# taz.de -- Lockerungen in Schleswig-Holstein: Öffnung von Kitas und Grundschulen
       
       > In Schleswig-Holstein können wieder alle Kinder in die Kita, und ab 8.
       > Juni auch zur Grundschule. Bremen will dem folgen. GEW sieht das
       > kritisch.
       
 (IMG) Bild: 1,5 Meter Abstand nötig? Kinder einer Krippe waschen sich die Hände nach dem Malen
       
       HAMBURG taz | Nicht nur Kinderärzte sind dafür, die wegen Corona
       geschlossenen Kitas und Schulen wieder zu öffnen, auch der bekannte
       Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hat sich dafür
       ausgesprochen. Nun [1][schreitet Schleswig-Holstein voran]. Ab dem 1. Juni
       dürfen wieder alle Kinder die Kitas besuchen, wenn auch teils im tage- oder
       wochenweisen Wechsel. Und die Grundschüler lernen [2][ab dem 8. Juni wieder
       vor Ort im Klassenverband]. Das sei „unverzichtbar für gute Schule“, sagt
       CDU-Bildungsministerin Karin Prien.
       
       Auch Bremen überlegt, diese beiden Schritte ab dem 15. Juni zu gehen. Es
       gebe eine bundesweite Debatte über Kita und Grundschule, berichtet Bremens
       Schulbehörden-Sprecherin Annette Kemp. Anlass seien erste Erkenntnisse aus
       einer Studie der Uniklinik Heidelberg, die Baden-Württembergs
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bekannt gab: Kinder würden
       nicht nur seltener krank, sondern seien auch seltener infiziert als
       Erwachsene.
       
       Man gucke nun die Gruppe der null- bis zehnjährigen Kinder zusammen an,
       sagt Kemp. Bremen erwäge das Gebot von 1,5 Meter Abstand für dieses Alter
       aufzuheben. Allerdings würden dazu erst noch mit Schulen und anderen
       Gespräche geführt.
       
       In Kiel hat die Jamaika-Regierung bereits vorige Woche die neue Linie
       verkündet. Die Grundschüler sollen nur mit ihrem Klassenlehrer in ihren
       Klassen lernen und auch getrennt von anderen Kindern in die Pause,
       erläutert der Sprecher des Bildungsministeriums, David Ermes. Das
       1,5-Meter-Abstandsgebot gelte in der Klasse dann nicht mehr. Sollte es eine
       Infektion geben, müsste diese Klasse in Quarantäne.
       
       ## Lehrergewerkschaft fordert Schichtbetrieb
       
       Die Grundschüler würden vorgezogen, weil die jüngeren „am ehesten Probleme
       haben, eigenverantwortlich zu lernen“, sagt Ermes. Die älteren Schüler
       sollen bis zu den Ferien nur in kleinen Gruppen in die Schule kommen und
       weiter fernlernen. Allerdings kommen alle Klassen vor der Sommerpause noch
       mal tageweise als Klasse zusammen. „Zu diesem gemeinsamen Abschluss haben
       Kinderpsychologen geraten“, sagt Ermes. Sonst hätten die Schüler das
       Gefühl, es wäre ein „verlorenes Jahr“.
       
       Den Kitas wird erlaubt, die Gruppengröße von zuletzt zehn auf 15 Kinder zu
       erhöhen. Normal wären 20 Kinder. In diesem Rahmen soll es für
       Vorschulkinder und Kinder mit Förderbedarf wieder volle Betreuung geben.
       „Auch alle anderen Kinder bekommen wieder Zugang. Bloß nicht für die
       komplette Zeit“, erklärt Christian Kohl vom Kieler Sozialministerium. Bis
       zu den Ferien soll in den Kitas wieder Regelbetrieb herrschen.
       
       Bremen plant im Prinzip das Gleiche und peilt für den 15. Juni einen
       „eingeschränkten Regelbetrieb“ der Kitas an, sprich: Alle Kinder dürfen
       wieder hin. Wobei man die „personellen Ressourcen berücksichtigen müsse“,
       weil Beschäftigte, die zur Risikogruppe gehören, nicht eingesetzt werden
       können, sagt Kemp. Eine generelle Altersgrenze gebe es nicht.
       
