# taz.de -- Corona-Tagebuch der Hauptstadt: Im Ausnahmezustand
       
       > Anfang März wird der erste Berliner positiv aufs Coronavirus getestet.
       > Nun steht Berlin fast still. Wie konnte es dazu kommen? Eine Chronik.
       
 (IMG) Bild: Ist eine rauchen auf dem Alexanderplatz eigentlich noch erlaubt?
       
       Samstag, 25. Januar 2020 
       
       Hände waschen und Abstand halten: Es ist das erste Mal, dass sich
       Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit diesem Ratschlag an die
       Berliner Bevölkerung wendet. Inzwischen kann man diesen Satz fast nicht
       mehr hören. Aber zu diesem Zeitpunkt ist Corona noch weit weg von der
       Hauptstadt. Oder, um mit Kalayci zu sprechen: „Auch wenn die derzeitige
       Risikoeinschätzung des Robert-Koch-Instituts für Deutschland gering ist,
       müssen wir leider auch auf einzelne Einreisefälle in Berlin eingestellt
       sein.“ Die Stadt sei aber gut vorbereitet für den Ernstfall.
       
       Montag, 27. Januar 
       
       Das neue Coronavirus Sars-CoV-2 ist in Deutschland angekommen. Am späten
       Abend meldet Bayern den ersten Fall. Ein Mann aus dem Landkreis Starnberg
       hat sich infiziert.
       
       Sonntag, 9. Februar 
       
       Eine Maschine der Luftwaffe landet mit 20 Rückkehrern aus dem chinesischen
       Wuhan in Berlin-Tegel. Alle Passagiere tragen Atemschutzmasken. Das
       Begleitpersonal – volle Schutzmontur – transportiert die Rückkehrer mit
       Blaulicht in die DRK-Kliniken in Köpenick. Dort werden sie für 14 Tage
       isoliert. Vor der Klinik protestiert eine Handvoll Anwohner gegen die
       Unterbringung in „ihrem“ Bezirk. Keiner der Rückkehrer erweist sich bei den
       folgenden Tests als positiv.
       
       Mittwoch, 19.Februar 
       
       Schon wieder rassistischer Terror in Deutschland. [1][Ein 43-jähriger
       Rechtsradikaler erschießt in Hanau neun Migranten.] Danach tötet er seine
       Mutter und sich. Die Erschütterung ist groß.
       
       Donnerstag, 20. Februar 
       
       Auch in Berlin versammeln sich Menschen zu Trauerkundgebungen. Bei der
       Eröffnungsveranstaltung der Berlinale, die unhinterfragt stattfindet, wird
       der Opfer von Hanau in einer Schweigeminute gedacht.
       
       Sonntag, 23. Februar 
       
       [2][Der Mietendeckel tritt in Kraft.] Lange Schlangen vor den
       Ticketschaltern der Berlinale. Die begehrten Filme sind binnen kurzer Zeit
       ausverkauft, die Kinos rappelvoll.
       
       Dienstag, 25. Februar 
       
       Mit Blick auf Hanau verstärkt die Berliner Polizei den Wachschutz vor
       islamischen und jüdischen Kultureinrichtungen. Derweil bestätigt das
       Bundesministerium in Deutschland den 18. Coronafall.
       
       Weltweit breitet sich das neuartige Virus immer weiter aus. In Europa ist
       Italien am stärksten betroffen. Die [3][Weltgesundheitsorganisation] (WHO)
       zögert aber noch, von einer „Pandemie“ zu sprechen. Kreuzfahrtschiffe
       müssen aus Quarantänegründen vor Anker gehen. Berliner Urlauber sitzen
       wegen eines Infektionsfall in einem Hotel auf Teneriffa fest.
       
       Freitag, 28. Februar 
       
       Eine Alltagsszene in Pankow: Kaffeetrinken mit der Nachbarin. Wir
       überlegen, ob sie die Firmenreise nach Indien jetzt noch machen soll. Ihr
       Arbeitgeber hat nicht notwendige Reisen abgesagt. Wir googeln: Indien hat
       angeblich keine Coronafälle. „Wird schon alles nicht so schlimm“, sagt sie.
       
       Samstag, 29. Februar 
       
       Der Goldene Bär der Berlinale geht an den Iraner [4][Mohammad Rasoulof] und
       den Film „There is no Evil.“ Nach vielem Hin und Her wird die
       Internationale Tourismusbörse (ITB) kurz vor der Eröffnung abgesagt.
       
       Die Berliner haben eine neue Leidenschaft: hamstern. Als gebe es kein
       Morgen, schleppen sie Toilettenpapier, Desinfektionsmittel und andere
       haltbare Waren beim Wochenend-Shopping aus den Geschäften. Zurück bleiben
       leere Regale. „Ich bin seit 18 Jahren in der Branche, sagt der
       Supermarkt-Inhaber Soran Ahmed. „So einen Ansturm habe ich noch nicht
       erlebt.“
       
       Sonntag, 1. März 
       
       Ein Ausflug wäre schön, aber wohin? Eine Beobachtung aus Mitte: Vor dem
       Pergamonmuseum reihen wir uns inmitten von Touristen in der langen Schlange
       ein. Niemand hält Abstand. Wer trägt eigentlich die ganzen Masken
       spazieren, die überall ausverkauft sind?
       
