# taz.de -- Schließung des Berliner Flughafens: Harte Landung für Tegel
       
       > Der Senat würde den Flughafen mangels Auslastung gerne dicht machen –
       > zumindest vorübergehend. Dass es so kommen wird, ist fast unausweichlich.
       
 (IMG) Bild: Willkommen – aber wer? Es kommt ja fast keiner mehr
       
       BERLIN taz | Es ist einer der Orte, an dem der [1][Stillstand der Stadt]
       besonders eindrucksvoll wirkt: Auf dem Flughafen Tegel herrscht
       Endzeitstimmung. Seit rund einer Woche ist das durch die Corona-Krise schon
       länger gesunkene Flugvolumen noch einmal zusammengeschnurrt, [2][auf rund
       10 Prozent] des üblichen Aufkommens, wie die Flughafengesellschaft Berlin
       Brandenburg (FBB) mitteilte.
       
       An diesem Freitag heben laut Flugplan nur noch 21 Flüge von TXL ab: ein
       paar innerdeutsche Verbindungen von Lufthansa und Eurowings, zumeist
       Frachtflüge, und wenige innereuropäische Flüge nach Amsterdam oder Kiew. In
       den Terminals ist es gespenstisch leer.
       
       Weil das so ist, und weil sich der Flugbetrieb in den kommenden Wochen und
       Monaten womöglich noch weiter dem Nullpunkt nähern wird, kann man an dem
       monströsen Elefant im Raum langsam nicht mehr vorbeischauen: Die vorzeitige
       Schließung von Tegel wird praktisch unausweichlich.
       
       Alles andere wäre im Grunde eine grobe Pflichtverletzung der FBB, denn auch
       ein Flughafen, an dem niemand fliegt, erzeugt Kosten. Um diese in der Krise
       zu minimieren, hat die Gesellschaft schon am Dienstag Kurzarbeitergeld für
       die rund 2.200 Mitarbeiter beantragt.
       
       ## Staatliche Krisenhilfe in Sicht
       
       Auch staatliche Krisenhilfe wird es wohl geben. Wie Geschäftsführer
       Engelbert Lütke Daldrup am Freitag vergangener Woche nach der Sitzung des
       Aufsichtsrats signalisierte, seien die Gesellschafter – also Berlin,
       Brandenburg und der Bund – durchaus geneigt, für die Stabilität des
       Unternehmens noch einmal in die Tasche zu greifen. Aufsichtsratschef Rainer
       Bretschneider sprach von einem „kleinen dreistelligen Millionenbetrag“.
       
       Trotzdem liegt es auf der Hand und wird in Flughafenkreisen als einzig
       pragmatisches Szenario gehandelt: Es braucht die Verlegung der restlichen
       Flüge nach Schönefeld-Alt – dem künftigen BER-Terminal 5 –, wo nach
       Wegbrechen des kompletten touristischen Flugbetriebs ebenfalls nur noch ein
       Zehntel des Aufkommens herrscht. Tegel könnte in Ruhe abgewickelt werden,
       viele Kostenstellen würden umgehend wegfallen.
       
       So, wie es aussieht, dürfte sich der Flugverkehr bis Ende Oktober nicht
       annähernd von der Krise erholt haben. Und dann geht schon – wahrscheinlich
       – der BER an den Start.
       
       Aussprechen wollen das Offensichtliche dennoch nur wenige, etwa der
       Spandauer SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz: „Tegel sollte umgehend
       geschlossen werden!“, schreibt der Umweltpolitiker auf seiner Webseite.
       „Die Offenhaltung eines ganzen Flughafens mit allen Teilbereichen und den
       hohen Sicherheitserfordernissen ist angesichts dieser extrem geringen
       Auslastung nicht mehr sinnvoll.“
       
       Die Verlagerung der Flüge nach Schönefeld sei laut Buchholz „problemlos“
       möglich, und „für die 300.000 lärmgeplagten Anwohner*innen des Flughafens
       Tegel in Spandau, Reinickendorf und Pankow bringt die vorübergehende
       Stilllegung endlich Ruhe und einen positiven Vorgeschmack auf die
       endgültige Schließung des innerstädtischen Flughafens.“
       
       Buchholz spricht allerdings nur von einer „Aussetzung der Betriebspflicht“,
       die die Flugverkehrsbehörde in der Senatsverkehrsverwaltung aussprechen
       solle. Die radikalere – aber logische – Variante wäre die endgültige
       Entlassung aus der Betriebspflicht. Der verkehrspolitische Sprecher der
       Linksfraktion, Kristian Ronneburg, lehnt sich nicht so weit aus dem
       Fenster, sagt aber, es gebe „betriebswirtschaftliche Gründe, die dafür
       sprechen, dass Tegel geschlossen werden sollte.“ Der Antrag müsse aber von
       der Flughafengesellschaft ausgehen.
       
       Die hält sich auf Nachfrage der taz bedeckt: „In dieser Situation muss
       alles auf den Prüfstand, das erwarten die Gesellschafter auch von uns“,
       sagt Sprecher Hannes Hönemann. „Die FBB hat aber eine solche Entscheidung
       nicht zu treffen, das muss von den Gesellschaftern politisch entschieden
       werden.“
       
       ## Der Bund blockiert noch
       
       Bis jetzt war durchgedrungen, dass der Bund gegen eine Schließung war, auch
       gegen eine nur vorübergehende. Die Berliner Zeitung will nun aber erfahren
       haben, dass die Gesellschafterversammlung am Montag eine vorübergehende
       Entbindung von der Betriebspflicht bei der Senatsverwaltung beantragen
       will.
       
       Dazu passt eine verschachtelte Aussage von SPD-Finanzsenator Matthias
       Kollatz, die er am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses
       tätigte: „Ich werde hier nicht das Versprechen abgeben, dass zum Beispiel
       Tegel oder eine andere Betriebsstätte des Flughafens nicht temporär
       geschlossen wird.“
       
       Die dauerhafte Abschaltung schloss der SPD-Politiker auf Drängen der
       CDU-Fraktion erst einmal aus. In einem am Freitag von der [3][B.Z.
       veröffentlichten Interview] sagt er nun: „Es geht um temporäre Maßnahmen.
       Wir haben das nicht in der Hand. Wenn die Corona-Krise rasch vorbei ist,
       wird es wieder zu einer Eröffnung von Tegel kommen. Wenn es länger dauert,
       wird es nicht mehr dazu kommen.“
       
       Für alle, die hoffen, dass in Tegel schon bald der allerletzte Flieger
       landet: Das Risiko, eine solche Wette zu verlieren, sinkt quasi täglich.
       
       27 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Corona-Laehmung-in-Berlin/!5671041
 (DIR) [2] /Eroeffnung-des-Flughafens-BER/!5672874
 (DIR) [3] http://www.bz-berlin.de/berlin/reinickendorf/corona-und-der-berliner-verkehr-senator-kollatz-schliesst-tegel-jetzt-fuer-immer
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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