# taz.de -- „Terminator: Dark Fate“ im Kino: In Würde gealterte Maschinen
       
       > Im neuen „Terminator“-Film von Tim Miller gibt es wieder ein
       > Generationentreffen der Killerroboter. Jetzt haben aber Frauen mehr zu
       > sagen.
       
 (IMG) Bild: Differenzen kurz beiseitegelegt: Sarah Connor (Hamilton) und Terminator T-800 (Schwarzenegger)
       
       Da ist dieser eine Satz, der sich aufdrängt, wann immer das Wort
       „Terminator“ auch nur geflüstert wird. Man wird ihm in verschiedenen
       Paraphrasierungen wiederbegegnen in den Überschriften auch zum sechsten
       Film des vor mittlerweile 35 Jahren gestarteten Franchise. Es ist wie ein
       Zwang, dem man sich nicht widersetzen kann, als würde man hypnotisiert,
       geknechtet von einer fremden Kraft, vielleicht ist es ja tatsächlich die
       künstliche Intelligenz aus der Zukunft. Der Satz lautet: „Er ist zurück.“
       
       Alle wissen, was gemeint ist. Selbst die, die nie einen einzigen
       [1][„Terminator“-Film] gesehen haben. „I’ll be back“, sagt Arnold
       Schwarzenegger in der Originalfassung, und man staunt 35 Jahre später noch,
       wie man einer so kurzen Lautfolge so viel österreichische Färbung verleihen
       kann. Die deutsche Synchronfassung kriegt in ihrem „Ich komme wieder“
       allenfalls ein bisschen Maschinenmensch unter, aber immerhin.
       
       Nun ist er also mal wieder zurück, Arnold, dessen Name auch hierzulande
       alle im Geiste mit amerikanischem Akzent aussprechen, vormals die
       Superwaffe aus einer dystopischen Zukunft, in der die künstliche
       Intelligenz die Herrschaft übernommen hat. Er kehrt wieder in einem Film
       mit dem Titel „Terminator: Dark Fate“, der das in der Tat dunkle Schicksal
       der Zukunftsvorstellungen von gestern vor Augen führt: Sie wirken heute
       altbackener als die Vokuhila-Frisur von Linda Hamiltons Sarah Connor im
       Film von 1984.
       
       Denn trotz aller Mühen um Anpassung des alten Stoffes an die Gegenwart
       dominieren doch weiterhin die original achtziger Jahre darin, als
       Zukunftsängste sich noch auf einen Atomkrieg bezogen statt aufs Klima und
       man unter künstlicher Intelligenz sich selbstständig machende
       Kriegsmaschinen vorstellte und nicht etwa zivile Roboter, die uns die Jobs
       wegnehmen. Ähnliches gilt für den Plot, der einerseits nicht zu spoilern
       ist, weil sowieso jeder weiß, was passiert, und über den sich andererseits
       keine zwei Sätze sagen lassen, ohne dass man noch das letzte Quäntchen
       Spannung verdorben hat.
       
       ## Ausgesprochen gut gealtert
       
       Ja, wieder landen nackte Gestalten in Michelangelo-Statuen-Pose vor den
       Augen völlig verschreckter Unbeteiligter. Wieder wird dann eine künftige
       Mutter gejagt, und ja, wieder kommt aus der Zukunft nicht nur die
       Bedrohung, sondern auch Hilfe. Linda Hamilton und Arnold Schwarzenegger
       treten auf und machen „Terminator: Dark Fate“ mit ihren monoton
       ausgesprochenen Einzeilern – „dem werde ich die Fresse polieren!“ –
       endgültig zu einer Retro-Party.
       
       Wobei man vielleicht betonen muss, dass beide Schauspieler ausgesprochen
       gut gealtert sind und ihren jeweiligen Rollen die Würde einer gewissen
       Besonnenheit verleihen. Dann wieder ist man im Fall von Schwarzeneggers
       T-800 irgendwie erleichtert, wenn er die Beziehung zu der Frau, bei der er
       lebt, als „nicht körperlich“ beschreibt.
       
       Das Nostalgie-Feeling steht im eigentümlichen Kontrast zum Marketing, das
       die Modernisierung des Franchises heraushebt. Was damit gemeint ist? Mehr
       „starke Frauen“ natürlich unter den Helden und mehr Diversität bei den
       Darstellern und Darstellerinnen, nicht nur, was Herkunft, sondern auch, was
       Alter angeht.
       
       Natalia Reyes in der neuen Marien-Rolle, Mackenzie Davis als
       Schwarzeneggers Erbe und Linda Hamilton als taffe Alte – was wollt ihr
       mehr, scheint der Film zu fragen, [2][Bechdel-Test bestanden!] Zumal die
       spätere Rettung der Welt auch nicht mehr ausschließlich in männlicher Hand
       zu liegen scheint. So buchstäblich werden die Ansprüche der aktuellen
       Kulturdebatte erfüllt, dass man sich als Zuschauer fast fragt, ob das nicht
       schon „trolling“ ist.
       