       Letzter Tag der Berlinale: Im Kino Cinemaxx werden die beliebten
       Panorama-Publikumspreise vergeben. Der Saal ist brechend voll. In der Nacht
       bestätigt die Gesundheitsverwaltung dann d[5][en ersten Coronafall in
       Berlin]. Es handelt sich um einen jungen Mann, der in Mitte wohnt. Er wird
       in der Charité isoliert.
       
       Montag, 2. März 
       
       Drei Infizierte sind nunmehr bestätigt. Jeder Fall wird in der
       Pressemitteilung der Gesundheitsverwaltung detailliert beschrieben. Das
       ändert sich bald.
       
       Die erste Schule wird geschlossen. Ein mit dem Virus infizierter Lehrer der
       Emanuel-Lasker-Oberschule war mit 74 Schülerinnen und Schülern und sechs
       Lehrkräften auf Skifahrt in Südtirol. Nach der Rückkehr hatte er
       Krankheitssymptome entwickelt.
       
       Dienstag, 3. März 
       
       Sechs Infizierte sind bekannt. München hat Berlin bei der Vergabe der
       [6][Internationalen Automobilausstellung] (IAA) ausgebremst. „Das ist eine
       bittere Nachricht für Berlin“, sagt die Präsidentin der Industrie- und
       Handelskammer Beatrice Kramm. Auch die grüne Wirtschaftssenatorin Ramona
       Pop zerdrückt ein Tränchen. Ihre Parteifreunde und die taz jubeln. Die IAA
       sei da angekommen, wo sie hingehöre: „Nirgendwo steht man so schön im Stau
       wie in München“, kommentiert die taz.
       
       Mittwoch, 4. März 
       
       Noch scheint die Lage an der Corona-Front überschaubar: Von den acht
       nunmehr bekannt gewordenen Fällen hängen drei davon laut
       Gesundheitsverwaltung mit dem ersten Fall beruflich zusammen. „BVG-Bus
       gesperrt“, lautet die Schlagzeile in einer Boulevard-Zeitung: „Der Bus
       wurde von jemandem gefahren, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der
       vielleicht das Coronavirus hatte.“ Noch nimmt man das lustig.
       
       Nach der Charité wollen auch die Vivantes-Kliniken Teststellen eröffnen.
       Die Berliner kaufen derweil weiter ein wie bekloppt. Klopapier ist kaum
       noch zu haben. Desinfektionsmittel und Atemschutzmaken sind schon länger
       Mangelware. Wenn jemand die Dinger brauchen würde, wären es nicht die
       Berliner, sondern die tausenden Geflüchteten, die an der griechischen
       Grenze mit Tränengas beschossen werden.
       
       Wenigstens einer beendet seine Hängepartie: Bodo Ramelow (Linke) wird in
       Thüringen endlich zum Ministerpräsidenten gewählt.
       
       Freitag, 6. März 
       
       Potsdam: Die 27-köpfige Linksfraktion im Abgeordnetenhaus plus Mitarbeiter,
       Gäste und Presse trifft sich in einem Potsdamer Tagungshotel zur Klausur.
       Die rund 80 Anwesenden sitzen nebeneinander wie immer, Corona ist
       offiziell kein Thema. Und es dauert zweieinhalb Stunden, bis bei der
       Aussprache zum ersten Tagesordnungspunkt „Strategiedebatte mit Blick auf
       die Wahlen 2021“ das Wort Corona überhaupt fällt.
       
       Die taz richtet einen Corona-Krisenstab ein, unsere Putzkraft reinigt jetzt
       im sechsstöckigen Verlagshaus in Kreuzberg zweimal am Tag alle Türgriffe.
       Aber helfen Globuli gegen Corana? Im taz-internen Intranet belustigt man
       sich über eine Mitteilung des Deutschen Zentralvereins homöopathischer
       Ärzte ((DZVhÄ). Der hatte Zurückhaltung bei jeder Form von Homöopathie im
       Zusammenhang mit dem Virus empfohlen.
       
       In den Medien wird erörtert, ob Bewegungsprofile auf dem Handy ein Mittel
       zur Eindämmung der Infektion sind. Fallen im Kampf gegen Corona nun alle
       datenschutzrechtlichen Schranken? Wohltuend, dass Gesundheitssenatorin
       Kalayci es da bei einem neuerlichen Appell zum Händewaschen und Niesen in
       die Armbeuge belässt.
       
       Samstag, 7. März 
       
       Fußball in Charlottenburg: Im Olympiastadion tritt Hertha gegen Bremen an.
       55.000 Zuschauer. Bin von Pankow mit dem Rad gefahren, um nicht in die
       U-Bahn zu müssen.
       
