# taz.de -- Landwirt in der Uckermark: Hofladen ist die Rettung
       
       > Stephan Zoch ist Landwirt in einem 30-Seelen-Dorf in der Uckermark. Er
       > findet, die Gesellschaft hat sich von der Landwirtschaft entfremdet.
       
 (IMG) Bild: Stephan Zoch will mit der AfD nichts zu tun haben
       
       Stephan Zoch sieht es an den Buchen, die er vor zehn Jahren gepflanzt hat.
       Die Blätter sind zu klein. Es liegt nicht nur an der Trockenheit. Auch die
       Buchen, die am Wasser stehen, leiden. Sie vertragen einfach die Hitze
       nicht.
       
       Zoch ist 41 Jahre alt und Landwirt in Sternhagen, einem 30-Seelen-Ort in
       der Uckermark. Sein Acker wird in diesem Jahr ein Minusgeschäft. Wie schon
       2018. Zu wenig Regen. „Wir haben kaum Regentage mehr, dafür mehr Gewitter.“
       Und die spülen oft die leichten Böden von den Hügeln und fördern die
       Erosion. Was bleibt da den Bauern?
       
       Zoch wird weiter Getreide anbauen. Da müsse er halt eine Weizensorte
       nehmen, die Trockenheit besser verträgt, sagt er. Auch wenn deren Qualität
       schlechter ist. Alles nicht gut.
       
       Nicht nur der Klimawandel ist für den Ackerbau schlecht, sondern auch der
       Preis des Bodens. Unter 20.000 Euro bekommt man in dieser Gegend keinen
       Hektar Ackerland mehr. Vor fünfzehn Jahren lag der Durchschnittpreis noch
       bei 3.600 Euro. Um die exorbitanten Kosten des Bodens mit Getreide
       reinzubekommen, sagt Zoch, „würde man 100 Jahre brauchen“. So geht viel für
       Tilgung, Kredite und Pacht drauf. Alles schwierig.
       
       ## Trotz Klimawandel läuft das Geschäft
       
       Auf dem Hof arbeiten sein Bruder, sein Vater, dazu vier Angestellte. Sie
       bewirtschaften 300 Hektar Acker und 100 Hektar Grünland. Bäuerliche
       Landwirtschaft, nicht groß, nicht klein. Viele Bauern haben sich, wegen des
       Konkurrenzdrucks, spezialisiert. Der Zoch-Hof nicht. Es gibt auf dem Hof,
       neben dem Acker, Gänse, Enten, Hühner, 50 Schweine, 100 Mutterkühe und
       Kälber.
       
       Trotz Klimawandel und explodierten Ackerpreisen läuft das Geschäft – wie
       man auch an dem properen Mittelklassewagen auf dem Hof sieht. Das Geschäft
       mit den Kälbern läuft gut. Und Zoch verkauft seit fünfzehn Jahren ein paar
       Stunden in der Woche Kartoffeln, Eier, Marmelade, Apfelsaft, Würste,
       Schweine- und Rinderbraten in einem kleinen Laden. Alles vom Hof.
       
       Das war als Zusatz gedacht, jetzt ist es Rettung. Wie man Würste macht, hat
       er vom Vater gelernt. „Meine Philosophie war es, einen Kreislauf zu haben.
       Die Tiere werden hier geboren und hier getötet, ohne Transport.“
       
       ## Gesellschaft von der Landwirtschaft entfremdet
       
       Skeptisch sieht er die Städter, die „Weizen und Gerste nicht
       auseinanderhalten können, aber uns schief anschauen, wenn wir Glyphosat
       oder Gülle aufs Feld bringen“, sagt er. „Wenn Glyphosat verboten wird,
       werde ich viel stärkere Chemikalien einsetzen müssen. Wie soll ich sonst
       die Quecke aus dem Feld bekommen?“
       
       „Die Gesellschaft“, sagt er, „hat sich von der Landwirtschaft entfremdet.“
       Zoch hat auf einem Ökohof in Templin Landwirt gelernt, sich aber gegen die
       Umstellung seines Hofs auf Bio entschieden. Öko passe hier nicht. Zu viel
       „wechselnde Böden und steife Lehmecken“. Ohne Dünger und Pflanzenschutz
       komme man hier nicht aus. Die 100 Hektar Wiesen und Grünland bewirtschaftet
       er indes ohne Chemie.
       
       Und die Landtagswahl in Brandenburg? Mit denen von der AfD will er nichts
       zu tun haben. Frustrierte, mit denen man nicht reden könne. Die Grünen hält
       er für Weltverbesserer.
       
       ## Für nichts in der Welt in der Stadt wohnen
       
       Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2019 hat er für die Freien Wähler
       kandidiert. Weil die praktisch denken, sagt er, und die bäuerliche
       Landwirtschaft unterstützen, nicht die Industrielandwirtschaft.
       
       Sein politischer Wunsch: dass die Agrarindustrie weniger, die kleinen und
       mittleren Bauern mehr gefördert werden. Seine Idee: Man müsse die ersten
       100 Hektar stärker subventionieren und ab 1.000 Hektar weniger.
       
       Was er in zehn Jahren machen will? Das Gleiche wie jetzt. Bauer sein, wie
       sein Vater und sein Großvater und wie es, so hofft er, seine Kinder sein
       werden. Sternhagen mag er, weil es fast noch aussieht wie früher. Und wegen
       der Wiesen und Felder, Seen und Wälder. Kürzlich hat ein Fuchs 30 Hühner
       und Gänse bei ihm gerissen. Zoch hat einen Elektrozaun gelegt. Seitdem ist
       Ruhe im Hühnerstall.
       
       „Ich möchte nie in der Stadt wohnen. Für nichts in der Welt“, sagt er.
       
       3 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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