# taz.de -- Drehbuchautoren-Trio „Die HaRiBos“: Die Drei aus der Schreibstube
       
       > Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad sind maßgeblich an der neuen
       > deutschen Serienwelle beteiligt. Doch im Rampenlicht stehen sie selten.
       
 (IMG) Bild: Die Köpfe hinter den Serien: Das Autorentrio (v.l.) Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad
       
       [1][Deutscher Fernsehpreis 2019 in Köln]. Journalisten und Fotografen
       stehen am roten Teppich, um die Stars der hiesigen Medienwelt abzufangen.
       Ein Branchenmagazin streamt live, doch die Promidichte hält sich noch in
       Grenzen. Hilflos sucht die Kamera nach Interviewpartnern und bleibt am Rand
       bei drei Männern mittleren Alters hängen.
       
       Die Kommentatoren sind verunsichert: „Wer kennt diese Menschen?“ Sie suchen
       weiter und identifizieren den Geschäftsführer des Pay-TV-Senders TNT Serie,
       Hannes Heyelmann, und den Schauspieler Kida Khodr Ramadan. Nun wird den
       Kommentatoren klar: „Da ist der Block von ‚4 Blocks‘ “. Darunter auch das
       beschriebene Männertrio: Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad, mit
       den Anfangsbuchstabe ihrer Vornamen oft auch einfach die HaRiBos genannt.
       Sie sind die Erfinder und Autoren der nominierten Gangsterserie über einen
       arabischen Clan aus Berlin-Neukölln, die den kleinen Sender vor zwei Jahren
       zu einem internationalen Player hat werden lassen.
       
       [2][Dass „4Blocks“ zwar zum kleinen Popkulturphänomen geworden ist],
       Hackfort, Kropf und Konrad als maßgebliche Schöpfer der Serie aber selbst
       von Medienexperten nicht erkannt werden, ist bezeichnend für den Status
       deutscher Drehbuchautoren. Immer noch. Ihre Kollegen auf dem
       internationalen Serienmarkt gehören ihre längst zu den Stars der Branche.
       Sie erfinden die Geschichten und Figuren, sie konzipieren und schreiben die
       Storys, die über Folgen und Staffeln hinweg weltweit Fans begeistern.
       
       In Teilen der deutschen Fernsehlandschaft galten Drehbuchautoren lange eher
       als Zuarbeiter, weil im hiesigen System die eigentliche Kreativarbeit eher
       an anderer Stelle angesiedelt wird, wie Richard Kropf resümiert: „Ein Satz,
       den wir früher oft gehört haben lautete: Vielen Dank für die Drehbücher,
       jetzt schauen wir mal, was der Regisseur daraus macht.“
       
       ## In der Telenovela-Mittagspause
       
       Diese Haltung scheint sich langsam zu ändern – seit der Serienboom auch bei
       hiesigen Sendern und Produktionsfirmen angekommen ist, die sich nun
       internationalen Ansprüchen anpassen müssen. Doch die [3][Vereinbarung
       Kontrakt18], die mittlerweile über 200 AutorInnen unterschrieben haben, um
       sich in ihren Verträgen künftig mehr kreative Mitspracherechte zusichern zu
       lassen, zeigt, dass noch viele Streitfragen ungeklärt sind.
       
       Hackfort, Kropf und Konrad gehören zu den ersten Unterzeichnern des
       Papiers, denn das autorenzentrierte US-Modell ist ihr Vorbild, seit sie
       sich vor neun Jahren als kreatives Schreibteam zusammengetan haben. Konrad,
       Jahrgang 1968, hat zuvor Hörspiele und Fernsehserien für Kinder entwickelt.
       Der 1979 geborene Kropf begann seine Karriere als Schauspieler, und
       Hackfort, Jahrgang 1970, gab mit seinem Kinofilm „Junimond“ 2002 sein Debüt
       als Regisseur. Kennengelernt haben sie sich bei der Arbeit an der
       Telenovela „Anna und die Liebe“, die von 2008 bis 2012 in
       Potsdam-Babelsberg für Sat.1 produziert wurde.
       
