)
       
       20 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/Nationale_Strategie_Lebensmittelverschwendung_2019.pdf;jsessionid=CEAA92418037F1B5EF7F4974E4D3E2D9.2_cid296?__blob=publicationFile
 (DIR) [2] https://www.wwf.de/2019/februar/bewegung-in-der-tonne/
 (DIR) [3] https://www.wwf.de/2019/februar/bewegung-in-der-tonne/
 (DIR) [4] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/lebensmittel-retten-aber-richtig-foodsharing-und-deutsche-umwelthilfe-kritisieren-unzureichende-st/
 (DIR) [5] https://twitter.com/JuliaKloeckner/status/1098151216712953856
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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