# taz.de -- Rechter Hass bei „Hart aber fair“: Der Mord an Lübcke als Zufall
       
       > „Hart aber fair“ wollte sich dem Thema Rechte Hetze widmen. Doch die
       > meiste Zeit ging für die Relativierungen des AfDlers Uwe Junge drauf.
       
 (IMG) Bild: Bei „Hart aber fair“ drehte sich alles um seine Thesen: Uwe Junge, AfD
       
       „Aus Worten werden Schüsse“ – unter diesem Titel fragte die ARD-Talkshow
       „Hart aber fair“ am Montagabend: „Wie gefährlich ist rechter Hass?“ Anlass
       war [1][die Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke]. Offenbar ging es
       Moderator Frank Plasberg und seiner Redaktion darum, eine hitzige Debatte
       zu provozieren. Denn in der Sendungsankündigung fragten sie nicht nur
       weiter: „Und wer bereitet den Mördern das Feld mit Polemik und
       Hassbotschaften?“. Sie hatten auch einen Gast eingeladen, der selbst solche
       Botschaften verbreitete.
       
       „Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer,
       Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen
       der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden! Dafür lebe und
       arbeite ich. So wahr mir Gott helfe!“ So tönte Uwe Junge, Vorsitzender der
       AfD-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz, Ende 2017 auf Twitter. Die
       Einladung Junges hatte „Hart aber fair“ schon im Vorfeld eine extra-Portion
       Aufmerksamkeit beschert. Viele kritisierten, dass einem rechten
       AfD-Politiker Gelegenheit geboten wird, die Gefahr von Rechtsextremismus zu
       verharmlosen. Tatsächlich hatten die anderen Gäste dann selten die Chance
       auf mehr als Gegenreden zu Junge.
       
       Dabei hätten Journalist Georg Mascolo, die innenpolitische Sprecherin der
       Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, und Mehmet Daimagüler,
       Opferanwalt in den NSU-Prozessen, sicherlich eine fundierte Diskussion
       geführt. Als Kontrapunkte hätten vielleicht auch schon einige der Aussagen
       des fünften Gasts, NRW-Innenminister Herbert Reul, ausgereicht.
       
       Der schien nicht nur die NSU-Morde vergessen zu haben, sondern mutmaßte
       auch, Rechtsextreme würden im Gegensatz zu islamistischen Extremisten
       weniger öffentlich prahlen und seien vielleicht auch deshalb seltener als
       Gefährder gelistet. (Mihalic: „Wenn der Verfassungsschutz nur das sieht,
       was sowieso jeder sieht, dann ist das Problem größer als ich dachte.“) Aber
       auch Reuls wenig glanzvoller Auftritt trat hinter dem Fokus auf den
       AfD-Politiker in den Hintergrund.
       
       ## Lübckes Mord als Zufall
       
       Ein Großteil der Sendezeit wurde Uwe Junge dafür überlassen, die AfD gegen
       den Vorwurf, sie würde zum Schüren rechten Hasses beitragen, zu
       verteidigen. Was er dabei sagte, war wenig überraschend. Die AfD verurteile
       Gewalt und Extremismus, man müsse sich aber auch mit linkem und
       islamistischem, nicht nur mit rechtem Extremismus beschäftigen.
       
       Plasberg setzte Junges Behauptung einer Parität von linker und rechter
       Gewaltbereitschaft zwar differenziertere Zahlen aus dem
       Verfassungsschutzbericht entgegen. Aber natürlich bewegten auch solche
       Fakten Junge nicht zum Einlenken. Dass Lübcke gerade von einem
       Rechtsextremen ermordet wurde, stellte er eher als Zufall dar: Anfeindungen
       und Angriffe würden schließlich alle erleben, die eine klare Haltung
       beziehen, egal ob links oder rechts.
       
       Dass unter einem Facebook-Post der AfD zu einer Rede Lübckes hetzerische
       Kommentare und Morddrohungen vier Jahre lang stehenbleiben durften, tat
       Junge als Ausnahme und blöden Fehler ab. So etwas könne eben mal übersehen
       werden. So musste die Runde dann erst einmal lange über die Verantwortung
       der AfD, solche Posts zu löschen, reden. Das ließ vorübergehend die Frage
       vergessen, welche Rolle die AfD [2][schon im Heraufbeschwören solcher
       Kommentare spielt]: „Der Hass ist Ihr Geschäftsmodell“, stellte Daimagüler
       irgendwann klar.
       
