# taz.de -- Kopftuchkonferenz an Uni Frankfurt: Kritik an Panelbesetzung
       
       > In Frankfurt soll eine Veranstaltung die verschiedenen Positionen zum
       > Kopftuch beleuchten. Eine kleine Gruppe Studierender will das verhindern.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur ein Kleidungsstück
       
       „Schröter raus“ – mit diesem Slogan protestiert eine Gruppe Studierender
       gegen eine geplante Tagung zur [1][Rolle des muslimischen Kopftuchs an der
       Frankfurter Goethe-Universität]. Sie fordern die Absage der Veranstaltung
       sowie die Entlassung der Veranstalterin, Susanne Schröter. Die Direktorin
       des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam ist bekannt für ihre
       kontroverse Haltung zum Islam.
       
       In der deutschen Debatte über den Islam ist das Kopftuch so etwas wie die
       Gretchenfrage. Für die einen ist es ein Symbol der Unterdrückung der Frau,
       andere widerum argumentieren, Kopftuchverbote seien ein Eingriff in die
       Selbstbestimmung von Frauen und bediene antimuslimische Stereotype.
       
       Unter dem Titel „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der
       Unterdrückung?“ sind für den 8. Mai nun sieben Referent*innen geladen. Mit
       dabei: Alice Schwarzer, die einen Input geben wird über den „Siegeszug des
       politisierten Islam, nicht zuletzt dank einer falschen Toleranz“.
       Publizistin und Terre-des-Femmes-Vorstand Necla Kelek wird über eine
       Kampagne der Organisation für ein Kopftuchverbot für Minderjährige
       sprechen. Schröter selbst wird einen Vortrag halten unter dem Titel
       „Repressive Ästhetik – das Kopftuch als Symbol des politischen Islam“.
       
       Auch die Gegenseite ist auf dem Podium vertreten. Die Autorin Khola Maryam
       Hübsch, Mitglied der Ahmadiyya-Gemeinde und Trägerin eines Kopftuchs, hält
       einen Vortrag zur Frage, „was der Islam zu einem wirklich emanzipierten
       Frauenbild beitragen kann“. Und Dina El-Omari von der Universität Münster
       soll sich dem Thema theologisch annähern.
       
       ## Debatte um Diskursraum
       
       „Susanne Schröter ist schon in der Vergangenheit mit
       antimuslimisch-rassistischen Aussagen aufgefallen“, sagt Zuher Jazmati. Er
       studiert Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Uni Marburg und ist
       Teil der kleinen Gruppe „Uni gegen Antimuslimischen Rassismus“, die auf
       Instagram gegen die Tagung mobil macht. Spätestens seit Schröter selbst in
       den sozialen Medien auf die Kampagne aufmerksam gemacht hat, kocht die
       Diskussion in den sozialen Medien hoch.
       
       „Mit dieser Tagung bietet sie solchen Positionen Platz im akademischen Raum
       und macht sie damit mehrheitsfähig“, sagt Jazmati. „Dem wollen wir uns
       widersetzen.“ Antimuslimische Angriffe würden in der Gesellschaft immer
       mehr zunehmen. „Da braucht es nicht auch noch eine angeblich akademische
       Begründung dafür, dass der Islam eine Bedrohung darstelle“, sagt er.
       
       Schröter selbst findet die Forderungen der Studierenden „unterirdisch“. Wer
       eine solche Debatte verbieten wolle, der habe „nicht verstanden, was eine
       Universität ist und wie wichtig Meinungsfreiheit ist.“ Das Kopftuch halte
       sie „als systemisches Symbol für etwas Repressives“, sagt Schröter; „ohne,
       dass ich glaube, dass jede Frau mit Kopftuch unterdrückt ist.“ Ihr sei
       bewusst, dass sie einigen Menschen „auf die Füße trete“ mit ihrer Position.
       Dass sie mit solchen Diskussionen Rechten in die Hände spiele, will sie
       aber nicht gelten lassen.
       
       ## Podiumsteilnehmerin mit differenzierter Kritik
       
       Khola Maryam Hübsch hingegen kann die „Frustration der Studierenden“, wie
       sie sagt, gut nachvollziehen. „Ich finde das Podium nicht ausgewogen. Die
       Redezeit derer, die extreme Positionen gegen das Kopftuch vertreten,
       überwiegt“, sagt sie. Das habe sie auch den Veranstaltern mitgeteilt.
       „Susanne Schröter lässt sich und ihre Position im akademischen Milieu
       benutzen, um Ängste zu schüren und plumpe Klischees zu verbreiten“, sagt
       Hübsch. So weit, der Professorin Rassismus vorzuwerfen, will sie nicht
       gehen. „Aber ihre einseitige Fokussierung auf den ‚politischen Islam‘, und
       die Übertragung auf Muslime generell – das ist populistisch und sehr
       problematisch.“
       
       Die Forderung, die Veranstaltung abzusagen oder Schröter gar zu entlassen,
       teilt Hübsch nicht. „Das geht zu weit, und da entsteht schnell der
       Eindruck, man wolle einen kritischen Diskurs unterbinden“, sagt sie. Die
       Debatte existiere nun mal, deswegen wolle sie sich ihr auch stellen. „Und
       meine Kritik dort auf dem Podium anbringen.“
       
       Dass die Kampagne der Studierenden in eine kritischen Auseinandersetzung
       der Universität mit den Positionen Schröters führt, ist unwahrscheinlich.
       Für die Universitätsleitung kommt weder eine Absage der Veranstaltung noch
       ein Rausschmiss Schröters in Frage, der Instagram-Account der Studierenden
       wurde inzwischen gesperrt. Die Kampagne erweise der „berechtigten Kritik“
       an der Professorin und ihren Gästen einen „Bärendienst“, schreibt der
       Islamwissenschaftler Fabian Schmidmeier auf Twitter.
       „Diffamierungskampagnen“ gebe es seitens „sogenannter ‚Islamkritiker‘
       genug“, man solle sich nicht auf das „Niveau dieser Populisten begeben“ –
       und stattdessen hingehen und mit Argumenten zeigen, dass „Kelek und Co
       falsch liegen“.
       
       Eren Güvercin, Vorstandsmitglied der Alhambra-Gesellschaft erklärte in dem
       sozialen Netzwerk, wenn man „zurecht populistische Forderungen nach einem
       Kopftuchverbot und die Dämonisierung des Kopftuchs durch einige Akteure“
       kritisiere, dann „sollte man aber nicht die Diskursform dieser Akteure auch
       noch selber übernehmen und quasi ein Berufsverbot fordern“. Auch der
       ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck kritisiert die Forderung
       und stellt trocken fest: „Soviel Werbung für eine Tagung war selten.“
       
       26 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.normativeorders.net/en/events/allevents/69-veranstaltungen/7087-das-islamische-kopftuch-symbol-der-wuerde-oder-unterdrueckung
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
       
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