# taz.de -- Schuldenbremsen-Ini soll gebremst werden: Senat aktiviert Verfassungsgericht
       
       > Der Hamburger Senat will die Initiative gegen die Schuldenbremse für
       > verfassungswidrig erklären lassen. Die Initiator*innen bleiben
       > optimistisch.
       
 (IMG) Bild: Tickt derzeit besonders schnell: Schuldenuhr vor der Universität Hamburg
       
       HAMBURG taz | Der Senat will das anstehende Volksbegehren gegen die
       Schuldenbremse für verfassungswidrig erklären lassen. Einen entsprechenden
       Antrag hat die rot-grüne Regierung beim Hamburgischen Verfassungsgericht
       gestellt. Er richtet sich gegen die Volksinitiative „Schuldenbremse
       streichen!“, die die Regelungen der Schuldenbremse wieder aus der
       Hamburgischen Landesverfassung streichen möchte.
       
       Der Initiative, welche sich aus überwiegend studentisch-organisierten
       Kreisen zusammensetzt, war es im vergangenen Jahr gelungen, mehr als 13.000
       Unterschriften von wahlberechtigten Hamburger*innen zu sammeln. Als zweiten
       Schritt hatte sie das Volksbegehren beantragt und zwischen dem 23. Juli und
       dem 13. August die dafür erforderlichen rund 65.000 Unterschriften sammeln
       wollen. Nun müsse aber erst einmal die Entscheidung des Verfassungsgerichts
       abgewartet werden, sagte Franziska Hildebrandt von der Initiative.
       
       Der Senat argumentiert mit dem Prinzip des „bundesfreundlichen Verhaltens“,
       das impliziert, dass das Grundgesetz auf Länderebene umgesetzt werden muss.
       Der Gesetzentwurf, der der Volksinitiative zugrunde liege, sei aber „nicht
       mit dem Grundgesetz vereinbar“, findet der Senat.
       
       Der Bund hat 2009 eine Schuldenbremse beschlossen, mit der eine
       strukturelle Neuverschuldung der Länder beschränkt werden soll. Diese wurde
       in Artikel 109 des Grundgesetzes verankert. Hamburg legte die
       Schuldenbremse 2012 auch in seiner Landesverfassung fest. Genau dies soll
       durch den angestrebten Volkentscheid rückgängig gemacht werden.
       
       Aufgrund der Corona-Lage ist die Schuldenbremse gerade ausgesetzt, denn die
       Landesverfassung sieht vor, dass bei „Naturkatastrophen oder
       außergewöhnlichen Notsituationen“ eine höhere Verschuldung möglich ist.
       Finanzsenator Andreas Dressel wirft dem Volksbegehren vor, dass dies bei
       einem Erfolg des Volksentscheids nicht mehr möglich sei. Denn der
       Gesetzentwurf der Initiative sehe eine solche Ausnahme nicht vor. „Das kann
       nicht richtig sein“, findet Dressel.
       
       Ein Vorwurf, den Elias Gläsner klar zurückweist: „Die dafür notwendigen
       Änderungen der Landeshaushaltsordnung kann die Bürgerschaft jederzeit
       beschließen.“ In anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen greife die
       Ausnahmeregelung auch, obwohl die Schuldenbremse dort nicht in der
       Landesverfassung verankert sei. Tatsächlich lässt der Bund den Ländern
       offen, ob sie die Schuldenbremse in verfassungsrechtlicher Form aufnehmen
       oder sie nur „in der Landeshaushaltsordnung berücksichtigen“.
       
       Franziska Hildebrandt, Sprecherin der Initiative, betrachtet die
       Sonderregeln während der Corona-Kreise unter dem Regime der Schuldenbremse
       als „schwierig“, da die anschließende Tilgung der Schulden den politischen
       Handlungsspielraum für zukünftige Investitionen einschränke. „Jetzt muss
       die Schuldenbremse erst recht abgeschafft werden!“, fordert sie.
       
       Während die Gruppe bereits einige Unterstützer*innen mobilisieren konnte,
       kann bisher von keinem großen Rückhalt bei den Parteien der Bürgerschaft
       gesprochen werden. Das sei auch der Grund, weshalb man sich für die Form
       des Volksentscheides ausgesprochen habe, erklärt Hildebrandt.
       
       Die Initiator*innen bleiben jedoch optimistisch. Die Corona-Krise
       verdeutliche die fehlenden Investitionen in Gesundheits- und Bildungswesen,
       das würden immer mehr Menschen erkennen. Die Reaktion des Senates sei
       deshalb eine politische: „Der Senat weiß, dass wir erfolgreich sein könnten
       und steht gerade jetzt mit dem Rücken zur Wand“, sagt Hildebrandt. Es sei
       daher nicht verwunderlich, dass „zum einzigen juristischen Mittel“
       gegriffen wird, um das Begehren zu stoppen. Die juristischen Vorwürfe
       betrachte die Initiative als „nicht stichhaltig“.
       
       28 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sarah Zaheer
       
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