# taz.de -- Bundestagspolizei in Linken-Büro: Schäuble handelte rechtswidrig
       
       > Das Eindringen von Polizisten in das Büro des Bundestagsabgeordneten
       > Michel Brandt war verfassungswidrig, entschied das
       > Bundesverfassungsgericht.
       
 (IMG) Bild: Keine „Abwehr einer Gefahr“: Bundestagspräsident im Unrecht
       
       KARLSRUHE taz | Die Bundestagspolizei hat Rechte des Linken-Abgeordneten
       Michel Brandt verletzt, als sie während des Erdoğan-Staatsbesuchs 2018
       eigenmächtig kurdische Embleme aus dessen Büro entfernte. Dies stellte der
       Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem jetzt veröffentlichten
       Beschluss fest.
       
       Im September 2018 besuchte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip
       Erdoğan Berlin. Er traf die Kanzlerin, den Bundespräsidenten und
       Siemens-Chef Joe Kaeser. Zahlreiche Straßen waren aus Sicherheitsgründen
       gesperrt. Bei einem Kontrollgang entdeckte die Bundestagspolizei am Fenster
       des Abgeordneten Michel Brandt (Linke) mehrere DIN-A4-große Embleme der
       kurdischen Volksbefreiungseinheiten in Syrien, der YPG.
       
       Brandt hatte sie extra für den Staatsbesuch Erdoğans angebracht. Die
       Polizei eilte nach oben, betrat das Abgeordnetenbüro ohne Rücksprache und
       entfernte die Zettel. Sie hatte nicht einmal versucht, vorher Kontakt mit
       Brandt aufzunehmen.
       
       Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), dem die Bundestagspolizei
       untersteht, rechtfertigte das Verhalten der Beamten später mit der „Abwehr
       einer Gefahr“. Wenn die türkische Delegation die kurdischen Zeichen gesehen
       hätte, hätte dies die Beziehungen zur Türkei belastet können, vor allem,
       wenn die kurdischen Embleme dem Bundestag als Ganzem zugeordnet worden
       wären. Außerdem hätten die Zettel „protürkische Anhänger“ zu Gewalttaten
       provozieren können, was die „Unversehrtheit des Parlamentsgebäudes“
       gefährdet hätte
       
       ## Unverhältnismäßiger Eingriff
       
       Auf eine Organklage von [1][Michel Brandt] stellte das
       Bundesverfassungsgericht jetzt fest, dass die eigenmächtige Polizeiaktion
       den Parlamentarier in seinen Abgeordnetenrechten verletzt habe.
       
       Die Polizei könne ein Büro zwar grundsätzlich auch ohne Genehmigung des
       Abgeordneten betreten, um eine Gefahr zu beseitigen. In dem Fall sei der
       Eingriff aber unverhältnismäßig gewesen, so die Richter. Zum einen habe nur
       eine „schwache Gefahrenlage“ bestanden. Es gab keine Anzeichen, dass
       überhaupt jemand die YPG-Zettel gesehen und sich darüber aufgeregt hat.
       
       Außerdem sei schon das „Provokationspotenzial“ der kurdischen Embleme nur
       gering gewesen, da sie von der Straße her nur mit Mühe zu erkennen waren.
       Dagegen sei der Eingriff in Brandts Rechte schwerwiegend gewesen. Es
       beeinträchtigt seine Infrastruktur, wenn er stets damit rechnen müsse, dass
       Polizeibeamte ungefragt sein Büro betreten.
       
       1 Jul 2020
       
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