       In Schleswig-Holstein läuft die GEW nun Sturm. Die Schul- und
       Kita-Öffentlichkeit sei von den Nachrichten „überrumpelt worden“,
       kritisiert die Vorsitzende Astrid Henke [3][in einem Offenen Brief]. Zwar
       könne man sich über niedrige Ansteckungszahlen im Land freuen, doch seien
       die Maßnahmen „verfrüht“ und gefährdeten die Gesundheit der Pädagogen.
       
       „Was für den Arbeitsschutz gilt, muss auch für Schulen gelten“, sagt
       GEW-Sprecher Bernd Schauer. Die 1,5 Meter Abstand zu anderen Menschen wären
       nur aufrecht zu erhalten, wenn es weiter kleine Gruppen gebe. „Wir sehen
       das Dilemma für die Kinder“, sagt Schauer. Doch bis es sichere Erkenntnisse
       zur Übertragung des Virus durch Kinder gebe, bräuchte man Unterricht im
       Schichtbetrieb, beispielsweise je drei Stunden von 8 bis 11 und von 11 bis
       14 Uhr.
       
       Die Gewerkschaft regt auch auf, dass ein ärztliches Attest nicht mehr
       reichen soll, um als Risikogruppe zu gelten und statt dessen Betriebsärzte
       des Ministeriums die Fälle anschauen. Keinesfalls dürften Lehrkräfte unter
       Drohung einer Frühpensionierung in den Unterricht gedrängt werden.
       
       ## Wöchentliche Tests fürs Personal
       
       „Wir kennen die Kritik“, sagt Ermes vom Kieler Ministerium. Dieses halte
       sich beim Umgang mit Risikogruppen an die Empfehlungen des Robert
       Koch-Instituts, wonach nicht mehr jeder über 60 automatisch dazu zähle. Und
       im Punkt 1,5-Meter-Abstandsregel hätten die Ministerpräsidenten vereinbart,
       dass es für Kitas und Schulen jeweils eigene Regeln geben soll.
       
       Den Weg, den Prien hier geht, hatten vier Ärztefachgesellschaften
       vorgezeichnet. So forderten Kinderärzte und Hygieniker in einem Papier, die
       Kitas und Grundschulen sollten unter Berücksichtigung der regionalen
       Neuinfektionsrate wieder öffnen, dabei sei die „Konstanz der jeweiligen
       Gruppe und Vermeidung von Durchmischung“ wichtiger als die Größe der
       Gruppe.
       
       Auch Drosten sagte im neuen Spiegel mit Bezug auf Kitas und Schulen: „Ganz
       klar, die müssen wir öffnen und zur Hälfte öffnen kann man sie auch nicht“.
       Zuvor hatte Drosten im Deutschlandfunk vorgeschlagen, jeden Erzieher und
       Lehrer einmal pro Woche zu testen, „als Beruhigungs- oder Servicefunktion
       für dieses sehr wichtige Personal“.
       
       ## Schulschließung rückblickend hinterfragt
       
       Hamburg und Niedersachsen sind vorsichtiger. Dort wird an den Schulen bis
       zu den Ferien nur in kleineren Gruppen in einer reduzierten Zeit gelernt.
       Für die Kitas nehmen beide Länder sich vor, dass möglichst vor der
       Sommerpause alle Kinder wieder Zugang haben. In dieser Woche gibt es dazu
       Gespräche.
       
       Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) erklärt, er hoffe auf eine normale
       Schule nach den Sommerferien. Dazu, wie das gehen kann, lade er Mitte Juni
       Kultusminister und Fachleute zu einem Symposium ein.
       
