# taz.de -- Debatte über Vermögensteuer: Grüne bleiben lieber vorsichtig
       
       > Der SPD-Vorstoß für eine Vermögensteuer stößt bei den Grünen auf
       > gebremste Begeisterung. Parteichef Habeck wirbt lieber für eine
       > Digitalsteuer.
       
 (IMG) Bild: Würden sie für die Vermögenssteuer kämpfen? Annalena Baerbock und Robert Habeck in Dresden
       
       DRESDEN taz | Eigentlich sind die Grünen ja für eine Vermögensteuer. So hat
       es ein Parteitag beschlossen, so steht es in ihrem Programm. Dennoch fällt
       [1][die Begeisterung über den SPD-Vorstoß] gedämpft aus. Gefragt, was er
       davon halte, sagt Grünen-Chef Robert Habeck, dass es „ohne Frage richtig“
       sei, „dass höhere Vermögen einen größeren Beitrag zum Steueraufkommen
       leisten müssen“. Aber dann folgen mehrere Abers und Abschwächungen.
       
       Aus Union und SPD komme „in großer Hektik jeden Tag irgendein neuer
       Vorschlag“, betonte Habeck am Montag bei einer Vorstandsklausur in Dresden
       – alles mit einer Haltbarkeit von 24 Stunden. Die SPD regiere, aber dem
       Staat entgingen durch Schlupflöcher viele Milliarden, es gebe keine
       Finanztransaktionssteuer und keine Digitalsteuer. Habecks Fazit:
       „Eigentlich ist der Appell: Tut das Mögliche, das Naheliegende.“
       
       Manchmal ist die Tonlage entscheidend. Habeck unterstellt der SPD
       Unernsthaftigkeit, verweist auf andere Themen, lenkt also ab. Das
       „Naheliegende“ ist die Vermögensteuer für die Grünen jedenfalls nicht.
       Statt sich darüber zu freuen, dass die SPD auf die Linie von Grünen und
       Linkspartei schwenkt, ist die grüne Botschaft: Vermögensteuer schon, im
       Prinzip jedenfalls, aber lasst uns lieber über Wichtigeres reden.
       
       Am Dienstag legt [2][Habeck] nach – mit einem ganz anderen Vorstoß in der
       Steuerpolitik. Finanzminister Olaf Scholz müsse endlich die Digitalsteuer
       in Deutschland voranbringen, fordert er. Die SPD sinniere abstrakt über
       eine Vermögensteuer, während [3][Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
       Europa vormache, „wie man dem Steuerdumping großer Digitalunternehmen einen
       Riegel vorschieben kann.“] Wieder dimmt der Grünen-Chef die Idee der
       Vermögensteuer herunter.
       
       ## Erbitterter Widerstand
       
       Frage an Grünen-Chef Habeck: Warum freuen Sie sich nicht, dass die SPD ein
       wichtiges linkes Projekt unterstützt? Er wiederholt, dass hohe Vermögen
       mehr zum Staatsaufkommen beitragen müssten. Aber das Wort Konzept für die
       SPD-Ideen zu verwenden, sei mutig, das sei ein „Wahlkampf-Gimmick auf den
       letzten Metern“. Man müsse aber weiter darüber nachdenken, wie man die
       Besteuerung hinbekäme. Begeisterung klingt anders.
       
       Wer im Ungefähren bleibt, ist weniger angreifbar – das haben die Grünen
       gelernt. Die Vermögensteuer wird, anders als eine Digitalsteuer, von
       Konservativen, Liberalen und Wirtschaftsverbänden scharf attackiert – und
       als sozialistischer Irrsinn diffamiert. Ein klares Ja könnte die Grünen
       Stimmen in konservativen Wählermilieus kosten, in denen sie zunehmend
       erfolgreich sind. Die Steuer ist außerdem ein Symbol für ein Linksbündnis
       im Bund, weil sie nur gegen den erbitterten Widerstand der Union eingeführt
       werden könnte. An solch einer Lagerverortung hat die Grünen-Spitze kein
       Interesse.
       
       Aus der zweiten Reihe kam hingegen grünes Lob für die SPD. „Gut, dass jetzt
       wieder über die Vermögensteuer diskutiert wird“, twitterte Sven Lehmann,
       der sozialpolitische Sprecher der Fraktion. „Wir müssen stärker investieren
       – in Klimaschutz, Infrastruktur und sozialen Zusammenhalt.“
       Arbeitsmarktexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn schrieb: „Die reichsten ein
       Prozent müssen sich definitiv stärker an der Finanzierung der öffentlichen
       Aufgaben beteiligen.“
       
       Die Vermögensteuer war bei den Grünen lange und heftig umstritten. Die
       einen sind entschieden dafür, die anderen lehnen sie ebenso entschieden ab.
       Der Streit wurde auf einem Parteitag in Münster Ende 2016 entschieden. Die
       Delegierten stimmten mehrheitlich für die Steuer. Die Formulierung im
       Wahlprogramm 2017 klingt wegen interner Kompromisse maximal vorsichtig. Die
       Grünen, heißt es da, wollten „eine verfassungsfeste, ergiebige und
       umsetzbare Vermögensteuer für Superreiche“.
       
       28 Aug 2019
       
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