       Sonntag, 8. März 
       
       Abends in Mitte: Nicht nur Fußballspiele, auch Theater gibt es noch. In der
       kleinen Spielstätte „Box“ des Deutschen Theaters steht das Stück „zu
       unseren füßen“ von Svealena Kutschke auf dem Programm. Es geht um ein
       Mietshaus in Pankow, um Gentrifizierung und Fremdenhass, um Alltag und
       Gewalt, Sehnsucht und Sexualität. 30 ZuschauerInnen sitzen in einem
       Stuhlkreis, die fünf SchauspielerInnen agieren zum Teil in der Mitte. Als
       Jörg Pose in seiner Rolle als alkoholabhängiger Holm im Kreis um eine von
       der Decke baumelnde Lampe herumläuft, schimpft er auf andere Mitbewohner,
       wird immer lauter, aggressiver und schreit – und spuckt dabei wie verrückt.
       Alle zucken zusammen. Spucke bedeutet neuerdings Gefahr. Puh, es liegen gut
       zwei Meter dazwischen. Noch mal gut gegangen.
       
       Montag, 9. März 
       
       In Berlin sind jetzt 48 Menschen positiv getestet. Im Roten Rathaus
       stellen Innensenator Andreas Geisel und Polizeipräsidentin Barbara Slowik
       die Kriminalstatistik vor. Business as usal. 513.426 Straftaten sind in
       Berlin 2019 registriert worden, 0,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Einem
       Polizeireporter platzt der Kragen. Es gebe ein wichtigeres Thema als die
       Kriminalitätszahlen. Zwei Beamte der Einsatzhundertschaften haben sich bei
       einem Clubbesuch mit dem Virus angesteckt. 75 Kontaktpersonen aus den
       Reihen der Polizei sind in häuslicher Quarantäne.
       
       Dienstag, 10. März 
       
       Die WHO spricht von einer Pandemie.
       
       Mittwoch, 11. März 
       
       Der Senat untersagt alle Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern.
       Befristet ist die Verordnung bis zum 19. April. Ab sofort werden auch
       sämtliche staatlichen Theater und Opernhäuser geschlossen. Kreuzberger
       Myfest, Karneval der Kulturen? Ade! Auch das Demonstrierten können wir uns
       abschminken. Eine Lawine kommt ins Rollen.
       
       Mittlerweile sind 81 Menschen in Berlin positiv getestet. Ein Großteil war
       im selben Club tanzen. Das Berliner Nachtleben und die Partyszene kommen
       ins Rutschen und damit die halbe Berliner Tourismusindustrie.
       
       Geisterspiele der Bundesliga vor leeren Rängen? Auch dieses
       Schreckensszenario aller Fußballfans nimmt Gestalt an. Und es kommt noch
       schlimmer. Alle Spiele werden abgesagt. Das für Samstag, den 14. März, in
       der Alten Försterei angesetzte Spiel Union Berlin gegen Bayern muss dran
       glauben.
       
       [7][Der Chef-Virologe der Charité, Christian Drosten, vergleicht den Kampf
       gegen das Virus in seinem täglichen NDR-Podcast] mit einer strohbedeckten
       Wiese, neben der auf einem offenen Feuer gegrillt wird. Funken fliegen auf
       die Wiese. „Jetzt können wir sie noch austreten“, plädiert Drosten für
       Beschränkungen. Die sollten aber möglichst so ausfallen, dass sie nicht das
       gesellschaftliche Leben und die Ökonomie kaputtmachen. Aber, schiebt
       Drosten nach, „wir müssen die Lage jeden Tag neu bewerten“.
       
       Donnerstag, 12. März 
       
       Auf dem Polizeiabschnitt 51 in Friedrichshain stellt der Hausmeister fest,
       dass zwei Kartons mit Handdesinfektionsmitteln aus dem Keller verschwunden
       sind. 24 Flaschen à 1 Liter. Langfinger bei der Polizei?
       
       Die Ministerpräsidenten der Länder beraten sich mit Bundeskanzlerin Angela
       Merkel auf einer Schaltkonferenz.
       
       Eine Beobachtung in der Potsdamer Chausee/Ecke Bussealle in Zehlendorf:
       Zwei Reisebusse stehen hintereinander aufgereiht an der Kreuzung, davor
       dichtgedrängt winkende Grundschuleltern, die Handküsschen in Richtung der
       getönten Scheiben werfen. Mein Sohn fährt auf Klassenfahrt. Eigentlich
       hätte es zur Leipziger Buchmesse gehen sollen. Die ist schon abgesagt.
       Jetzt fahren sie nach Naumburg. Das war morgens. Am Abend mailt die
       Bildungsveraltung, dass Klassenfahrten ab sofort untersagt sind.
       
