# taz.de -- Online-Konferenzen gestört: Hitler-Fotos bei Holocaust-Gedenken
       
       > Antisemit*innen haben mehrere digitale Holocaust-Gedenkveranstaltungen in
       > Deutschland gestört. Dabei zeigten sie Hakenkreuze und Hitler-Bilder.
       
 (IMG) Bild: Blieb ungestört: Analoges Gedenken in Magdeburg
       
       BERLIN taz | Gleich mehrfach ist es am Montagabend zu antisemitischen
       Zwischenfällen bei Veranstaltungen anlässlich des [1][Holocaust-Gedenktags
       Yom HaShoah] gekommen. Diese hatten wegen der Coronakrise ausschließlich
       digital stattgefunden. Bereits am Dienstag war bekannt geworden, dass
       Antisemit*innen ein [2][Online-Zeitzeugengespräch der israelischen
       Botschaft in Berlin störten], indem sie Bilder von Adolf Hitler zeigten.
       Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich auch bei einer digitalen
       Gedenkveranstaltung der jüdischen Studierendenorganisation Morasha Germany.
       
       „Wir hatten eine Gedenkzeremonie geplant, bei der eine Rednerin die
       Geschichte ihrer Mutter erzählen sollte, einer Holocuast-Überlebenden“,
       sagt Eliezer Noy, Direktor von Morasha Germany. Die Veranstaltung auf der
       Videokonferenzplattform Zoom sei „von sogenannten [3][‚Zoombombers‘]
       übermannt und mit antisemitischen und rassistischen Aussagen sowie
       erschütternden Bildern überflutet“ worden, [4][schreibt Morasha auf
       Facebook und Instagram]. Etwa eine halbe Stunde nach Beginn hätten sich
       plötzlich rund 20 Personen zugeschaltet, die sofort begonnen hätten, die
       Veranstaltung zu stören, sagt Noy.
       
       Ein Ausschnitt des Geschehens liegt der taz als Video vor. Plötzlich bricht
       ein Stimmgewirr auf englisch aus, viele Menschen sprechen und johlen
       durcheinander. „Jude, Jude, Jude“, sagt eine Stimme immer wieder. Alle
       Juden sollten vernichtet werden. Dann bedeckt plötzlich ein Hakenkreuz den
       Videobildschirm. „Mein Name ist Adolf Hitler“, sagt eine andere Stimme.
       Dann sind historische Aufnahmen von Adolf Hitler und jubelnden Anhängern zu
       sehen.
       
       „Ich habe etwa 30 Sekunden gebraucht, bis ich verstanden habe, was da
       passiert“, sagt Noy. Er habe die Videoveranstaltung schließlich beendet.
       Teilnehmende konnten sich anschließend direkt an ihn wenden, um einen neuen
       Link zu bekommen – diesmal Passwort-geschützt. „Unsere Rednerin war
       fantastisch. Sie wollte unbedingt die Geschichte ihrer Mutter zu Ende
       erzählen, statt diese Leute gewinnen zu lassen“, sagt Noy.
       
       ## Ähnlicher Vorfall bei der Botschaft
       
       Am nächsten Tag hätten sie noch eine Video-Session mit therapeutischer
       Unterstützung für die Teilnehmenden angeboten, so Noy. „Das war ja sehr
       verstörend. Eine Teilnehmende hat erzählt, dass sie in der Nacht nur bei
       brennendem Licht schlafen konnte.“ Morasha Germany hat sich an die Polizei
       gewandt und den Vorfall auch der Antisemitismus-Recherche- und
       Informationsstelle [5][Rias gemeldet].
       
       Der Vorfall ähnelt dem, der sich am selben Abend bei einer digitalen
       Zeitzeugenveranstaltung der israelischen Botschaft in Deutschland
       ereignete. Dort war der Holocaust-Überlebende Zvi Herschel zu Gast. Auch
       dort sollen die Störer*innen Bilder von Adolf Hitler gepostet und
       antisemtische Slogans gerufen haben, wie Botschafter Jeremy Issacharoff auf
       Twitter berichtet. Aber auch diese Veranstaltung wurde nach einer kurzen
       Unterbrechung fortgesetzt. Ob es sich bei den AngreiferInnen in beiden
       Fällen um die gleiche Gruppe handelte, ist unklar.
       
       Rias berichtet, ihnen seien schon mehrere solcher „antisemitisch
       motivierten Störungen“ bekannt geworden. In vielen Fällen sei ein Ziel der
       Störenden, „so beleidigend wie möglich zu wirken“, weswegen neben
       unterschiedlichen Stereotypen des Antisemitismus auch rassistische und
       pornografische Inhalte verwendet würden.
       
       ## „Eine Schande“
       
       Von Zoombombings in den USA wisse man, dass dort „gezielt in rechtsextremen
       Kreisen dazu aufgerufen wurde“, erklärt Alexander Rasumny von Rias.
       Unabhängig davon gelte, „dass antisemitische (Bild-)Sprache gezielt
       eingesetzt wird, um den – während der Coronakrise ins Digitale verlagerten
       – Alltag jüdischer Organisationen zu beeinträchtigen“.
       
       „Die Erinnerung an den Holocaust und die Würde des Überlebenden zu entehren
       ist jenseits von Scham und Schande und zeigt die offenkundige
       antisemitische Natur der Aktivisten“, schrieb Botschafter Issacharoff auf
       Twitter. Auch Eliezer Noy ist erschüttert. „Es ist unverständlich für mich,
       dass es im 21. Jahrhundert immer noch Menschen gibt, die andere einfach nur
       aufgrund ihrer Identität hassen – egal ob es Geschlecht, Hautfarbe,
       Religion oder sonst etwas ist“, sagt er. „Es ist eine Schande, das so etwas
       passiert – ganz besonders am Holocaust-Gedenktag.“
       
       22 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Holocaust-Gedenktag-in-Israel/!5680164
 (DIR) [2] https://twitter.com/JIssacharoff/status/1252471414617186305
 (DIR) [3] /Zoom-und-die-Corona-Krise/!5674593
 (DIR) [4] https://www.facebook.com/Morasha/posts/3213980301996635?__xts__%5B0%5D=68.ARBsgcIdGIgWFhAp604F3FXPBDt7B996zBcIc4IVz8ZbP1fxjblqDNO5WURpoEA241HDgWl7ppuSTwZIh4w2bDkLil04rgyoVqsRwtRTx6m8g2tuWQD7Uizpo6a-r7IKQ0yi-s4tCsErivfEuLZoY6DsEVWTTrUt0yNXUwXg261l7BZdgFFH_qWnNCvmo7tj6W5PVwyjtlpE6OK4bIJA7pAMGZrv0hYki2cplxQvq9f5c8QRAVXq93ckjK2fgDpXDPQ9M-xU3ZcWfq-dHe19nvbbxFI2HkFEPvR6iJDITaCcFbmVkl6qL9hRGfyn6x-gkLCP-0ZKn2goeRInf9ZPF7ln9Cmn&__tn__=-R
 (DIR) [5] https://report-antisemitism.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
       
       ## TAGS
       
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