       Als damals der Hype um US-Qualitätsserien wie [4][„Breaking Bad“] und „Mad
       Men“ in Deutschland Serienfans und Feuilletons erreicht, beginnen sie
       damit, in den Mittagspausen und nach Feierabend eigene Stoffe im Stile
       dieser neuen seriellen Erzählungen zu entwerfen. Sie sind sich sicher, dass
       die Welle auch den deutschen Markt erreichen wird. Und dann wollen die
       HaRiBos ganz vorne mit dabei sein.
       
       Die Chancen stehen nach 2010 allerdings schlecht. Das ZDF setzt die
       progressive Polizeiserie „KDD – Kriminaldauerdienst“ nach drei Staffeln ab,
       und in der ARD wird Dominik Grafs groß angelegtes Gangsterepos „Im
       Angesicht des Verbrechens“ zum Quotenflop, nachdem die Produktionsfirma
       zuvor bereits Konkurs anmelden musste. Für Senderverantwortliche und
       Produzenten ist das der Beweis, dass deutsche Zuschauer nicht durch
       komplexe Erzählstrukturen und düstere Figuren überfordert werden wollen.
       
       ## Mit langem Atem zum Erfolg
       
       Das Trio kommt hierzulande mit seiner ersten großen Storyidee nicht weiter,
       obwohl es sogar Zuspruch aus dem Ausland gibt: „Aus England kam damals
       sofort ein positives Signal“, sagt Konrad. „Doch weil die Geschichte nun
       einmal in Deutschland verortet war und man dafür eine deutsche Produktion
       und einen deutschen Sender benötigt, ist das Ganze damals dann versackt.“
       
       So bleibt Hackfort, Kropf und Konrad wenig anderes übrig, als
       Vorabendkrimireihen wie „Koslowski und Haferkamp“ oder „SOKO Leipzig“ zu
       bedienen. Doch nebenbei entwickeln sie weiter die Serienstoffe, an deren
       Zukunft sie glauben oder zumindest glauben wollen. Und tatsächlich: Als der
       globale Streaminganbieter Netflix im Herbst 2014 nach Deutschland kommt,
       sucht man plötzlich auch hierzulande in der Branche überall nach neuen und
       aufsehenerregenden Serienstoffen.
       
       Der lange Atem von Hackfort, Kropf und Konrad zahlt sich aus: Innerhalb
       einer Woche erhalten sie 2015 von dem Onlineriesen Amazon den Zuschlag für
       die Entwicklung der ersten Eigenproduktion, „You Are Wanted“ – einer
       Thrillerserie mit Schauspieler und Regisseur Matthias Schweighöfer als
       Familienvater, der von Hackern gejagt wird –, sowie der außergewöhnlichen
       Gangsterserie „4 Blocks“ für TNT Serie.
       
       „4 Blocks“ entwickelt sich zum Kritikerliebling und Geheimtipp. [5][„You
       Are Wanted“] kann laut Amazon zwar mit starken Abrufzahlen überzeugen, wird
       für Dramaturgie und Handlung jedoch mit Häme überschüttet. Die Kritiken
       seien nicht das Problem gewesen, sagt Hackfort, „was wehgetan hat, ist
       vielmehr die Tatsache, dass wir in der Öffentlichkeit mit etwas
       identifiziert wurden, was wir so nicht geschaffen haben. Wir wollten eine
       ganz andere Geschichte erzählen. Während der Produktion haben wir permanent
       auf die Fehler und die – aus unserer Sicht – unzureichende Erzählung
       hingewiesen.“
       
       ## A „fucking masterpiece“
       
       An der Fortsetzung von „You Are Wanted“ beteiligen sie sich nicht mehr,
       dafür feiern sie mit „4 Blocks“ große Erfolge. Die Serie gewinnt Preise,
       wird ins Ausland verkauft und wird von dem britischen Entertainer Ricky
       Gervais auf Twitter als „fucking masterpiece“ bezeichnet. Den Tweet hat
       Kropf ausgedruckt und gerahmt neben seinen Schreibtisch gehängt.
       
