# taz.de -- 1. Schultag nach den Corona-Schließungen: Viel quatschen und Die Ärzte hören
       
       > Nach fast sieben Wochen Hausunterricht durfte unsere elfjährige Autorin
       > endlich mal wieder zur Schule – und die beste Freundin wiedersehen.
       
 (IMG) Bild: Auch so kann Unterricht nach den Abstandsregeln aussehen – eher behelfsmäßig (Symbolbild)
       
       BERLIN taz | Fast sieben Wochen war die Schule geschlossen. Es war beinahe
       wie Sommerferien – nur mit Hausaufgaben. Deshalb habe ich viel mehr über
       die Schule nachgedacht. Außerdem habe ich meine Freunde mehr vermisst als
       in den Ferien, weil ich ja die ganze Zeit zu Hause war. Und oft fand ich
       das Homeschooling auch richtig nervig.
       
       Letzte Woche hat meine Lernbegleiterin allen Schülern der sechsten Klasse,
       die wieder zur Schule dürfen, in einer Mail geschrieben, dass jetzt alles
       komplett anders sein wird als sonst. In unserer Montessorischule lernen
       drei Altersstufen pro Lerngruppe zusammen, in meiner Lerngruppe sind das
       die vierte, fünfte und sechste Klasse. Sie hat uns also geschrieben, dass
       wir nur acht Kinder im Lernraum sein werden. Und dass wir viel Abstand
       halten sollen. Und dass wir mit den Sechsern aus den anderen Lerngruppen
       kein gemeinsames Mittagessen und keine gemeinsame Hofpause haben.
       
       Ich war also sehr aufgeregt, als es am Montag losging. Es war alles ganz
       anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Als ich in den Lernraum kam, fiel
       mir zuerst auf, dass wir alle etwas versetzt sitzen sollen. Zum Glück
       durfte ich trotzdem in der Nähe von meiner besten Freundin sitzen. Wir
       durften erst mal viel reden, weil ja Kontaktsperre war und die meisten sich
       nicht gesehen haben.
       
       Dann haben uns meine beiden Lernbegleiterinnen vollgequatscht und alle drei
       Minuten gekichert. Ich glaube, sie waren auch ganz froh, uns wiederzusehen.
       Als alle da waren, haben wir einen Plan gemacht und besprochen, was so die
       Regeln sind, also dass wir oft die Hände waschen sollen und dass nur zwei
       Leute auf einmal auf die Toiletten dürfen und so. Nach einem Buchvortrag
       von E. haben wir uns viel über Corona unterhalten. Zum Beispiel über die
       Jugendherbergen und ihre Probleme jetzt.
       
       ## Ein bisschen bedrückt
       
       Manchmal fand ich es gut, dass wir nur so wenige Kinder sind, weil es nicht
       so viel Aufruhr gibt und man viel mehr Zeit für seine besten Freunde hat.
       Manchmal war die Stimmung aber auch ein bisschen bedrückt, weil wir an die
       anderen Kinder gedacht haben, die jetzt noch nicht in die Schule gehen
       dürfen. Beim Frühstück ist es einmal so leise geworden, dass unsere
       Lernbegleiterin gesagt hat: „Wenn ihr nicht sofort miteinander quatscht,
       mache ich Musik an.“ Und dann hat sie wirklich Musik angemacht. Und zwar
       das neue Lied von den Ärzten – „Ein Lied für jetzt“ –, das ich
       vorgeschlagen habe.
       
       Als wir auf dem Hof gehen sollten, hat L. erzählt, dass sie trotz Corona
       bei ihrer Oma war, weil ihre Oma sich das so gewünscht hat und eigentlich
       ganz gechillt ist. Und das sie viele lustige Purzelbäume gemacht und viel
       gelacht haben. Das hat mich eigentlich gewundert, weil mein Opa mehr Angst
       hat. Ich war ein bisschen neidisch. Ach ja: Mit dem Abstandhalten hat es
       eigentlich meistens ganz gut geklappt.
       
       Am Ende hat jeder aus unserer Lerngruppe zwei Zettel mit Zungenbrechern
       bekommen. Ich hatte den Satz: Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen
       Fliegen Fliegen nach. Wir haben sehr viel gelacht, weil sich die meisten
       verheddert haben. Nach dem Mittagessen, wo wir wirklich sehr viel Abstand
       halten mussten, durften wir nach Hause fahren. Insgesamt hat mir mein neuer
       erster Schultag sehr dolle gefallen.
       
       Mei Messmer ist 11 Jahre alt und geht in die 6. Klasse der
       Montessori-Gemeinschaftsschule Berlin-Buch
       
       5 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mei Messmer
       
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