# taz.de -- Tim Berners-Lee und das offene Netz: Neun Prinzipien fürs Internet
       
       > Vor 30 Jahren entwickelte Tim Berners-Lee die Idee des World Wide Web.
       > Nun wirbt er mit einer Carta für ein freies und offenes Netz.
       
 (IMG) Bild: Tim Berners-Lee hat die nächste große Idee fürs World Wide Web
       
       Ziemlich genau [1][30 Jahre ist es her], dass der britische Informatiker
       Tim Berners-Lee die Idee des World Wide Web mit einem Arbeitspapier
       vorstellte. Das Übertragungsprotokoll HTTP und das Domainnamensystem, wie
       wir es heute kennen, kamen mit der Webseite des Genfer Cern-Instituts 1991
       erstmals in die Welt und dann ging alles recht schnell.
       
       Ein Riesengeschäft machte Berners-Lee nie aus seiner Riesenidee,
       entsprechend glaubwürdig ist er auch als Repräsentant des sozialen
       Gewissens der Informationsära. In klarer Distanz zur Generation der
       Tech-Gründer*innen aus dem Silicon Valley stand für den Ingenieur der
       kommerzielle Aspekt nie im Vordergrund.
       
       Entsprechend harsch fällt sein Urteil über die dominanten Konzerne im
       Internet aus. In gelegentlichen Wortmeldungen kritisierte Berners-Lee
       wiederholt die Quasimonopolisten, die über gewaltige Datensammlungen mit
       Werbung ihr Geld verdienen und dabei allerlei Desinformationen Reichweite
       verschafften.
       
       Berners-Lee kündigte deshalb 2018 die Schaffung einer „Magna Carta“ für das
       Internet an, und vor wenigen Tagen war es dann tatsächlich so weit. In
       Berlin stellte Berners-Lee den [2][„Contract for the Web“] vor. Darin
       werden neun Prinzipien aufgeführt, nach denen ein freies und offenes Netz
       in Zukunft allen Menschen Nutzen bringen soll. Jeweils drei der Prinzipien
       zielen auf Staaten, Unternehmen und die Nutzer*innen ab.
       
       ## Keine bindende Erklärung
       
       Während Staaten aufgefordert werden, das Netz nicht zu zensieren oder ihre
       Bürger*innen zu überwachen, sollen Unternehmen ihren Profit nicht vor den
       Zugang der Menschen stellen und Technologien im Interesse aller entwickeln.
       Die Nutzer*innen werden im Contract aufgefordert, sich kreativ einzubringen
       und vor allem für ihr freies Netz zu kämpfen.
       
       Interessant ist, dass das Dokument nicht nur von Bürgerrechtsorganisation
       wie der Electronic Frontier Foundation, Access Now oder Reporter ohne
       Grenzen unterschrieben wurde. Auch die großen Tech-Konzerne gehören zu den
       Erstunterzeichnern: Google, Facebook, Microsoft. Vor nicht allzu langer
       Zeit noch hatte Berners-Lee deren Zerschlagung gefordert.
       
       Sein Contract nun ist derweil eine nicht bindende Erklärung. Es gibt keine
       Instanz, die eine Umsetzung der Prinzipien erzwingen kann. Man kann nur
       hoffen, dass Tim Berners-Lee und seine Getreuen eine Operationalisierung
       ihrer Vorschläge im Ärmel haben, die ähnlich simpel und durchschlagend
       wirkt wie einst das WWW.
       
       2 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://blogs.taz.de/bewegung/2018/10/09/www-erfinder-tim-berners-lee-will-das-internet-retten/
 (DIR) [2] https://contractfortheweb.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Internet
 (DIR) Google
 (DIR) Microsoft
 (DIR) Silicon Valley
 (DIR) CERN
 (DIR) Internet
 (DIR) Schwerpunkt Facebook
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) HTML-Erfinder Tim Berners-Lee: Der Geek mit den guten Absichten
       
       Tim Berners-Lee wollte eigentlich nur, dass alle im Kernforschungzentrum
       CERN aufs Telefonbuch zugreifen können. Das Ergebnis: Die Erfindung von
       HTML.
       
 (DIR) 50 Jahre Internet: Happy Birthday, Stromfresser!
       
       Vor einem halben Jahrhundert ging es los: Das Internet wurde geboren und
       sagte zur Begrüßung „lo“. Seitdem ist es immer hungriger geworden.
       
 (DIR) Gesetze fürs Internet: Facebook ruft nach Mama Staat
       
       Wenn Facebook selbst Regulierung fordert, muss man argwöhnisch werden. Oder
       man versucht zu verstehen, was dahintersteckt.