       Freitag, 13. März 
       
       Nach der Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten der Länder mit der
       Bundeskanzlerin am Vortag geht es Schlag auf Schlag. Erster Teil der
       Maßnahmen: Am Morgen verkündet der Senat, dass ab Montag (16. März) alle
       Schulen und Kitas dichtgemacht werden.
       
       Teil 2 der Maßnahmen wird am frühen Abend bekannt gegeben. Der Regierende
       Bürgermeister Michael Müller (SPD) tritt mit dem gesamten (!) Senat vor die
       Presse. Befristet ist die auf das Infektionsschutzgesetz gestützte
       Verordnung vorerst auf den 19. April. Und ein Paukenschlag: Veranstaltungen
       ab 50 Teilnehmer sind untersagt. Kneipen, Clubs, Kinos, Theater,
       Konzerthäuser, Museen Ausstellungen, Prostitutions- und sonstige
       Vergnügungsstätten – kurzum: fast alles wird zugemacht. Ausnahmen gibt es
       nur für Restaurants und Gaststätten, die Speisen servieren; die Tische
       müssen einen Abstand von 1,5 Meter haben.
       
       Und auch öffentliche und private Sportstätten, Schwimmbäder, und
       Fitnessstudios müssen schließen. Der Berliner Halbmarathon Anfang April
       fällt natürlich auch flach. Die Hochschulen verschieben den Semesterbeginn,
       alle Bibliotheken schließen. Für Krankenhäuser und Pflegeheime gibt es
       Besuchsbeschränkungen. Und das ist nur der Anfang.
       
       Samstag, 14. März 
       
       Ein Rundgang durch den Prenzlauer Berg zeigt: Die meisten Kneipen sind noch
       mal richtig voll. Das Verbot ist entweder noch nicht durchgedrungen oder
       wird ignoriert, bis die Polizei kommt. Die ist mit zwei Hundertschaften in
       Berlin genau deswegen unterwegs. Und twittert: Eine geöffnete Kneipe sei
       kein Grund, den Notruf 110 zu wählen.
       
       Sonntag, 15. März 
       
       Ein Stück Alltag aus Friedrichshain: Das Kind ist zum Kindergeburtstag
       eingeladen, geplant ist ein Besuch auf einer Bowlingbahn. Am Freitagabend
       hat der Senat per Anordnung die Schließung aller privaten Sportstätten wie
       Fitnessstudios angeordnet. Das Bowlingcenter ist trotzdem offen – weil auch
       Essen serviert wird, verstehe man sich halt als Restaurant, heißt es. Denn
       Restaurants dürfen tagsüber noch öffnen.
       
       Montag, 16. März 
       
       Eine gute Nachricht gibt es immerhin: Die Leihräder von Nextbike, ein vom
       Senat unterstütztes Unternehmen, können für die ersten 30 Minuten kostenlos
       gemietet werden.
       
       Jetzt sind 332 bestätigte Infektionsfälle in Berlin bekannt. Die zentralen
       Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss sind auf Mai verschoben. Viele
       Betriebe schicken die Mehrzahl ihrer Beschäftigen ins Homeoffice – auch die
       taz. Die Behörden und das Abgeordnetenhaus fahren die Geschäfte runter.
       
       Der Innenausschuss gehört zu den wenigen parlamentarischen Gremien, die
       noch tagen: „Abstand halten“ gilt auch hier, jeder zweite Stuhl ist frei.
       „Wir befinden uns in einer nie da gewesenen Situation“, sagt Innensenator
       Andreas Geisel (SPD). Für die Ausrufung eines Katastrophenfalls durch den
       Senat gebe es zurzeit aber keine Notwendigkeit. „Wir fahren auf Sicht.“
       Berlin habe 2.000 Intensivbetten. „Wir bemühen uns, die Zahl der
       Beatmungsgeräte zu erhöhen.“ Von den derzeit 332 bestätigten Fällen liegen
       20 im Krankenhaus, drei werden intensivmedizinisch behandelt. Alle anderen
       sind häuslich isoliert.
       
       Dienstag, 17. März 
       
       Berlin will auf dem Messegelände am Funkturm ein eigenes Krankenhaus für
       Covid-19-Patienten mit 1.000 Betten bauen. Ein Eröffnungsdatum – der Senat
       hat aus dem BER gelernt – wird nicht genannt. „In kurzer Zeit“ lautet die
       Sprachregelung.
       
       Blick nach Steglitz: Die Filiale von Globetrotter ist wie ausgestorben.
       Reiseutensilien sind in Zeiten wie diesen nicht mehr gefragt. Das
       Verkaufspersonal steht beschäftigungslos herum. Die Gesichter sind lang.
       Gleich wird der Regierende Bürgermeister Michael Müller vor die Presse
       treten und die nächste Eskalationsstufe zünden: Alle Geschäfte, die nicht
       lebenswichtig sind – wer definiert das eigentlich? –, werden ab sofort
       geschlossen. Globetrotter gehört dazu.
       
