# taz.de -- Parteitag der Brandenburger Grünen: Kenia rückt immer näher
       
       > 81 Prozent der Delegierten stimmen für die Koalition mit SPD und CDU. Das
       > Ergebnis ist wichtig für die laufende Urwahl: Dort ist Beteiligung bisher
       > mau.
       
 (IMG) Bild: Gute Stimmung: Fraktionschefin Ursula Nonnemacher auf dem Parteitag am Samstag
       
       Geht es nach dem bärtigen Grünen gleich an der Eingangstür, dann bräuchte
       es diesen Parteitag gar nicht: „Gratulation zum Ministeramt“, empfängt er
       [1][Ursula Nonnemacher] am Samstag in der Bernauer Stadthalle und reicht
       ihr eine Geschenktüte. Die muss natürlich entgegnen, dass das ja noch nicht
       entschieden sei.
       
       Tatsächlich ist sie – die Spitzenkandidatin der Landtagswahl – erstmal
       weiter Grünen-Fraktionschefin in Brandenburg, und auch dieser Tag ist nur
       ein weiterer Schritt hin zur möglichen Kenia-Koalition mit SPD und CDU. Ob
       Nonnemacher am 20. November im Potsdamer Landtag als Sozialminister
       vereidigt werden, entscheidet eine Urabstimmung bis nächsten Samstag.
       
       Immerhin wird es in Bernau nach mehrstündiger Diskussion ein Stimmungsbild
       geben, eine Empfehlung der Delegierten an ihre Basis, an die inzwischen
       fast 2.000 Mitglieder des Landesverbands. 79 stimmen für „[2][Kenia]“, 15
       dagegen, drei enthalten sich. Das sind rund 81 Prozent Zustimmung. Es ist
       fast das gleich Kräfteverhältnis wie bei einem kleinen Parteitag Ende
       September mit knapp halb so vielen Delegierten, bei dem sich knapp 85
       Prozent für Koalitionsgespräche mit SPD und CDU aussprachen.
       
       Der Parteitag soll nochmal richtig Werbung für die Urabstimmung machen. Die
       ist zwar schon am Dienstag angelaufen. Aber der Rücklauf, so ist von der
       Parteizentrale zu hören, hielt sich vor dem Treffen in Bernau noch in
       Grenzen. Man will offenbar wirklich abwarten, was dort passiert.
       
       Die komplette Parteiführung verteidigt erwartungsgemäß den
       Koalitionsvertrag, schier mantrahaft ist von einer „grünen Handschrift“
       darin zu hören. Wobei ein langjähriger Brandenburger Kenner von Linkspartei
       und Grünen der taz am Rande erklärt: Im Vertrag sei mehr Grün drin als die
       Linkspartei früher mit mehr als doppelt so gutem Wahlergebnis an roten
       Inhalten gegenüber der SPD heraus geholt habe.
       
       Die Vertrags-Verhandler um Nonnemacher heben in ihren Reden vor allem den
       Stopp für neue Braunkohle-Tagebau heraus und Verbesserungen für die Kitas
       hervor. Und sie betonen, Vertrauen zu den anderen möglichen
       Koalitionspartnern gewonnen zu haben. „Ich würde nicht Ja sagen, wenn ich
       nicht das Gefühl hätte, dass da bei SPD und CDU Menschen sind, mit denen
       man auch eine Regierungskrise meistern kann“, sagt etwa Vize-Fraktionschef
       Benjamin Raschke, bei der Landtagswahl neben Nonnemacher Spitzenkandidat.
       
       Den Kritikern aber geht nicht weit genug, was sie gerade in den Abschnitten
       zu [3][Klimaschutz] und Asylpolitik finden. „Eine grüne Handschrift reicht
       uns also? Für mich ist der Vertrag nichts Halbes und nichts Ganzes“, sagt
       eine Rednerin vom Vorstand der Grünen Jugend. Deren Chef Gerrit Prange
       sieht „ein schwaches Narrativ von Mutlosigkeit“ und hält der Parteiführung
       vor, eine konsequente Klimapolitik zu verneinen. Prange geht aber vom
       Mikro, ohne ausdrücklich auf ein „Nein“ zu drängen. Überhaupt ist die
       Wortwahl bei aller Kritik gemäßigt – am weitesten geht ein Delegierter, der
       meint, das Ergebnis in der Klimapolitik sei fatal.
       
       ## Pragmatischer Umgang miteinander
       
       Es ist vielleicht dieser Umgang miteinander, der den Parteitag am meisten
       von Treffen der benachbarten Berliner Grünen unterscheidet. Dort ist der
       Ton schon mal rauher, da sind die Angriffe persönlicher. In Bernau wirkt
       alles Pragmatischer. Und wenn man in die Brandenburger Landespolitik
       gewechselte Grüne wie den frühere Landesvorsitzenden Till Heyer-Stuffer
       oder Ex-Abgeordnetenhausmitglied Thomas Birk fragt, so erleben auch die
       einen guten Umgang miteinander. Es gibt bei diesen Parteitagen nach der
       Wahl, weder beim kleinen im September noch bei dem jetzt in Bernau, auch
       nicht den Hang zur Selbstdarstellung am Mikro, der in Berlin gelegentlich
       zu beobachten ist.
       
       Einer von diesen Berliner Grünen wird eine wichtige Rolle spielen, wenn in
       einer Woche die Urabstimmung beendet ist und das Auszählen ansteht:
       Wolfgang Wieland, lange Zeit Fraktionschef im Abgeordnetenhaus und später
       Bundestagsabgeordneter, soll die Wahlurne mit den Stimmzetteln öffnen.
       
       Auch an seiner Person können die Brandenburger Grünen ablesen, wie weit sie
       bei der Parlamentswahl am 1. September mit ihren 10,8 Prozent gekommen
       sind: Wieland wurde 2004 nach einer inszenierten Übergabe an der Glienicker
       Brücke Spitzenkandidat der Brandenburger Grünen, konnte zwar das Ergebnis
       der vorigen Wahl fast verdoppeln – aber für den Einzug in den Landtag
       reichten 3,6 Prozent dennoch nicht.
       
       10 Nov 2019
       
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