# taz.de -- Linken-Politikerin attackiert: Mit Würgemal davongekommen
       
       > Im oberbayrischen Kösching wird eine Linken-Kommunalpolitikerin
       > stranguliert. Alle Indizien sprechen für eine rechtsmotivierte Tat.
       
 (IMG) Bild: Der Angreifer soll mehrfach „Ihr scheiß Linke“ gerufen haben
       
       MÜNCHEN taz | Bereits am Sonntagabend wurde die Linken-Kommunalpolitikerin
       Stefanie Kirchner im oberbayerischen Kösching von einem Unbekannten
       angegriffen und stranguliert. Mehrfach rief der Mann nach Angaben Kirchners
       „Ihr scheiß Linke“. Kirchner trug erhebliche Würgemale sowie eine Wunde
       davon, die von einem scharfen Gegenstand verursacht wurde, eventuell einem
       Messer.
       
       Die Tat ereignete sich gegen 23 Uhr, als Kirchner in ihrem Wohnort einen
       Spaziergang machte. Der Täter kam demnach von hinten und konnte von der
       Politikerin nicht erkannt werden. Die Krankenpflegerin befreite sich mit
       Fußtritten und lauten Rufen von dem Mann. Kirchner ist Mitglied des
       oberbayerischen Bezirkstages.
       
       Nachdem sie Anzeige erstattete, ermitteln nun Kriminalpolizei und
       Staatsanwaltschaft. Die für Staatsschutzdelikte, also [1][politisch
       motivierte Straftaten], zuständige Abteilung der Kripo Ingolstadt prüfe den
       „kompletten Sachverhalt“, sagte eine Sprecherin. Weitere Informationen
       wollte sie nicht geben – auch nicht, ob die Attacke von den Behörden
       gegenwärtig als Körperverletzung, versuchtes Tötungsdelikt oder Mordversuch
       angesehen wird.
       
       Erst durch eine Veröffentlichung des Linken-Landesverbandes Bayern auf
       dessen Homepage am Donnerstag wurde der Fall bekannt. „Der Anschlag auf die
       linke Bezirksrätin ist ein Anschlag auf die Demokratie“, schreibt die
       Landessprecherin Eva Bulling-Schröter. Linken-Parteivorsitzende Katja
       Kipping machte „rechte Gewalttäter“ für die Attacke verantwortlich und
       wünschte Stefanie Kirchner „viel Kraft und eine schnelle Genesung“.
       
       Zweifelhaftes Kommunikationsverhalten 
       
       Bayerns Linken-Geschäftsführer Max Steininger sagte der taz, dass sich die
       Politikerin nun an einem sicheren Ort befinde. Ihr gehe es den Umständen
       entsprechend gut. Bei der Tat sei wohl ein Draht oder ein Seil verwendet
       worden. „Wir nehmen eine Tötungsabsicht an.“ Nachdem Polizei und
       Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit über mehrere Tage hinweg nicht
       informiert hatten, sah sich die Partei dazu veranlasst.
       
       Kösching ist eine Marktgemeinde mit 10.000 Einwohnern im Landkreis
       Eichstätt und liegt nahe Ingolstadt. In einem solch kleineren Ort spricht
       sich eine Gewalttat wie diese schnell herum. [2][“Das geht ja irgendwie uns
       alle an“], sagt der Geschäftsführer Steininger. „Wir wollen informieren und
       auch warnen.“ Irritierend wirkt das Verhalten von Polizei und
       Staatsanwaltschaft gegenüber der Öffentlichkeit, das einem
       Informationsboykott gleichkommt.
       
       Es ist ungewöhnlich, dass die Behörden in einem solchen Fall mit einem zu
       vermutenden rechtsextremen Hintergrund keine Pressemitteilung herausgeben,
       keine Pressekonferenz abhalten und auch sonst fast keine Informationen
       mitteilen. Das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt berichtet auf
       seiner Homepage etwa über neue Fälle von Cybertrading oder
       exhibitionistische Handlungen, die Gewalttat auf die Linken-Politikerin
       findet keine Erwähnung.
       
       „Wir werden jetzt zusammenhalten“, sagt Max Steininger, „nun lassen wir uns
       erst recht nicht einschüchtern.“ Immer wieder kommt es zu politisch
       motivierter Gewalt gegenüber Politikern. Gravierendster Fall der letzten
       Zeit war die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke
       durch einen mutmaßlichen Nazi wegen flüchtlingsfreundlicher Aussagen des
       Politiker.
       
       3 Jul 2020
       
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