       In Mitte überfallen zwei maskierte Männer mit gezogener Waffe kurz vor
       Ladenschluss einen Discounter. Mit der kompletten Kassenlade, die infolge
       der Hamsterkäufe vermutlich gut gefüllt war, gelingt ihnen die Flucht.
       
       Mittwoch, 18. März 
       
       Nun sind es 519 Fälle. Nur noch Supermärkte und Läden des täglichen Bedarfs
       wie Bäckereien, Drogerien, Apotheken, Baumärkte, Imbisse und Restaurants
       (Letztere nur tagsüber: ab 18 Uhr ist Schluss) dürfen offen haben.
       
       Die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin treffen sich in Potsdam zu
       einer gemeinsamen Kabinettssitzung im Zeichen der Pandemie. Das Amtsgericht
       Tiergarten hat nun auf Notbetrieb umgeschaltet. Haftsachen, die dem
       sogenannten Beschleunigungsgebot unterliegen, werden weiter durchgeführt.
       Damit die Polizei auch in Zeiten von Corona Wohnungsdurchsuchungen und
       freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen können, soll auch die
       richterliche Rufbereitschaft gewährleistet bleiben.
       
       Weil der Senat auf eine Schließung der Spielplätze verzichtet hat, machen
       das viele Bezirke nun in Eigenregie. Auch sonst kann man nur staunen, was
       da jetzt alles mit einem Federstrich erledigt wird: 12 Stunden pro Tag
       gelten als zulässige Arbeitszeit, auch das Sonntagsverkaufsverbot ist außer
       Kraft gesetzt.
       
       Donnerstag, 19. März 
       
       Der Senat beschließt auf einer Sondersitzung Finanzhilfen zur
       Stabilisierung der lokalen Wirtschaft, die mehr und mehr ins Trudeln gerät.
       Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige sollen mit insgesamt 600
       Millionen Euro an Soforthilfen unterstützt werden. Künstler, Clubs und
       Restaurants sind inbegriffen.
       
       Was die Kulturszene betrifft, gebe es auch untereinander unendlich viel
       Solidarität, hat der kulturpolitische Sprecher der Grünen beobachtet.
       Gemeint ist damit zum Beispiel die Bereitschaft, das Geld für bereits
       gekaufte Veranstaltungstickets nicht zurückzuverlangen.
       
       Auch die Berliner Clubs haben die Hände nicht in den Schoß gelegt. Unter
       dem Motto „Die Party geht online weiter“ wird eine weltweite
       Spendensammlung initiiert. Auf einer gemeinsamen Streamingplattform sollen
       in den kommenden Wochen täglich virtuell die Clubtüren für ein
       mehrstündiges Programm geöffnet werden.
       
       Freitag, 20. März 
       
       Berlin hat den ersten Corona-Toten: Ein 95-jähriger Mann mit schweren
       Grunderkrankungen. Derzeit sind 868 Fälle bestätigt.
       
       Bayern setzt als erstes Bundesland Ausgangsbeschränkungen um.
       Baden-Württemberg und Hamburg folgen. Berlin hadert noch. Die Dinge müssten
       durchsetzbar und durchhaltbar sein, sagt der Regierende Bürgermeister im
       RBB: „Eine Ausgangssperre wird dramatische soziale Folgen haben. Ich will
       so etwas so weit wie möglich vermeiden.“
       
       Eine Anekdote abends in Neukölln: Der Bote unserer Lieblingspizzeria meldet
       sich heute telefonisch an. Er werde die Pizzakartons vor der Tür ablegen,
       kurz anklopfen und sich dann auf den unteren Treppenabsatz zurückziehen.
       Wir sollten bitte erst dann die Tür öffnen und schauen, ob alles richtig
       geliefert wurde. Wir winken ihm dabei kurz zu. Das Trinkgeld legen wir
       wiederum auf der Türschwelle ab, erst wenn wir die Tür wieder geschlossen
       haben, wird der Bote es dort aufnehmen (klar trägt er Handschuhe). Die
       Beigabe zur Pizzabestellung ist diesmal weder eine Flasche Wein noch ein
       Nachtisch – sondern eine Rolle Klopapier, verziert mit einem
       Herzchen-Aufkleber. Danke dafür!
       
       Samstag, 21. März 
       
       Es hat gedauert, aber nun treffen auch die Supermärkte Vorsichtsmaßnahmen
       für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Chance, sich das Virus
       einzufangen, ist wohl kaum größer als im Gedränge der Hamsterkäufe.
       Klopapier ist nirgendwo mehr zu haben. Markierungen auf dem Boden und
       Schilder mahnen nun endlich zum Abstandhalten. Anderswo wird nur Einlass
       gewährt, wenn man einen Einkaufswagen wie einen Schutzschild vor sich
       herschiebt. Vor einigen Kassen gibt es nun Kontaktblenden aus Plexiglas,
       mit einer Öffnung zum Gelddurchschieben. Wo nicht, haben sich die
       Kassiererinnen hinter Folien oder Pappkartons verschanzt.
       
