# taz.de -- Die Wahrheit: Der Liebe Ein- und Zweiklang
       
       > Gegensätze ziehen sich an, aber ziehen die sich auch aus? Ein Versuch in
       > dauerhafter Paarbildungsstrategie und wie er trotzdem gelingen kann.
       
       Liebe, das ist der Gleichklang zweier Herzen. Vereint in Weg und Ziel. Vor
       allem aber im Ziel, von dem aus sich beide gemeinsam auf den Weg machen.
       Oder wie Konfusion, der große ostwestfälische Weise, sagt: „Getrennte Wege
       sind ein sicherer Weg, um auseinanderzugehen.“
       
       Bei der Meinen und mir allerdings ist es anders. Wir haben bei jedem Ziel
       stets unterschiedliche Wege. Immer! Tanz zum Beispiel ist das Symbol des
       gemeinsamen Weges zu Liebe und Ekstase, aber sie will sich partout von mir
       nicht drehen lassen. Ostwestfälischer Schieber, die Krönung des Paartanzes
       in meiner Heimatregion, weit populärer als Foxtrott und Walzer, erfordert
       Drehung und ein wenig Demut von ihr, wenn er sie dreht.
       
       Natürlich kann auch sie sich eindrehen. Aber doch bitte an Stellen, wo es
       passt. Sie sagt dann: „Du tanzt ganz komisch.“ – „Ich tanze nicht komisch,
       ich tanze richtig!“ Sie lächelte zweideutig: „Lass uns lieber auseinander
       tanzen.“
       
       Als wir das erste Mal nach der Wäsche Laken und Bettbezüge zusammenlegen,
       zeigt sich: Wo ich quer falte, faltet sie längs. Wo sie längs greift,
       greife ich quer. Darauf sie: „Warum machst du das denn so komisch?“ – „Das
       ist nicht komisch. So haben wir das immer gemacht.“ – „Wir?“ – „Meine
       Mutter und ich! Für die Heißmangel.“ – „Aber das ist doch komisch!“ –
       „Willst du mir sagen, meine Mutter nimmt ihr Leben lang die Wäsche
       ‚komisch‘ zusammen?“
       
       ## Spargel mit Nudeln, oder Nudeln mit Spargel?
       
       Wir haben stets mindestens zwei Sichten auf die gleiche Sache. Sie kocht.
       Spargel mit Nudeln. Sie gibt die Nudeln dazu, hält etliche zurück, sieht
       meinen fragenden Blick und erklärt: „Es sind zu viele Nudeln!“ Ich sage mit
       ostwestfälischer Entschiedenheit: „Zu viele Nudeln gibt es nicht.“ Sie
       versucht zu erklären: „Die versauen das Verhältnis von Spargel und Nudel.“
       Ich verlasse geschlagen die Küche. Am Ende ist zumindest sie satt. „Hat
       doch gepasst,“ sagt sie. „Oder hast du noch Hunger?“ Es gibt Situationen,
       in denen kann ich nicht ehrlich antworten.
       
       Wenn es bei einer Sache zwei oder mehr Möglichkeiten gibt, nehmen die Meine
       und ich garantiert nie die gleiche. Das war in den Anfangsjahren unserer
       Beziehung nicht einfach. Man denkt ja, man habe recht, immer und bei allem.
       Also bei uns dachte sie vor allem, sie habe recht. Ich war komplett
       erstaunt, wie jemand so bescheuert sein könnte, es gerade nicht so zu
       machen, wie ich dachte, dass es gemacht werden müsste. Sie umgekehrt war
       entsetzt und überlegte, wen sie sich da angelacht haben könnte, einen Mann,
       der so dämlich war, es nicht einmal so zu machen, wie sie es tat, sondern
       es jedes Mal anders zu tun. Inzwischen haben wir das beide erkannt. Also,
       ich habe es erkannt. Ich weiß, dass es so ist.
       
       Inzwischen mache ich etwas manchmal ohne Diskussion anders, als ich es tun
       würde, also genau so, wie sie es machen würde. Sie wundert sich darüber
       kein bisschen und sagt: „Ich hab das ja schon immer so gemacht. Ich freue
       mich aber, dass du das endlich auch eingesehen hast.“
       
       17 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Gieseking
       
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