# taz.de -- Die Wahrheit: Taxi zum Brexit
       
       > It’s definitely almost time to say goodbye: Wenn die Briten Blowjobs
       > geben, bleibt nicht nur Europäern die Spucke weg.
       
 (IMG) Bild: Was noch vereint sich zeigt, wird alsbald getrennt: Hunde auf Anti-Brexit-Demo vom 3.9. in London
       
       Eine englische Freundin hat einmal einem Taxifahrer einen Blowjob gegeben
       in dem Glauben, dass sie so für die Taxifahrt nicht bezahlen müsse und Geld
       sparen könne. Der Taxifahrer war aber gar nicht einverstanden mit dem Plan.
       Als sie fertig war, verlangte er von ihr trotzdem zwanzig Euro. „Aber was
       ist mit dem BJ, den ich dir gerade gegeben habe?“, fragte sie. „Das war
       doch deine Idee gewesen“, antwortete er. „Ich habe dich einfach machen
       lassen.“
       
       Und dann sitzt sie mit mir im Café und hält mir einen Vortrag über mein
       Verhalten fremden Männern gegenüber. „Ich würde mir wünschen, du würdest
       dich mehr schützen“, sagt sie nachdenklich. „Du gibs't Männern echt den
       falschen Eindruck manchmal. Ich denke, du wärst viel glücklicher im Leben,
       wenn du bei fremden Männern einen seriöseren Eindruck hinterlassen
       würdest.“
       
       Ich nicke und erwähne nichts von dem Taxifahrer. So ungefähr, denke ich,
       muss es sich für einen EU-Europäer anfühlen, wenn Briten anfangen, Vorträge
       über die „undemokratische“ EU zu halten. Als Mitbritin ist das schon nervig
       genug! Aber wenn ich Alt-EU-Bürgerin wäre, ich würde es nicht aushalten.
       Und ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich eine Alt-EU-Bürgerin wäre,
       die in Großbritannien lebt. Ich bin, ehrlich gesagt, schon ein bisschen
       überrascht, dass die ganzen Polen, Deutschen und Portugiesen noch keine
       europäische Version des IS gegründet haben.
       
       „Die EU ist aber ziemlich undemokratisch!“, sagt ein Straßenfeger zu mir,
       als ich bei einem London-Besuch die Mama zur Frisur bringen muss. „Niemand
       kann behaupten, dass die EU eine demokratische Institution ist“, flüstert
       mir eine ältere Dame an der Bushaltestelle zu. „Demokratie ist nicht gerade
       die Stärke der EU, oder?“, begrüßt uns der Busfahrer. Es ist wie im
       Musical, nur leider total scheiße.
       
       ## God save the Queen
       
       Ich nicke und sage gar nichts. Ich sage nicht, dass das Staatsoberhaupt
       dieses Landes, die Queen, nicht vom Volk oder wenigstens indirekt von den
       Volksvertretern, also Politikern, gewählt worden ist, sondern angeblich von
       Gott selbst, denn angeblich hatten irgendwann mal irgendwelche Vorfahren
       unserer Queen magische Spermien in ihren magischen Genitalien. Und wer
       braucht da schon Demokratie, wenn die Spermien magisch sind?
       
       Ich erwähne auch nicht, dass kein einziger Mensch, der im zweiten Haus
       sitzt, dem House of Lords, also dem Oberhaus, demokratisch gewählt wurde.
       Ich erwähne auch nicht, dass neunzig dieser sogenannten Lords, die dort
       sitzen, nicht nur nicht gewählt wurden, sondern einfach die Nachfahren der
       Nachfahren der Nachfahren irgendwelcher magischer Spermienbesitzer sind.
       
       Und, was echt das Schlimmste ist, finde ich, ist, dass viele von ihnen, das
       sind immer mindestens 26, demokratische Entscheidungen blockieren können,
       einfach, weil sie die Macht dazu haben, weil sie nämlich, o my lord,
       Repräsentanten der Kirche sind. In Großbritannien lernt man schon in der
       Grundschule, dass einer der tausend Gründe, stolz eine Britin oder ein
       Brite zu sein, die Tatsache ist, dass wir die älteste Demokratie der Welt
       sind. Was die Grundschulkinder aber nicht lernen, ist, dass die Briten nur
       dann demokratisch sind, wenn man sie mit dem Iran vergleicht. Eigentlich
       ist es eine Schande, das britische System. Auch ohne Boris Johnson, auch
       ohne Brexit, auch ohne die verordnete Zwangspause des Parlaments.
       
       ## Demokrexit
       
       Apropos Boris Johnson: ein Premierminister, der, wie demokratisch!, nur von
       92.153 Briten – allesamt Tories – gewählt worden ist. Und jetzt hat er das
       Parlament suspendiert, um seinen No-Deal-Brexit durchziehen zu können. Wenn
       er damit durchkommt – und ich hoffe sehr, dass er damit nicht durchkommt –,
       werden die Briten zugeben müssen, dass ihre Demokratie nicht wirklich
       demokratisch ist.
       
       Ja, die Brexiteers sind so heuchlerisch wie eine Freundin, die einem
       Taxifahrer einen bläst, ohne dafür das Taxigeld erlassen zu bekommen, und
       dann versucht, dir klarzumachen, dass du unseriös wirkst. Und vernünftiger
       sind sie auch nicht.
       
       17 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jacinta Nandi
       
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