       Zur Abwechselung an dieser Stelle mal ein Blick nach Brandenburg: Vor einem
       Fleischer in der östlichen Mark hat sich eine Warteschlange gebildet. Der
       Verkaufsraum ist klein. Ich warte draußen, vor und hinter mir stehen Leute.
       Sie unterhalten sich über fünf Meter hinweg: „Bei Erich wäre das nicht
       passiert, da wäre gar keiner reingekommen.“ – „Wir wissen doch sowieso
       nicht, was wirklich passiert, das ist doch alles gelogen.“ – „Meine Enkelin
       darf nicht mehr auf den Spielplatz. Da haben sie die Schaukel gesperrt,
       aber in Wirklichkeit ist die nicht mehr standsicher. Da kommt ihnen die
       Corona gerade recht.“ – „Das machen die doch nur, damit wir das alles
       bezahlen.“
       
       In Berlin steigt die Zahl der Infektionsfälle auf 1.025 an, 14 Patienten
       werden intensivmedizinisch betreut.
       
       Am Nachmittag teilt der Senat mit, dass ab Sonntag keine Veranstaltungen
       über zehn Personen stattfinden dürfen. Restaurants dürften nur noch Speisen
       und Getränke außer Haus verkaufen. Geliefert werden darf aber weiter.
       
       Sonntag, 22. März 
       
       Eindrücke aus der Innenstadt: Ich jogge von der taz-Redaktion in Kreuzberg
       nach Hause, normalerweise ist der Weg durch Berlins Mitte ein
       Spießrutenlauf um orientierungslose TouristInnen und schlendernde Pärchen.
       Jetzt ist alles anders. Es ist erst sechs Uhr abends, aber es fühlt sich an
       wie drei Uhr nachts. Die Innenstadt liegt wie ausgestorben. Gerade haben
       sich die MinisterpräsidentInnen der Länder und die Bundeskanzlerin auf eine
       Kontaktsperre geeinigt. Die Museumsgebäude werfen lange Schatten. Ich bin
       ganz allein. Schnell laufe ich über die Brücke vor dem Dom und freue mich
       über die zwei entgegenkommenden Spaziergänger.
       
       Passend dazu eine Momentaufnahme aus Friedrichshain: Auf meinem
       Lieblingsfriedhof, vis-à-vis des Friedrichshainer Krankenhauses an der
       Landsberger Allee gelegen, hat sich am Wochenende sehr viel verändert. Bin
       ich bei meinen Spaziergängen sonst allein auf dem parkähnlichen Gelände
       unterwegs (hallo, Rotkehlchen!), tummeln sich seit den geschlossenen
       Spielplätzen und voller werdenden Parks auf einmal ganz viele Menschen
       hier. Was tun die alle auf „meinem“ sonst so ruhigen Friedhof? Sie joggen
       und fahren Rad, führen ihren Hund Gassi, spielen mit ihren Kindern auf
       Erdhaufen, lümmeln hier und da herum... Spinnen die alle? Prompt sind die
       evangelischen Friedhöfe ab dem nächsten Tag geschlossen. Und ab Donnerstag
       auch wieder auf, aber nur vormittags.
       
       Montag, 23. März 
       
       Noch vor Kurzem hätte niemand geglaubt, dass es so weit kommt. Der Senat
       hat noch einen draufgelegt: Ab sofort gibt es in der Hauptstadt
       Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen. Wird Berlin jetzt zur
       Geisterstadt? Alle Menschen sind aufgefordert zu Hause bleiben, es sei
       denn, sie müssen zum Arzt, zum Einkaufen oder zu Behörden. Mehr als zwei
       Personen dürfen nicht zusammen auf der Straße unterwegs sein. Ausgenommen
       sind Familienmitglieder oder Angehörige des eigenen Haushalts. Sport und
       Bewegung im Freien sind erlaubt. Aber darf man noch allein oder zu zweit
       auf einer Wiese liegen oder auf der Bank ein Buch lesen? Die Verordnung
       stiftet mehr Verwirrung, als dass sie für Klarheit sorgt. Vieles ist dem
       Ermessen der eingesetzten Polizeistreifen überlassen. Und wie man hört,
       verfahren einige nach Logik: Wenn zwei auf der Wiese sitzen, ist bald der
       Dritte und Vierte da. Also ergeht die Anordnung: aufstehen und Sachen
       einpacken.
       
       Eine Begebenheit gegen 21 Uhr im Park am Gleisdreieck: Ich bin von der
       taz-Redaktion mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Hause. Eine Gruppe von zehn,
       zwölf Jugendlichen hockt im Dunkeln auf den Holzbohlen unter der Hochbahn.
       Es riecht nach Cannabis, Bierflaschen klirren. Ob sie von dem Kontaktverbot
       gehört hätten? Gekicher. Eine junge Frau löst sich aus der Gruppe. „Wir
       haben kein Corona“, flötet sie. „Wir müssen nur kurz was besprechen, dann
       sind wir weg.“ Eine weibliche Stimme aus dem Hintergrund brüllt: „Wir sind
       eine Familie.“ Großes Gelächter. „Und nun verzieh dich.“
       
       Die RBB-„Abendschau“ zeigt Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Rosenthaler
       Platz im Interview. Der ist wie leer gefegt. „Die Botschaft ist
       angekommen“, meint Geisel.
       
