# taz.de -- Identität von Fußballprofi Bakery Jatta: Die Beweislage ist dünn
       
       > Ein Spieler des HSV aus Gambia soll anders heißen, als er behauptet. Auch
       > beim Alter soll er gemogelt haben. Schon ist von Abschiebung die Rede.
       
 (IMG) Bild: Ist Bakery Jatta (links) der, der er vorgibt zu sein?
       
       BERLIN taz | Der Bild-Zeitung scheint alles klar zu sein: Der eine Mann
       heißt [1][Bakery Jatta], der andere Bakary Daffeh, doch es ist ein und
       dieselbe Person: Ein Fußballprofi aus Gambia, der jetzt als Jatta beim
       Hamburger SV spielt, und eigentlich am 6. November 1995 geboren wurde. Als
       er 2015 über das Mittelmeer nach Deutschland kam, habe sich dieser Daffeh
       aber als Jatta ausgegeben und drei Jahre jünger gemacht. Als 17-Jährigem
       habe ihm ja keine Abschiebung gedroht.
       
       Für Sulayman Kuyateh ist die Sache auch klar, nur anders. Der gambische
       Fußballtrainer, früherer Coach des dortigen Erstligaklubs Brikama United,
       sagt: „Ich kannte ihn als Jatta, nicht als Daffeh.“ Von einer falschen
       Identität könne keine Rede sein. In Gambia sei es sehr normal, dass man mit
       verschiedenen Namen auftritt.
       
       Kuyateh nimmt die Berichte aus Deutschland nicht ernst. „Ich glaube, das
       ist alles nur ein Gerücht.“ An Jattas Integrität lässt Kuyateh keinen
       Zweifel: „Ich würde ihn vor jedem Gericht verteidigen, denn er ist zu
       ernsthaft, um so etwas zu machen.“ Das bestätigt auch ein von der taz
       befragter gambischer Sportjournalist: „Die Sache ist hier nicht in den
       Nachrichten, weil man es nur als unwichtiges Gerücht wahrnimmt.“
       
       Bakery Jatta kam 2015 zunächst in Niedersachsen unter, dort wurde sein
       Fußballtalent erkannt, ein Probetraining bei Werder Bremen vermittelt, doch
       Jatta entschied sich selbst für den HSV, der sich auch um das Talent
       bemühte. Auf der HSV-Website erschien 2016 ein Interview, in dem Jatta
       sagte, er habe in Afrika nie für einen Verein gespielt. Bald wurde auch
       Bild auf den jungen Mann aufmerksam und schrieb die große Story vom
       Mittelmeerflüchtling, der es zum begehrten Fußballstar gebracht hat.
       
       ## Spur würde sich im Sommer 2015 verlieren
       
       Doch Sport-Bild behauptet nun, Daffeh habe sich nur als Jatta ausgegeben.
       Dessen Spur verliere sich seit Sommer 2015 – „in der Zeit, als Jatta in
       Deutschland ankam“. Daffeh alias Jatta sei eben nicht das
       Fußballwunderkind, das noch nie bei einem Verein gespielt habe. Vielmehr
       sei er U20-Nationalspieler gewesen, als Profi auch im Senegal und in
       Nigeria unter Vertrag. Angedeutet wird also Asylbetrug, die Rede ist ja
       schon von Abschiebung.
       
       Und an diesem Sonntag tritt der HSV im DFB-Pokal beim Chemnitzer FC an. Ein
       Verein, dem vorgeworfen wird, einen „Asylbetrüger“ zu beschäftigen, trifft
       auf den Klub, der dauerhaft wegen rechtsextremer Verbindungen im Gerede ist
       und der gerade ein massives Problem mit seinen Fans hat, nachdem er einen
       [2][Spielern wegen dessen Kontakten zur Neonaziszene] beurlaubt hat.
       
       Nach einem 0:4 verlorenen Ligaspiel, bei dem Jatta 65 Minuten spielte, hat
       der 1. FC Nürnberg Protest beim DFB eingelegt. Was passiert, wenn der HSV
       mit Jatta in Chemnitz aufläuft – und gar gewinnen sollte – mögen sich
       Szenekenner nicht vorstellen.
       
       Allein: Die Belege, die Sport-Bild herbeigeschafft hat – zwei ehemaligen
       Daffeh-Trainern wurden Fotos von Jatta zugeschickt, die diesen als Daffeh
       identifizierten – sehen eher schwächlich aus. Sulayman Kuyateh, Jattas
       Ex-Trainer bei Brikama United, sagt: „Die beiden Trainer, mit denen die
       Bild-Zeitung gesprochen hat, wollen nur Geschichten über den jungen Spieler
       verkaufen. Sie wissen kaum etwas über ihn und seine Karriere.“
       
       ## „Er hat einen gültigen Pass“
       
       Jattas Arbeitgeber, der HSV, verweist darauf, dass er einen gültigen
       Reisepass und eine Aufenthaltsgenehmigung hat. „Bakery hat sich seit seiner
       Ankunft bei uns als tadelloser Sportsmann und als verlässlicher Mitspieler
       gezeigt“, erklärt HSV-Boss Bernd Hoffmann. „Er hat sich schnell in unsere
       Mannschaft und in unseren Klub integriert. Wir schätzen ihn als Spieler und
       Menschen.“
       
       Im Jahr 2016, als er Jatta unter Vertrag nehmen wollte, ließ der HSV den
       Spieler, der als 18-jährig galt, medizinisch untersuchen. Laut damaligem
       HSV-Sportchef Peter Knäbel kam heraus, dass „die biologische Entwicklung
       abgeschlossen ist“.
       
       Auch Jattas Berater Efe-Firat Aktas verweist im Hamburger Abendblatt
       darauf, dass es keinen begründeten Zweifel an Jattas Identität und Alter
       gibt: „Er hat einen gültigen Pass. Der wurde überprüft. Alles andere ist
       für uns nicht relevant.“ Die Aufenthaltsgenehmigung hat Jatta im Sommer
       2015 erhalten, als er in Deutschland ankam, und sich als 17-Jähriger
       vorstellte. Wenn die Angaben falsch wären, erklärte Falko Droßmann, der
       zuständige Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte im NDR, „dann wird auch der
       Aufenthalt rückwirkend verwirkt“. Auch Droßmann spricht von möglicher
       Abschiebung.
       
       Derzeit ermittelt auch der DFB, ob ein Verstoß gegen das Sportrecht
       vorliegt: Grund für die DFB-Untersuchungen ist der Protest des 1. FC
       Nürnberg. Dass der Club damit durchkommt, glaubt aber niemand.
       
       8 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
 (DIR) Nyima Jadama
       
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