# taz.de -- Temperaturrekord in der Antarktis: Der Südpol schwitzt
       
       > Noch nie war die Antarktis so warm wie heute. Die Eisschmelze könnte
       > schwerwiegende Folgen haben: Die Meeresspiegel steigen stärker als
       > erwartet.
       
 (IMG) Bild: Durch die Erderwärmung verlieren Pinguine am Südpol ihren Lebensraum
       
       SãO PAULO/POTSDAM afp/taz | Forscher haben einen neuen Temperaturrekord in
       der Antarktis verzeichnet. Wie der brasilianische Bodenwissenschaftler
       Carlos Schaefer am Donnerstag mitteilte, wurde an der Nordspitze der
       Antarktis am 9. Februar eine Temperatur von 20,75 Grad gemessen. „Noch nie
       hat es in der Antarktis eine so hohe Temperatur gegeben“, sagte Schaefer.
       Es sei das erste Mal, dass die 20-Grad-Marke überschritten worden sei. Der
       [1][letzte antarktische Temperaturrekord] wurde im Jahr 1982 auf Signy
       Island gemessen, einer subantarktischen Insel vor der Antarktis. Dort waren
       es damals 19,8 Grad.
       
       Die hohen Temperaturen haben schwerwiegende Folgen. Darauf weist eine neue
       Untersuchung vom Freitag hin, an der unter anderem das [2][Potsdam-Institut
       für Klimafolgenforschung (PIK) mitgearbeitet hat:] Die Eisschmelze in der
       Antarktis und der damit zusammenhängende Anstieg des Meeresspiegels könnte
       danach bereits in diesem Jahrhundert deutlich stärker ausfallen als bisher
       erwartet. Laut der Untersuchung eines internationalen Wissenschaftlerteams
       könnte bis zum Jahr 2100 allein dieser Faktor einen Anstieg um 58
       Zentimeter bewirken. Darauf wies PIK-Klimawissenschaftler Anders Levermann
       am Freitag hin.
       
       Allerdings gibt es bei den Prognosen der Experten hinsichtlich der
       Antarktis eine große Bandbreite. Bei unvermindertem Treibhausgasausstoß
       liege der wahrscheinliche Effekt für den Anstieg des Meeresspiegels
       zwischen 6 und 58 Zentimetern, heißt es in der Studie. Gelinge es dagegen,
       die Emissionen rasch zu verringern, liege die Spanne zwischen 4 und 37
       Zentimetern.
       
       Nach Angaben der UNO war das vergangene Jahrzehnt das wärmste auf der
       Antarktis seit Beginn der Aufzeichnungen. Das Abschmelzen der Gletscher und
       Eisschilde in der Antarktis infolge der Erderwärmung ist ein wesentlicher
       Faktor für den Anstieg der Meeresspiegel weltweit. Dennoch betonte
       Schaefer, dass der Temperaturrekord keine Schlussfolgerungen hinsichtlich
       künftiger Klima-Entwicklungen zulasse. Es handele sich sich lediglich um
       einen Datenpunkt.
       
       ## Informationen für den Küstenschutz
       
       „Der Antarktis-Faktor erweist sich als die größte Unbekannte, aber dadurch
       auch als das größte Risiko für den Meeresspiegel weltweit“, erklärte
       Levermann. Er betonte, die neuen Forschungsergebnisse lieferten vor allem
       wichtige Informationen für den Küstenschutz. Eine hohe Wahrscheinlichkeit
       gibt es demnach, dass der Wert von 58 Zentimetern nicht überschritten wird.
       
       „Je mehr Computersimulationsmodelle wir verwenden, die alle leicht
       unterschiedliche dynamische Repräsentationen des antarktischen Eisschildes
       sind, desto größer ist die Bandbreite der Ergebnisse, die wir bekommen –
       aber desto robuster sind auch die Schätzungen, die wir der Gesellschaft
       liefern können“, erklärte Co-Autorin Sophie Nowicki vom Nasa Goddard Space
       Flight Center. Zwar gebe es „immer noch große Unsicherheiten“, doch sei es
       gelungen, das Verständnis des größten Eisschildes der Erde beständig zu
       verbessern.
       
       Auf längere Sicht, also in den kommenden Jahrhunderten bis Jahrtausenden,
       hat das Abschmelzen des antarktischen Eisschilds der Studie zufolge das
       Potenzial, den Meeresspiegel um mehrere zehn Meter anzuheben. „Was wir mit
       Sicherheit wissen, ist, dass das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas die
       Risiken für die Küstenmetropolen von New York bis nach Mumbai, Hamburg oder
       Schanghai weiter in die Höhe treibt“, warnte Levermann.
       
       Bisherige Prognosen zum Anstieg des Meeresspiegels aufgrund der globalen
       Erwärmung berücksichtigten vor allem die thermische Ausdehnung des sich
       erwärmenden Meerwassers sowie schmelzende Gebirgsgletscher als wichtigste
       Faktoren für den Anstieg des Meeresspiegels. Auch das Abschmelzen des
       grönländischen Eisschilds spielt eine Rolle.
       
       ## Klimafaktor Antarktis
       
       Den jetzt in der Zeitschrift Earth System Dynamics der Europäischen
       Geowissenschaftlichen Union (EGU) veröffentlichten neuen
       Forschungsergebnissen zufolge dürfte jedoch der Anteil der Antarktis
       bereits in absehbarer Zeit zum wichtigsten Faktor werden.
       
       Alle Faktoren zusammen ergeben dann das Gesamtrisiko des
       Meeresspiegelanstiegs. „Die Einbeziehung der anderen Beiträge zum
       Meeresspiegelanstieg von Grönland, Gebirgsgletschern und der Ausdehnung der
       Ozeane kann zu einem Meeresspiegelanstieg bis zu 150 Zentimeter führen“,
       sagte Levermann mit Blick auf den Zeitraum bis Ende des Jahrhunderts.
       
       In den zurückliegenden 100 Jahren hatte es einen Anstieg um insgesamt etwa
       19 Zentimeter gegeben.
       
       14 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bas.ac.uk/polar-operations/sites-and-facilities/facility/signy/
 (DIR) [2] https://www.pik-potsdam.de/pik-startseite
       
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