       In Berlin gibt es derzeit 1.219 bestätigte Fälle – und einen zweiten
       Corona-Toten; es ist ein 70-jähriger Mann.
       
       Übrigens: 95 Prozent der Deutschen befürworten die drastischen
       Beschränkungen, wie eine Blitz-Umfrage von infratest dimap zeigt.
       
       Dienstag, 24. März 
       
       UN-Generalsekretär António Guterres ruft zu einem „sofortigen weltweiten
       Waffenstillstand“ auf. „Die Heftigkeit des Virus“ verdeutliche, wie
       „unsinnig“ Kriege seien. Haben wir das nicht schon immer gewusst?
       
       Die Polizei versucht zur Abwechslung mal witzig sein. 40 Marmeladen- und
       Gemüsegläser voll Marihuana wurden nach einem Brand in einer Wohnung
       entdeckt. Nein, das sei nicht das Ergebnis „eines #Cannabis-#Hamsterkaufs“,
       twittern die Beamten. „Sondern wohl die Ernte, die eine Frau in #Pankow im
       #HomeOffice eingefahren hat.“
       
       Apropos Witz – wir haben da einen besseren auf Lager: Kommt ein Maskierter
       in eine Bank. Die Angestellte hinter dem Schalter guckt entsetzt. „Keine
       Sorge, das ist ein Überfall“, ruft der Mann.
       
       Endlich mal wieder eine gute Nachricht: Wegen der Coronakrise sollen in
       Berlin keine Wohnungen mehr zwangsgeräumt werden. Das hat der Senat mit dem
       Amtsgerichten und Gerichtsvollziehern vereinbart. Die Neuköllner
       Szenekneipe Syndikat ist damit erst mal aus der Gefahrenzone. Die Feier
       fällt wegen der Coronasverordnung allerdings aus. Auch Sperren wegen nicht
       gezahlter Rechnungen für Gas, Wasser oder Strom soll es nicht mehr geben.
       
       Und: Für alle Menschen, die im Krankenhauswesen tätig sind, wird der
       Berlkönig reaktiviert. Ärzte und Pflegepersonal können sich fortan zwischen
       21 Uhr und 5.30 Uhr kostenlos zum Dienst oder nach Hause kutschieren
       lassen. Natürlich immer nur drei auf einmal.
       
       Am Abend wird ein dritter Todesfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus
       bekannt. Diesmal handelt es sich um einen 42 Jahre alten Mann. Die Zahl der
       in Berlin bekannt gewordenen Infektionsfälle ist auf 1.425 bestätigte Fälle
       gestiegen. 112 Personen liegen im Krankenhaus, 26 auf der Intensivstation.
       
       Weltweit wird die Zahl der Infizierten mit mehr als 400.000 beziffert. Nach
       China steht Italien an zweiter Stelle.
       
       Auch IOC-Präsident Thomas Bach hat den Schuss nun endlich gehört: Die für
       den Sommer in Tokio geplanten Olympischen Spiele sind auf 2021 verschoben.
       
       Mittwoch, 25. März 
       
       Gefühlt hat sich halb Berlin aufs Joggen verlegt. Ein Blick ins Gipfelbuch
       auf dem großen Bunkerberg im Volkspark Friedrichshain verrät: Viele
       Einträge handeln vom Sportmachen. Kein Wunder, sind doch die Fitnessstudios
       geschlossen; Sport machen ist hingegen – sogar zu zweit – noch erlaubt.
       
       Dem Beispiel anderer Bundesländer folgend, will nun auch Berlin
       schwerkranke Corona-Patienten aus Italien aufnehmen.
       
       Laut einer Hochrechnung der Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin kommt
       das Gesundheitssystem in der Hauptstadt „spätestens zu Ostern“ an seine
       Grenzen. Die Intensiv-und Beatmungskapazitäten seien schon jetzt
       überbelegt. 101 Arztpraxen seien geschlossen, aus Quarantänegründen und
       weil Schutzausrüstung fehlt.
       
       Im Eiltempo verabschiedet der Bundestag ein gigantisches Hilfspaket in Höhe
       von 156 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme entspricht fast der Hälfte
       des normalen Bundeshaushalts für ein Jahr.
       