       „Terminator: Dark Fate“ ist also ein Film, der alles richtig machen will,
       was vielleicht seine größte Crux ist. Und worin sich der entscheidende
       Unterschied zum Original von 1984 verbirgt: Der „Terminator“ von damals,
       nach heutigen Maßstäben eine Billigproduktion aus der Hand eines noch fast
       unbekannten 29-jährigen James Cameron, wollte zwar auch gefallen und war
       natürlich ein durch und durch kommerzielles Projekt – aber ums
       „Richtigmachen“ hat er sich weniger geschert.
       
       ## Ein anstößiger Bösewicht? Heute nicht
       
       Im Gegenteil. Schwarzeneggers Terminator, der mit stoischer Häme aus zwei
       schweren Geschützen gleichzeitig feuert und sein faschistoides
       Macho-Element noch mit seinem Ösi-Akzent weiter anteaserte, war ein
       anstößiger Bösewicht, gerade weil der Film den Zuschauer an einigen Stellen
       regelrecht dazu verführt, nicht gegen, sondern mit ihm zu jubeln. He’ll be
       back, yeah!!
       
       Diese Art von Anstößigkeit legte das Franchise dann bereits mit seinem
       Sequel „Terminator 2: Judgement Day“ von 1991 ab, wo bekanntlich
       Schwarzeneggers T-800 von der Resistance der Zukunft umprogrammiert wurde,
       sodass er nun für die Guten kämpft und sich vom zehnjährigen John Connor
       das Menschsein und die Moral dazu erklären lässt. Aber Szenenapplaus für
       den Bösen gab es immer noch: Wie Robert Patricks T-1000 seine Gestalt von
       Metallpfütze zu stur blickendem Polizisten wechselte, das hatte eine neue,
       noch nie gesehene visuelle Eleganz.
       
       Als „Special-Effects-Porno“ bezeichnete [3][David Foster Wallace noch 1998
       „Terminator 2“] und lieferte eine Beschreibung dafür, die mehr oder weniger
       auf sämtliche Actionfilme, speziell aber auf deren Sequels zutrifft: Analog
       zu pornografischen Streifen bestünden Filme wie eben „T2“ aus wenigen
       isolierten, spektakulären Szenen, die den Zuschauer sinnlich reizen und
       befriedigen – mühsam zusammengehalten durch endlose Minuten des
       einfallslosen, fast schon lächerlich faden Erzählens. Der
       Original-„Terminator“ von 1984 gilt Foster Wallace dagegen als Meisterwerk:
       „eine finstere, atemberaubend kinetische und praktisch unübertroffene
       metaphysische Maschinenstürmerei“.
       
       ## Der Untergang des Kinos naht und naht und naht
       
       Von heute aus gesehen erscheinen sowohl „T1“ als auch „T2“ als Meilensteine
       des Actionkinos der achtziger und neunziger Jahre, während sich an Sequel 3
       bis 5 kaum noch jemand erinnert, obwohl der letzte, „Terminator 5: Genisys“
       gerade mal vier Jahre her ist. Dass es dem neuen Film mit diesen Sequels
       ähnlich geht, weshalb er nun direkt an die Handlung von „Terminator 2“
       anschließt, mag als Hinweis darauf dienen, dass sogar die Macher sie für
       ziemlich vernachlässigbar, für „Spezialeffekte-Porno“ halten.
       
       Aber bevor man nun der Mirage des „Früher war alles besser“ nachjagt und
       über die Sequel-Flut und die Ideenlosigkeit des modernen Hollywood klagt,
       sei daran erinnert, dass der „Terminator“ 1984 auch schon als Inbegriff
       eines nahenden Untergangs des Kinos galt. Es handle sich um „die reine
       Verklärung und Schönung der Mordlust, die Inkarnation eines faschistoiden
       Männer-Chauvinismus – grausamer, kaltblütiger, offensiver war Hollywood
       nie“, hieß es damals zum Beispiel in der Zeit, wo die Tatsache, dass die
       amerikanische Filmkritik dem noch einen Unterhaltungswert zusprach,
       selbstverständlich als Symptom einer Gesellschaft in der Krise gewertet
       wurde.
       
       So gesehen besteht das vielleicht vernichtendste Urteil über „Terminator 6:
       Dark Fate“ darin, dass das Franchise heute gar nicht mehr auftaucht, wenn
       über den Untergang des Kinos debattiert wird. In der aktuellen Kontroverse,
       in der Regisseure wie Martin Scorsese, Francis Ford Coppola und Ken Loach
       in unterschiedlichen Nuancen die [4][Marvel-Comicverfilmungen kritisieren]
       und im Gegenzug von deren Fans dementsprechend angegangen werden, spielt
       der „Terminator“ auf keiner Seite eine Rolle mehr.
       
       Für eine Filmreihe, die tatsächlich davon lebte, dass sie mehr ein
       gesamtkulturelles Phänomen war denn einzelne, für sich stehende
       Action-Spektakel, ist das ein herber Bedeutungsverlust. „Terminator 6: Dark
       Fate“ mag das beste aller möglichen Sequels sein. Aber es interessiert
       keinen mehr.
       
       24 Oct 2019
       
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