# taz.de -- Shortlist Deutscher Buchpreis 2019: Von Bienen und Fußballstars
       
       > Die Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht. Die sechs Titel bilden
       > eine interessante Auswahl – über die sich trefflich streiten lässt.
       
 (IMG) Bild: Diese sechs Bücher machen das Rennen unter sich aus
       
       Die [1][Shortlist für den Deutschen Buchpreis] ist raus – und es ist eine
       Auswahl, über die sich trefflich streiten lässt. Die Jury hat am
       Dienstagmorgen die sechs Titel bekannt gegeben, aus denen am 14. Oktober
       der Gewinner des wichtigsten deutschen Literaturpreises gekürt wird.
       
       Nominiert sind Miku Sophie Kühmel („Kintsugi“, S. Fischer Verlag), Tonio
       Schachinger („Nicht wie ihr“, Kremayr & Scheriau), Norbert Scheuer
       („Winterbienen“, C.H.Beck), Saša Stanišić („Herkunft“, Luchterhand), Jackie
       Thomae („Brüder“, Hanser Berlin) und Raphaela Edelbauer („Das flüssige
       Land“, Klett-Cotta). Dies teilte die Jury um Sprecher Jörg Magenau in
       Frankfurt mit.
       
       Welche Geschichten werden erzählt in diesen Romanen? Es gibt einen
       nicht-heteronormativen Familienroman („Kintsugi“), überraschenderweise hat
       es die Story eines schwerreichen Jungfußballers auf die Liste geschafft
       („Nicht wie ihr“) – und ein Tagebuch führender, epilepsiekranker
       Bienenzüchter, der Jüdinnen und Juden in der NS-Zeit bei der Flucht hilft
       und zugleich eine Affäre mit der Frau eines NS-Funktionärs hat, steht auch
       auf der Liste („Winterbienen“).
       
       Des Weiteren wäre da ein metaphorisches Loch in der Landschaft, das die
       NS-Abgründe Österreichs symbolisiert („Das flüssige Land“), die Geschichte
       zweier ungleicher dunkelhäutiger „Brüder“ sowie eine unterhaltsame Suche
       nach der eigenen „Herkunft“ im ehemaligen Jugoslawien.
       
       Eine mögliche Bilanz der diesjährigen Shortlist wäre: Zwei
       Migrationsgeschichten, zwei NS-Rekurrenzen, einmal Antikapitalismus, einmal
       Ehe für alle. Bei dieser Lesart der Liste könnte man sagen, es sei eine
       politische Auswahl oder die gesellschaftliche Politisierung zeige sich auch
       in der Literaturlandschaft.
       
       ## Literaturbingo
       
       Zu den Autor_innen kann man konstatieren: Drei Frauen, drei Männer, oder
       auch: zwei Österreicher_innen, vier Deutsche, davon zwei mit
       Migrationshintergrund. Drei Debütant_innen sind dabei, alle unter Dreißig.
       Und von den großen Verlagen sind weder Rowohlt noch Suhrkamp vertreten, das
       ist überdies auffällig.
       
       Streitbar ist diese Liste deshalb, weil zum Beispiel Autoren wie Jan Peter
       Bremer fehlen, der die Nominierung spätestens mit der stilistisch
       brillanten Novelle „Der junge Doktorand“ (Berlin Verlag) wirklich mal
       verdient gehabt hätte.
       
       Berit Glanz' Debüt „Pixeltänzer“ (Schöffling), das gefeiert wurde als
       zeitgemäße Tinder- und Start-Up-Prosa, fehlte schon auf der Longlist, genau
       wie Steffen Kopetzkys toller historischer Roman „Propaganda“ (Rowohlt
       Berlin). Eine Überraschung sicherlich, dass Nora Bossongs „Schutzzone“ über
       eine UN-Mitarbeiterin nicht nominiert wurde.
       
       Bei Miku Sophie Kühmels „Kintsugi“ kann man sich über diese Nominierung
       dagegen wundern, findet man angesichts einer adjetivüberladenden Sprache
       doch kaum in die Romanhandlung hinein. Jackie Thomaes „Brüder“ überzeugt
       sprachlich und stilistisch zwar weitaus mehr, aber auch hier könnte das
       Thema – Migrationsgeschichte, Neunziger, Berlin – mit den Ausschlag für die
       Ernennung gegeben haben.
       
       Nun einen Favoriten für den mit 25.000 Euro dotierten Preis auszumachen,
       wäre pures Literaturbingo. Einen sehr eigenen Sound gefunden haben auf sehr
       unterschiedliche Weise Norbert Scheuer, Saša Stanišić und Raphaela
       Edelbauer. Es wäre nicht das Schlechteste, wenn einer dieser Namen Mitte
       Oktober im Frankfurter Römer genannt wird, wenn es heißt: „Der Deutsche
       Buchpreis 2019 geht an…“
       
       17 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.deutscher-buchpreis.de/nominiert/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Uthoff
       
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