       Eine Beobachtung aus Alt-Tegel: Im U-Bahnhof sitzt eine Mitarbeiterin der
       BVG mit einem Stapel grüner Papierhandtücher und besprüht sie einzeln mit
       Desinfektionslösung. Sie wartet auf den nächsten Zug, um vor dessen Abfahrt
       alle Haltestangen mit den Tüchern abzuwischen. Die Kritik an fehlenden
       Desinfektionsmaßnahmen ist der BVG offenbar über den Kopf gewachsen. Ein
       anderes Problem ist hausgemacht: Weil der Takt vieler Linien ausgedünnt
       wurde, sind die Waggons schon wieder so voll, dass Abstandhalten schwer
       fällt. Die Mitarbeiterin sieht aber auch die Fahrgäste selbst in der
       Verantwortung: „Vor ein paar Tagen war wirklich kaum jemand unterwegs,
       jetzt haben wir schon wieder lauter Freizeitfahrer.“ So sind sie, die
       Berliner.
       
       Donnerstag, 26. März 
       
       Morgens um 9 Uhr auf der Potsdamer Straße in Schöneberg: Die Prostituierten
       sind weniger geworden, aber es gibt sie noch. Eine Frau, die man hier öfter
       sieht, hält zwei Dinge in der Hand. Ein Smartphone und das bekannte
       Fläschchen mit der hellblauen Flüssigkeit: Desinfektionsmittel.
       
       Und in Kreuzberg gibt es jetzt Pandemie-Radstreifen. So heißen sie nicht
       offiziell, aber die temporäre Infrastruktur – ein neuer Streifen zwischen
       Halleschem Tor und Mendelssohn-Bartholdy-Park sowie eine „erweiterte
       Aufstellfläche“ an der Zossener Ecke Gitschiner Straße soll es den vielen
       RadlerInnen ermöglichen, mehr Abstand voneinander zu halten. Oder wie es in
       der Mitteilung der Senatsverwaltung heißt: „Positive Aspekte der
       Verkehrssicherheit im Straßenverkehr lassen sich so mit einer Unterstützung
       der geltenden Infektionsschutzauflagen verbinden.“ Ausgedacht hat sich das
       im Handumdrehen umgesetzte Projekt der Leiter des Straßen- und
       Grünflächenamts von Friedrichshain-Kreuzberg.
       
       Unter Bewegungsaspekten tun die verordneten Maßnahmen der Stadt gut, wie
       diese Beobachtung aus Neukölln zeigt: Laufgrüppchen türkischer Frauen
       erkenne ich von weitem – nicht am Schnaufen, sondern am Schwatzen.
       Sportlich! Die alte Dame, auf deren Frühe-Achtziger-Jogginganzug die sie
       überholenden Hipster-Jogger neidisch blicken, streckt dabei immer den Arm
       seitlich aus – als Abstandsmahnung. Ihr wären Nordic-Walking-Stöcke zu
       empfehlen.
       
       Die Regelung, dass die Berliner weiter ihre Wochenendhäuser in Brandenburg
       nutzen dürfen, ist keine vier Tage alt, da schert der Landkreis
       Ostprignitz-Ruppin schon aus der Reihe. Nach Rheinsberg und anderen Orten
       des Kreises kommt nur noch, wer dort seinen ersten Wohnsitz hat. Selbst
       diejenigen, die mit einem Zweitwohnsitz gemeldet sind, müssen draußen
       bleiben, es sei denn, der Aufenthalt ist berufsmäßig „zwingend
       erforderlich“. Wer füttert nun die Hühner und mäht den Rasen?
       
       Vor dem Ärztezentrum in der Kreuzberger Bergmannstraße sitzt in einem
       Rollstuhl eine ziemlich alte Frau, ganz eingefallen sieht sie aus, sie
       trägt einen Sauerstoffschlauch unter der Nase. Zwei Sanitäter warten neben
       ihr auf den Krankentransporter. Während eine junge Frau mit Atemschutzmaske
       in großem Abstand an ihr vorbeieilt, zündet sich die Alte seelenruhig eine
       Zigarette an.
       
       Acht Coronavirus-Patienten sind inzwischen gestorben. 1.937 Infektionsfälle
       sind es nun, 46 werden intensivmedizinisch behandelt.
       
       Das Fazit von Polizeipräsidentin Slowik nach einem Monat im Zeichen von
       Corona: 1.627 Objekte wurden überprüft, 763 Schließungen vorgenommen. Stand
       heute habe die Polizei aber „deutlich weniger zu tun“ als vor Sars-CoV-2.
       Der Grund: Keine Demos, keine Fußballspiele, keine Staatsbesuche, weniger
       Verkehr. Auch die Kriminalität habe seit dem 1. März spürbar nachgelassen.
       Traurige Ausnahme: die häusliche Gewalt ist um 10,8 Prozent gestiegen.
       
       Das Corona-Tagebuch entstand mit Hilfe von dpa, Reuters, RBB, Berliner
       Medien und den taz-RedakteurInnen Claudius Prößer, Anna Klöpper, Uwe Rada,
       Bert Schulz, Alke Wierth, Andreas Hergeth, Gareth Joswig;
       Redaktionsschluss: 27. März, 11 Uhr. 
       
       Das Corona-Tagebuch erschien in der Printausgabe der taz.berlin am
       wochenende vom 28./29. März 2020.
       
       29 Mar 2020
       
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