# taz.de -- Standort des „Arisierungs“-Mahnmals: Am Tiefer oder an der Schlachte?
       
       > Für das Bremer „Arisierungs“-Mahnmal gibt es zwei mögliche Standorte. Der
       > jeweils anvisierte Prüfmodus könnte allerdings einen schon ausschließen.
       
 (IMG) Bild: Topografisch und historisch ein passender Mahnmal-Ort: die Weserarkaden, 1939 noch mit Hafenkränen
       
       BREMEN taz | Für das Bremer „Arisierungs“-Mahnmal gibt es nun offiziell
       zwei Standort-Optionen: Die Kulturdeputation hat einen entsprechenden
       Bericht des Ressorts zur Kenntnis genommen. Nach den Schlachte-Stufen soll
       nun auch ein möglicher Standort am Tiefer geprüft werden: etwas
       weserabwärts des Theaterschiffs, zwischen Kaisenbrücke und Weserarkaden.
       Fraglich ist allerdings, ob die Tiefer-Option angesichts sehr hoch
       angesetzter Prüfkosten tatsächlich eine Chance hat.
       
       Das Mahnmal thematisiert die materielle Dimension der Judenverfolgung,
       deren Bedeutung für die breite Zustimmung zur „rassischen“ Verfolgung und
       letztlich für die Stabilität des NS-Staates: Das „Dritte Reich“
       funktionierte auch als Beute-Gemeinschaft.
       
       Jeder Ort in Deutschland hätte daher Anlass, ein „Arisierungs“-Mahnmal zu
       diskutieren. Bremens besondere Rolle in diesem Kontext bezieht sich auf die
       Logistik der „Verwertung“ jüdischen Eigentums. Dazu gehört die erzwungene
       Massenauswanderung über Bremerhaven, wo viele Flüchtende ihr Eigentum
       zurücklassen mussten – und insbesondere die monopolhafte Stellung der
       Spedition Kühne+Nagel beim Abtransport jüdischen Eigentums aus dem
       besetzten Westeuropa.
       
       Bremen war seinerzeit Hauptsitz des Logistik-Konzerns. Mehrheitseigner
       Klaus-Michael Kühne führt den Erinnerungsbedarf eindringlich vor Augen,
       indem er beharrlich die NS-Profite seines Unternehmens bagatellisiert.
       Anfangs wurden diese sogar komplett geleugnet.
       
       All das gerät angesichts der breit diskutierten Frage nach dem Standort für
       das Mahnmal gelegentlich in den Hintergrund. Auf einer nächtlichen Sitzung
       hatte sich der Koalitionsausschuss der vorigen Regierung für den Einbau in
       die Schlachte-Sitzstufen ausgesprochen, als scheinbar einzig möglichen
       Kompromiss.
       
       Der allerdings birgt zwei Probleme: Es handelt sich um einen bereits
       intensiv genutzten Ort. Und der Mahnmalentwurf lässt sich dort nur
       eingeschränkt umsetzen. Er besteht aus zwei rechtwinklig aufeinander
       treffenden Sichtachsen, benötigt daher eine möglichst hohe Geländekante.
       
       Evin Oettingshausen, von der der Entwurf stammt, macht sich daher gemeinsam
       mit der Jüdischen Gemeinde und der Mahnmal-Initiative, die aus der taz
       entstanden ist, für eine Prüfung des Standorts am Tiefer stark. Auch der
       zuständige Ortsbeirat Mitte signalisierte Zustimmung. Das fand Eingang in
       den neuen Koalitionsvertrag, der eine „gleichwertige“ Prüfung beider Orte
       fordert.
       
       Doch laut Kulturressort können die bereits bewilligten 50.000 Euro allein
       für die Schlachte-Planung ausgegeben werden. Für die Prüfung am Tiefer
       seien weitere 60.000 Euro erforderlich. Eine leicht finanzierbare
       Vorprüfung, wie sie an der Schlachte als ohnehin notwendige
       Planungsvorbereitung durchgeführt wurde, lehnt das Ressort für den Tiefer
       ab, mit einer überraschenden Begründung: Von den per Schlachte-Vorprüfung
       ermittelten Gesamtkosten von 660.000 Euro könne es Abweichungen „um mehrere
       Hunderttausend Euro“ geben.
       
       Dennoch basiert auf eben dieser Vorprüfung der gesamte weitere
       Planungsprozess, der für die Schlachtestufen durchgezogen werden soll.
       Synergien mit der im Sommer anstehenden Arkadensanierung am Tiefer, für die
       1,2 Millionen Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung stehen, werden somit
       sehr unwahrscheinlich.
       
       12 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
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