# taz.de -- Billigung des Migrationspakts: Verschärfte Regeln für Asylbewerber
       
       > Der Bundesrat winkt Neuerungen in der Flüchtlingspolitik durch. Das
       > Gesetz macht es leichter, Asylbewerbern die Leistungen zu streichen.
       
 (IMG) Bild: 2016: Der 19-jährige Flüchtling Rezwan Waziri aus Afghanistan in einer Werkstatt in Jena
       
       BERLIN taz | Künftig wird es für Behörden einfacher, Asylbewerbern
       Leistungen zu streichen oder sie zu inhaftieren. Der Bundesrat hat am
       Freitag [1][dem sogenannten Geordnete-Rückkehr-Gesetz zugestimmt]. Zudem
       akzeptierte die Länderkammer auch sieben weitere Gesetze zur Neuregelung
       des Migrationsrechts – darunter die umstrittene Verschärfung des
       Staatsbürgerrechts, die der Bundestag erst am Tag zuvor beschlossen hatte.
       
       Eine Mehrheit für Nachverhandlungen im Vermittlungsausschuss fand sich
       nicht. Zuvor hatten mehrere Bundesratsausschüsse, darunter der
       Rechtsausschuss, dem Bundesrat [2][solche Nachverhandlungen empfohlen] –
       vor allem wegen verfassungsrechtlicher Bedenken an der Unterbringung
       abgelehnter AsylbewerberInnen in regulären Haftanstalten. Der
       Vermittlungsausschuss ist dafür zuständig, einen Kompromiss zwischen Bund
       und Ländern zu finden, wenn der Bundesrat einem vom Bundestag beschlossenen
       Gesetz nicht in der vorliegenden Form zustimmt.
       
       Während etwa Berlin und Thüringen dem Gesetz in der aktuellen Form nicht
       zustimmten, hatten zwei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung keine
       Einwände – Hessen und Baden-Württemberg. Die Grünen-Fraktion im Bundestag
       dagegen hatte die Große Koalition scharf für das Gesetz kritisiert und
       unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte beklagt.
       
       Auch mehrere Landespolitiker zeigten sich am Freitag mit Teilen des
       Gesetzespakets unzufrieden. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius
       (SPD) nannte es ein Reformpaket mit „Licht und Schatten“. Er bemängelte das
       „Eiltempo“ des Gesetzgebungsverfahrens. Vor allem aber kritisierte er, dass
       das Geordnete-Rückkehr-Gesetz es erlaubt, Asylsuchenden die kompletten
       Leistungen zu streichen, wenn sie bereits in einem anderen
       EU-Mitgliedsstaat Asyl erhalten haben oder nicht zur Feststellung ihrer
       Identität beitragen. Dies sei nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich,
       sondern auch „inhaltlich verfehlt“.
       
       Statt die Betroffenen zur Ausreise zu bewegen, verlagere der Bund damit
       lediglich die Verantwortung auf die Kommunen. „Man wird Menschen vor Ort
       trotz allem existenzsichernde Mittel zur Verfügung stellen müssen.“ Dazu
       würden die Kommunen spätestens von den Gerichten gezwungen werden. Alles in
       allem sei das Gesetzespaket dennoch ausgewogen – und an vielen Stellen sei
       die „sozialdemokratische Handschrift“ erkennbar, etwa beim
       Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
       
       Der stellvertretende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Joachim
       Stamp (FDP), sagte, aus seiner Sicht überwögen beim gesamten Gesetzespaket
       zur Migration „die Schatten“. Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz sei nicht
       europarechtskonform, außerdem gehe es an den eigentlichen
       Abschiebehindernissen vorbei. Stattdessen bräuchte es mehr Abkommen mit
       Herkunftsstaaten. Auch er erwartet zusätzliche finanzielle Belastungen für
       Länder und Kommunen.
       
       Dass sich dennoch keine Mehrheit für eine Überweisung in den
       Vermittlungsausschuss findet, hat aus seiner Sicht parteipolitische Gründe.
       SPD- und CDU-geführte Länder hielten trotz aller Kritik ihren
       Bundesparteien die Treue. „Wir müssen uns als Bundesrat fragen: Wie ernst
       nehmen wir unsere Rolle im Gesetzgebungsverfahren wirklich?“
       
       28 Jun 2019
       
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