# taz.de -- Umstrittener Antisemitismusbeauftragter: Schnöder Amtsmissbrauch
       
       > Felix Klein warnt vor linksliberalen „Antisemiten“, darunter auch Juden.
       > Seine KritikerInnen mit rechter Gewalt zu vergleichen, ist schamlos.
       
 (IMG) Bild: Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung
       
       Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, ist ein
       meinungsfreudiger Mann. In der Debatte um den [1][Philosophen Achille
       Mbembe] hatte er den Antisemitismusvorwurf schnell parat. Dabei ist die
       Aufgabe des Regierungsbeauftragten weniger, den Diskurs-Schiedsrichter in
       Debatten zu geben als, so die Jobbeschreibung, „die
       Antisemitismus-Bekämpfung der Bundesregierung ressortübergreifend zu
       koordinieren“.
       
       Klein scheint aus der heftig ausgetragenen Mbembe-Debatte, in der es auch
       [2][Rücktrittsforderungen] gegen ihn gab, gelernt zu haben – und zwar das
       Falsche. Anstatt umsichtig sein Kerngeschäft zu bearbeiten, stempelt er
       noch großflächiger KritikerInnen zu Antisemiten und hat eine neue Spezies
       entdeckt: den linksliberalen Antisemiten. „Der Antisemitismus aus dem
       linksliberalen Milieu“ sei nicht zu unterschätzen, „auch wenn rechte
       Erzählungen zurzeit höheres Gewaltpotential haben“, so seine jüngste
       Erkenntnis.
       
       Nun sind die linksliberalen KritikerInnen, die seinen Rücktritt forderten,
       überwiegend jüdisch. Es wäre schon in einer Kneipe ein Unding, wenn
       nichtjüdische Deutsche so fahrlässig Juden mit dem Antisemitismus-Label
       bekleben. Bei einem Repräsentanten der Bundesregierung, der auch noch
       Antisemitismusbeauftragter ist, ist dies ein Offenbarungseid – und ein Fall
       von Amtsmissbrauch.
       
       Es ist kläglich, honorige jüdische Intellektuelle, die es sich erlauben,
       den Begriff [3][Antisemitismus] nicht so grobschlächtig zu handhaben wie
       Klein, als Antisemiten zu denunzieren. Dies zeigt eine hemdsärmelige
       Unfähigkeit zu minimaler Selbstreflexion und eine frostige Abwesenheit von
       diskursiver Fairness. Nicht anders als infam ist der Vergleich mit rechter
       Gewalt, die hier in einem Atemzug mit Debattenbeiträgen über
       Postkolonialismus assoziiert wird.
       
       Hier ist jedes Maß verloren gegangen. Dies ist ja nebenbei auch eine
       Verharmlosung der realen, rechtsextremen Gewalt gegen Juden. Der Kampf
       gegen Antisemitismus ist zu ernst, um ihn Leuten zu überlassen, die das
       Etikett „antisemitisch“ für private Rachefeldzüge missbrauchen.
       
       2 Jul 2020
       
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