       Seine Kollegin, die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks
       (SPD), sagte der Welt am Sonntag, sie sehe die Schul- und Kita-Schließungen
       rückblickend anders. Hätten Wissenschaftler im März nicht gesagt, dass
       Kinder die Krankheit stärker übertragen als Erwachsene, hätte sie
       vielleicht anders entschieden und diese „offen gelassen oder schneller
       wieder geöffnet“. Doch auch Wissenschaft bräuchte „Zeit, um die Krankheit
       zu erforschen“.
       
       2 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/I/_startseite/Artikel2020/II/200527_pk_corona_kitas.html
 (DIR) [2] /Oeffnungen-von-Schulen/!5685325/
 (DIR) [3] https://www.gew-sh.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/offener-brief-an-den-ministerpraesidenten-zur-weiteren-oeffnung-der-kitas-und-schulen-in-schleswig-h/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Kita
 (DIR) Kinder
 (DIR) Grundschule
 (DIR) Schule
 (DIR) Schleswig-Holstein
 (DIR) Kita-Ausbau
 (DIR) Schulbehörde Hamburg
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schule
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kita-Versorgung in Hamburg: Ein leeres Versprechen
       
       Jedem Kind steht ein Kita-Gutschein zu, doch die Plätze sind rar. Ein
       vierjähriges Mädchen, das kein Deutsch spricht, wartet seit einem Jahr.
       
 (DIR) Schulbeginn in Hamburg: Homeschooling erstmal vorbei
       
       Hamburgs Schulen starten nach den Ferien mit vollem Stundenplan für alle
       Schüler. Die Klassenstufen bleiben aber unter sich.
       
 (DIR) Gewerkschaftshaltung zur Schulöffnung: Nicht mehr als Interessenvertretung
       
       Es erstaunt, wenn es von der Gewerkschaft der Lehrer nur Mahnungen und
       wenig Lösungsideen zur Öffnung der Grundschulen in Hamburg gibt.
       
 (DIR) Schulöffnungen in Hamburg: Lehrergewerkschaft auf Abstand
       
       Hamburgs Grundschulen sollen nach den Ferien wieder öffnen, die
       weiterführenden Schulen wahrscheinlich auch. Die GEW nennt das
       „leichtfertig“.
       
 (DIR) Hamburgs Schulsenator zum Schulbetrieb: „Wir wollen Regelunterricht“
       
       Ties Rabe hofft, dass nach den Sommerferien Präsenzunterricht für alle
       möglich ist. Sonst drohe die soziale Spaltung im Bildungssystem tiefer zu
       werden.
       
 (DIR) Große Ferien in Hamburg: Zeltlager entfällt
       
       Wegen Corona ist nun auch noch das Angebot für Kinder im Sommer
       eingeschränkt. Die Schulbehörde plant „Lernferien“, die Linke will
       „wirkliche Ferien“.
       
 (DIR) Lehren aus Corona zum Umgang mit Kindern: Dinosaurierstatus ablegen
       
       Corona war sicher nicht die letzte Pandemie. Die Krise hat aber Defizite im
       Bildungsbereich aufgezeigt, die Deutschland schnellstens beheben muss.
       
 (DIR) Kinder und Corona: Wunsch nach Wahrheit
       
       Wie ansteckend sind Kinder, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben?
       So einfach ist das nicht zu beantworten – trotz zahlreicher Studien.
       
 (DIR) Öffnungen von Schulen: Abstand halten ist out
       
       Nach Sachsen wollen andere Länder die Grundschulen komplett öffnen. Doch
       die Rückkehr zum Regelunterricht ist nicht einfach.
       
 (DIR) KMK-Präsidentin über Schule und Corona: „Wir brauchen einen längeren Atem“
       
       Bis zur Normalität an Schulen wird es dauern, so Stefanie Hubig. Die
       Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz rechnet weiter mit
       Homeschooling-Phasen.
       
 (DIR) Laptop-Lernen in Corona-Zeiten: Abgehängte Schüler
       
       Ärmeren Schülern fehlt die digitale Infrastruktur, um zu Hause lernen zu
       können. In Hamburg haben weder Schul- noch Sozialbehörde eine Lösung.