# taz.de -- Kenia-Regierung in Brandenburg: Modell für den Osten
       
       > In Brandenburg formt sich eine Kenia-Regierung aus CDU, SPD und Grünen.
       > Was als Not-Bündnis geboren wurde, könnte sich als Glücksfall erweisen.
       
 (IMG) Bild: Das Kenia-Trio: Woidke (SPD), Nonnemacher (Grüne) und Stübgen (CDU)
       
       Im Osten scheint Kenia, das Bündnis der kriselnden Volksparteien mit den
       Grünen, zum Modell zu werden. CDU, SPD und Grüne regieren in Sachsen-Anhalt
       zwangsweise seit drei Jahren – es gab schlicht keine andere politisch
       machbare Möglichkeit. Auch in Sachsen und in [1][Brandenburg wird bald
       Kenia] regieren. Die AfD ist so stark geworden, dass ein fataler
       Automatismus entsteht: Dieses Bündnis scheint der letzte Ausweg zu werden,
       damit die AfD das politische System nicht lahmlegt. Doch der Preis dafür
       kann Selbstlähmung sein, so wie in Sachsen-Anhalt.
       
       Also Erstarrung überall? In Potsdam ist zu besichtigen, dass dies nicht so
       sein muss. Diese Regierung ist im Vergleich zu ihrer rot-roten Vorgängerin
       kein Ruck nach rechts. Als Innenminister ersetzt ein eher liberaler
       CDU-Mann einen SPD-Hardliner. Es ist eine ironische Pointe, dass die
       bürgerliche Kenia-Regierung nun tut, was Rot-Rot zehn Jahre vermied. Sie
       macht Schulden, leiht sich ein Milliarde Euro für die nächsten zehn Jahre,
       und erweitert die bisherige Finanzplanung um 600 Millionen Euro. Das ist
       angesichts der Niedrigzinsen klug, angesichts von Funklöchern und
       ausgedünntem Bus- und Bahnnetz auf dem Land und maroden Kitas nötig und
       mutiger als die schwarze Null von Olaf Scholz, der davon im Bund nichts
       wissen will.
       
       Die Koalition hat [2][deutlich grüne Akzente]. Es wird in der Lausitz
       keinen neuen Tagebau geben. Und die Grünen haben klug zwei wichtige
       Ministerien an Land gezogen – Soziales und Agrar. Vor allem bei der
       Landwirtschaft gilt es sehr dicke Bretter zu bohren. Die SPD hat dieses
       Ministerium seit 1990 strukturkonservativ geführt. Die Lobby der
       Agrarindustrie hatte immer einen kurzen Draht zur Politik. Der neue
       Koalitionsvertrag klingt nun bei Tierschutz und Ökolandbau vorsichtig. Die
       Öko-Förderung soll nicht zulasten konventioneller Landwirtschaft gehen.
       Fördern statt verbieten. Der Einsatz von Chemie beim Pflanzenschutz soll
       bis 2030 auf die Hälfte sinken, aber nur „nach Möglichkeit“.
       
       Viel wird von dem erfahrenen Axel Vogel als grünem Landwirtschaftsminister
       abhängen. Denn ob die Öko-Wende gelingt, entscheidet sich weniger in
       Formulierungen im Koalitionsvertrag als im alltäglichen Kampf mit
       Lobbygruppen. Wenn die Macht der Agrarindustrie eingehegt wird – für
       Brandenburg wäre das eine halbe Revolution.
       
       Ob Kenia ein Erfolg wird, hängt auch davon ab, ob die Staatspartei SPD
       begreift, dass die Zeit des Durchregierens vorbei ist. Wie man
       Dreier-Bündnisse auf Augenhöhe managt, kann Dietmar Woidke bei Bodo Ramelow
       abschauen: stets präsent, eher bescheiden, immer moderierend.
       
       19 Nov 2019
       
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