# taz.de -- Rot-Rot-Grün will Dienstflüge kippen: Nur noch mit der Bahn unterwegs
       
       > Innerdeutsche Dienstreisen mit dem Flieger? Das soll für
       > Landesbeschäftigte nur noch in Ausnahmefällen erlaubt sein, fordert die
       > Koalition.
       
 (IMG) Bild: Der Herr Senator? Sitzt im ICE!
       
       Die rot-rot-grüne Koalition will innerdeutsche Dienstflüge von
       Landesbeschäftigten zum absoluten Ausnahmefall machen. [1][In einem Antrag
       fordern die drei Fraktionen den Senat auf], alle Personen in Landesdiensten
       – inklusive der SenatorInnen – innerhalb Deutschlands zur Nutzung der Bahn
       zu verpflichten.
       
       Nur noch in „nicht abwendbaren, begründeten Ausnahmefällen“ dürften
       „klimaschädliche Verkehrsmittel“ benutzt werden. Vor jeder Dienstreise
       sollen auch Alternativen wie Video- oder Telefonkonferenzen geprüft werden.
       Gemäß dem Landesabgeordnetengesetz würde eine solche Regelung dann analog
       für die Mitglieder des Abgeordnetenhauses gelten.
       
       In der Begründung des Antrags heißt es, die Senatsverwaltungen buchten für
       sich jeweils bis zu 170 innerdeutsche Flüge im Jahr. Top-Flieger war
       allerdings die Berliner Polizei: Dort flog man in den letzten drei Jahren
       jeweils mehr als 300 Mal. Insgesamt habe es 2016–2018 jährlich mehr als
       1.100 innerdeutsche Dienstflüge gegeben. „Dieses Verhalten ist angesichts
       des Klimawandels nicht mehr tragbar“, so die AutorInnen des Antrags.
       
       Den Antrag, der am Donnerstag in den Hauptausschuss überwiesen wurde,
       brachten die Grünen als Priorität in die Plenardebatte ein – allerdings
       hatte ihnen [2][eine Pressemitteilung der Finanzverwaltung] vom Vortag die
       Show gestohlen: Auch sie sprach sich für den Verzicht auf innerdeutsche
       Dienstreisen mit dem Flieger aus.
       
       „Ich gehe mal davon aus, dass es kein Aprilscherz war“, sagte der grüne
       Abgeordnete Harald Moritz in seinem Redebeitrag. Er freue sich, dass
       seitens der Verwaltung von Senator Matthias Kollatz (SPD) „künftig
       vielleicht nur noch eine Handvoll Flüge stattfinden“ würden. Weil dessen
       Neuregelung jedoch nur empfehlenden Charakter habe, „bleibt unser Antrag
       wichtig“, so Moritz.
       
       Kollatz’ Verwaltung fordert, dass alle Landesbeschäftigten bei
       Inlands-Dienstreisen „nach Möglichkeit“ auf Flüge verzichten und die Bahn
       nutzen. Damit setze Berlin „ein deutliches Zeichen für mehr Umwelt- und
       Klimaschutz“. Entsprechend würden künftig umweltbezogene Aspekte bei der
       Erstattung von Reisekosten berücksichtigt, sodass diese höher ausfallen
       können – durch die Ticketpreise, aber auch durch zusätzliche
       Übernachtungen, die notwendig werden könnten.
       
       ## Mehr als nur Wirtschaftlichkeit
       
       Man bediene sich einer Vorgriffsregelung des Bundesinnenministeriums, das
       im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 das Bundesreisekostengesetz (BRKG)
       anpassen werde, hieß es. Derzeit erlaubt das BRKG die Erstattung von
       Flugkosten, wenn die Reisekosten geringer als mit anderen Verkehrsmitteln
       sind oder ein Arbeitszeitgewinn von mindestens einem Arbeitstag entsteht.
       Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung falle in Berlin weg.
       
       „Ob Schadstoffe oder Lärm, wir reduzieren mit dem künftigen Umstieg auf die
       Bahn bei Dienstreisen in Deutschland massiv die Emissionen“, sagte Kollatz.
       „Die Bahn ist schneller geworden und es gibt auch positive
       Preisentwicklungen – nicht zuletzt durch die verringerte Steuer auf
       Bahntickets im Klimapaket.“ Allerdings sei es auch künftig keine zwingende
       Vorgabe, nur noch die Bahn für Inlands-Dienstreisen zu nutzen. Hier will
       der Antrag der Koalition die eigene Verwaltung stärker in die Pflicht
       nehmen.
       
       Von der Opposition wurden die AntragstellerInnen mit Häme übergossen. Es
       „mute seltsam an“, in der aktuellen Krise der Neuordnung von Dienstreisen
       Priorität im Parlament zu verleihen, sagte Bernd Schlömer (FDP). Das
       eigentliche Mittel gegen Dienstreisen – die Ausstattung der Verwaltung mit
       zeitgemäßer digitaler Infrastruktur – habe Rot-Rot-Grün „verschlafen“, und
       der Antrag stecke voller „Weichmacher“: Ein „grundsätzliches“ Flugverbot,
       das Ausnahmen kenne, lasse sich in jedem Einzelfall aushebeln, so Schlömer:
       „Wie wollen Sie das eigentlich dokumentieren?“
       
       2 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-2552.pdf
 (DIR) [2] https://www.berlin.de/sen/finanzen/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.914440.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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