# taz.de -- SUV-Boom in Deutschland: Schnell und schwer
       
       > Kein Fahrzeugsegment wächst so rasch wie das der SUVs. Das könnte teuer
       > werden – auch für die deutsche Autobranche.
       
 (IMG) Bild: Greenpeace blockiert bei einer Aktion in Bremerhafen die Einfuhr von „Klimakillern“
       
       BERLIN taz | BMW jubelt. Trotz Handelskrieg, Brexit und allgemeiner
       Schwäche der Autoindustrie – der Münchner Autobauer konnte im vergangenen
       Monat von seiner Stammmarke 157.889 Wagen absetzen und damit 4,1 Prozent
       mehr als ein Jahr zuvor. Verantwortlich für das Plus: SUVs. Von diesen
       schweren „Sport-Geländewagen“ verkaufte BMW gut ein Drittel mehr als ein
       Jahr zuvor. „Unsere neuen X-Modelle sind bei den Kunden sehr beliebt“,
       sagte Vertriebschef Pieter Nota am Montag vor Beginn der Automesse IAA in
       Frankfurt am Main stolz. Die Geländewagen machten inzwischen knapp die
       Hälfte der verkauften Autos aus.
       
       BMW ist nicht der einzige Autobauer, der auf den SUV-Boom setzt. Obwohl die
       Branche schwächelt, ist der Anteil der verkauften SUVs bei Volkswagen, Opel
       und Daimler ähnlich hoch. Nach Branchenschätzungen werden in diesem Jahr
       erstmals über eine Million der geländegängigen Limousinen in Deutschland
       neu zugelassen. Der Marktanteil werde auf rund ein Drittel steigen. Jedes
       dritte in Deutschland verkaufte Auto wird dann ein SUV sein.
       
       Dieser hohe Anteil überrascht: SUVs stehen in der Kritik, sehr viel mehr zu
       verbrauchen als Kompaktwagen. Das Gewicht ist höher, die Motoren sind
       größer, zudem sind die Wagen weniger windschnittig. Ein großes Problem
       stellen sie für Innenstädte dar: SUVs brauchen breite Parkplätze in immer
       volleren Städten, wo der Raum knapp ist und der Verkehr dichter wird.
       
       Das scheint viele Autokäufer nicht abzuschrecken. Aus Umfragen geht hervor,
       dass sie an den Wagen den „bequemeren“ Einstieg schätzen, das „subjektiv
       höhere Sicherheitsempfinden“. Fahrer hätten einen „besseren Überblick“. Vor
       allem aber halten viele Käufer einen SUV für das sehr viel „imposantere
       Auto“ als einen Kompaktwagen.
       
       ## Autobauern drohen saftige Strafgelder
       
       Kurzfristig mögen die Autokonzerne mit den margenträchtigen SUVs ein gutes
       Geschäft machen. Doch das wird sich rasch ändern. Denn SUVs erfüllen
       überhaupt nicht die politischen Vorgaben, die demnächst in Kraft treten
       werden. Bereits ab dem nächsten Jahr müssen EU-weit sämtliche
       Autohersteller den durchschnittlichen Verbrauch aller ihrer in Europa
       verkauften Autos auf 95 Gramm pro Kilometer drücken. Von diesem Wert sind
       die deutschen Autobauer aber weit entfernt. Ihnen drohen saftige
       Strafgelder. [1][Das Handelsblatt hat vorgerechnet]: BMWs Spitzenmodell X7
       bläst rund 200 Gramm CO2 in die Luft. Bietet BMW dieses Modell auch im
       kommenden Jahr noch an, müsste das Unternehmen pro verkauftes Fahrzeug rund
       10.000 Euro Bußgeld an die EU-Kommission zahlen. Von der Marge bliebe nicht
       mehr viel übrig.
       
       Der VW-Konzern hat angekündigt, bis 2025 ein Viertel seiner Flotte mit
       Elektro- oder Hybridantrieben auszustatten. BMW hat eine Reihe von
       Elektrofahrzeugen für 2023 angekündigt. Daimler will sogar 2022 seine
       gesamte Flotte elektrifizieren. Doch auch bei der neuen Antriebstechnik
       setzen sie auf SUVs. Der Aachener Mobilitätsexperte Achim Kampker
       kritisiert die meisten Elektroautos, die in diesen Tagen auf der IAA
       vorgestellt werden. Sie hätten „mit neuem Denken nichts zu tun“.
       Stattdessen folgten die Autobauer weiter dem Prinzip „Höher, schneller,
       weiter“. [2][„Es reicht nicht, einfach den Verbrenner-SUV durch den
       Elektro-SUV zu ersetzen“, sagte Kampker dem Spiegel.]
       
       Diese Kritik hat auch eine Protestinitiative aufgegriffen. Ein Bündnis mit
       dem Namen „Aussteigen“, dem sich auch [3][Greenpeace], der
       Fahrradfahrerclub ADFC und die vor allem gegen den Diesel kämpfende
       Deutsche Umwelthilfe (DUH) angeschlossen haben, wollen am Samstag mit einer
       Großdemonstration gegen die IAA protestieren. „Solange SUVs statt kleiner
       Elektromobile das Bild bestimmen, bleibt der Autoverkehr das Sorgenkind des
       Klimaschutzes“, erklärten die Autogegner. „Stadtpanzer raus aus unseren
       Städten“, fordert DUH-Chef Jürgen Resch. Es müsse einen sofortigen
       Verkaufsstopp geben. Die Verbraucher rief er zu „Verbrenner-Fasten und
       SUV-Schämen“ auf.
       
       9 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.handelsblatt.com/technik/sicherheit-im-netz/klimaziele-der-suv-wahnsinn-warum-die-autoindustrie-sehend-in-eine-falle-tappt/24976708.html
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/auto/aktuell/streetscooter-gruender-achim-kampker-die-branche-hat-nicht-umgeschaltet-a-1285652.html
 (DIR) [3] https://www.greenpeace.de/themen/energiewende/mobilitaet/mit-dem-suv-die-klimakrise
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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