       ## Relativierung rechter Gewalt
       
       Laut Ankündigung wollte „Hart aber fair“ eigentlich auch der Frage
       nachgehen, ob rechte Netzwerke bis in Polizei und Bundeswehr reichen. Dafür
       blieb dank der ausführlichen Junge-Show aber kaum Zeit. Die verbleibenden
       Minuten wurden dann auch eher dazu genutzt, Frust an Polizei und Bundeswehr
       zu besprechen und zu erörtern, ob dort deshalb besonders häufig die AfD
       gewählt wird.
       
       Das Thema handfester rechtsextremer Netzwerke ging unter in Junges
       Relativierungen rechter Gewalt und den Bemühungen der anderen Gäste, das
       dann wieder geradezurücken. Als Daimagüler, der auch zwischendrin darauf
       hingewiesen hatte, das sei jetzt alles „ein bisschen kuschelig“, am Ende
       der Sendung noch einmal versuchte, Junge zu unterbrechen, fiel ihm wiederum
       Plasberg ins Wort: „Er kann doch sagen, was er will“. Das letzte Wort hatte
       deshalb dann tatsächlich Junge. Die Frage, wo Verteidiger des rechten
       Hasses eine Plattform für ihre Polemik finden, wurde in der Sendung nicht
       besprochen. Eine Antwort darauf gab sie trotzdem.
       
       2 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /CDU-und-der-Mordfall-Luebcke/!5602089
 (DIR) [2] /Mordfall-Walter-Luebcke/!5603834
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lilly Schlagnitweit
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Rechte Gewalt
 (DIR) Hart aber fair
 (DIR) Frank Plasberg
 (DIR) Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Hart aber fair
 (DIR) Schwerpunkt Fridays For Future
 (DIR) Dunja Hayali 
 (DIR) Hart aber fair
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neues Talkshowformat bei „funk“: Gesittet und divers
       
       In „Karakaya Talk“ wird künftig wöchentlich über Pop und Politik
       diskutiert. Es sollen Menschen zu Wort kommen, die sonst nicht gehört
       werden.
       
 (DIR) Kassel demonstriert gegen rechts: Kein Vorbeikommen
       
       Gewerkschaften, Linke und die CDU: In Kassel demonstriert am Samstag ein
       breites Bündnis gegen Nazis. Die haben Mühe, zusammenzufinden.
       
 (DIR) Bundestag soll Rassismus bekämpfen: „Bitter nötig und überfällig“
       
       Zahlreiche Organisationen fordern den Bundestag auf, eine Kommission zur
       Rassismus-Bekämpfung einzurichten. Anlass ist der Jahrestag des
       NSU-Urteils.
       
 (DIR) Kommentar AfD Sachsen: Selbstverschuldet in die Opferrolle
       
       Die AfD Sachsen will ihren eigenen Fehler als gegen sie gerichtete
       Verschwörung verkaufen. Plötzlich erscheint sie bei der Wahl wieder
       schlagbar.
       
 (DIR) Doppeldeutige Geste bei „Hart aber fair“: Nicht einfach okay
       
       Ein Zuschauer der ARD-Show zeigt eine Geste, die auch der
       Christchurch-Terrorist machte. Das sorgt für viel Wirbel. Am Ende war alles
       anders gemeint.
       
 (DIR) Klimaaktivistin bei „Hart aber fair“: Unverständnis mit Porsche
       
       In der Talkshow „Hart aber fair“ ist die Klimaaktivistin Luisa Neubauer die
       jüngste und vernünftigste Stimme. Die Generation 50+ wirkt ratlos.
       
 (DIR) Kommentar Störer bei Hayali und Stelter: Lasst sie ihre Arbeit machen!
       
       Ob ZDF-Morgenmagazin oder WDR-Karneval: Störenfriede, die einfach auf die
       Bühne stürmen, sind nicht mutig, sondern respektlos.
       
 (DIR) „hart aber fair“-Sendung über Heimat: „Wie schnell das hier eskaliert“
       
       „Heimat Deutschland – nur für Deutsche oder offen für alle?“, fragte „hart
       aber fair“. Massive Kritik war programmiert.