       Bei dem Namen Harald Schmidt hätten sie einfach nicht Nein sagen können,
       sagen die Autoren, die auch die Umsetzung der Drehbücher von „Labaule und
       Erben“ übernehmen, einer Mediensatire nach der Idee von Schmidt, die im
       Januar im SWR ausgestrahlt wurde. Zu einem Treffen mit Schmidt sei es dabei
       zwar nicht gekommen, aber die Zusammenarbeit mit dem Sender sei äußerst
       produktiv gewesen.
       
       „Ein wunderbares Kleeblatt“, sagt „Labaule“-Produzent Michael Souvignier
       über das Autorenteam. „Höchst kreativ, zuverlässig und präzise wie ein
       Uhrwerk“ seien sie, gerade angesichts der schwierigen Produktionsumstände:
       „Es gab einen konkreten Sendetermin, und ab da lief die Zeit rückwärts. Ein
       Wahnsinn. Die HaRiBos haben es geschafft. Großartig auch noch. Und mit
       sehr viel Spaß, für alle Beteiligten.“
       
       Aktuell bereitetet das Trio die dritte Staffel von „4 Blocks“ vor und
       entwickeltet eine Serie über die Kaufhausfamilie Wertheim. Ein Zeitbild,
       „mit Fokus auf das jüdische Leben um die Jahrhundertwende“, sagt Konrad.
       „Im Kern unserer Serien stehen häufig familiäre Beziehungen, die sich
       entwickeln und die neu entstehen“, sagt Kropf. „Es ist egal, in welches
       Milieu man geht oder welches Sujet man bedient – bei einer Familienstruktur
       kann jeder Zuschauer an einer der Figuren andocken.“ Ausnahmsweise allein
       hat er gerade „Das Wichtigste im Leben“ geschrieben, eine Familienserie mit
       Jürgen Vogel, die noch 2019 bei Vox laufen soll.
       
       Auf dem roten Teppich mögen die HaRiBos nicht erkannt werden, dafür wird
       ihnen dieser mittlerweile immer häufiger von Senderverantwortlichen
       ausgerollt, um sie für eine Zusammenarbeit zu gewinnen.
       
       24 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kolumne-Flimmern-und-Rauschen/!5569562
 (DIR) [2] /Hauptdarsteller-ueber-TV-Serie-4-Blocks/!5407970
 (DIR) [3] /DrehbuchautorInnen-mit-Aufruf/!5514699
 (DIR) [4] /Sendestart-US-Serie-Breaking-Bad/!5134325
 (DIR) [5] /Erste-deutsche-Netflix-Serie/!5466904
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Mayer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) 4 Blocks
 (DIR) TV-Serien
 (DIR) Film
 (DIR) Serie
 (DIR) Deutscher Film
 (DIR) Serien-Guide
 (DIR) Netflix
 (DIR) Drehbuch
 (DIR) Netflix
 (DIR) Migration
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Netflix-Serie „Kleo“: Gewagter Genre-Spagat
       
       In der Netflix-Serie „Kleo“ nimmt Jella Haase als Stasi-Killerin Rache.
       Historische Wahrhaftigkeit ist definitiv nicht oberstes Anliegen der Serie.
       
 (DIR) Neue Serie auf TNT Comedy: Helikoptereltern mit Yoga-Burnout
       
       In der Mockumentary „Andere Eltern“ treffen bei einer Kita-Gründung in
       Köln-Nippes unterschiedliche Existenzphilosophien aufeinander.
       
 (DIR) DrehbuchautorInnen mit Aufruf: Es gilt „Kontrakt 18“
       
       Deutsche DrehbuchautorInnen fordern eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Die
       ProduzentInnen geben sich diskussionsbereit.
       
 (DIR) Erste deutsche Netflix-Serie: Deutscher dunkler Wald
       
       Lange wurde sie ersehnt, jetzt gibt es sie zu sehen: „Dark“, die erste
       deutsche Produktion des Streaminganbieters Netflix.
       
 (DIR) Hauptdarsteller über TV-Serie „4 Blocks“: „Ich bin so ein deutscher Spießer“
       
       Die Serie „4 Blocks“ ist auch ein Sozialdrama über die Folgen der
       Ghettoisierung in Bezirken wie Neukölln, sagt Kida Ramadan.