# taz.de -- Tunesien sucht neuen Regierungschef: Rücktritt nach nur fünf Monaten
       
       > Tunesiens Regierungschef Elyes Fakhfakh ist zurückgetreten. Falls kein
       > Nachfolger eine Mehrheit im Parlament findet, gibt es Neuwahlen.
       
 (IMG) Bild: Tunesien sucht einen Nachfolger: Regierungschef Elyes Fakhfakh gibt nach nur fünf Monaten auf
       
       TUNIS taz | Mit wenigen Worten und nach nur fünf Monaten Amtszeit hat
       Tunesiens Regierungschef Elyes Fakhfakh am Mittwoch seinen Rücktritt
       verkündet. Die Amtszeit des stillen Regierungschefs war von der
       Corona-Krise geprägt. Zwei Wochen nach der [1][Vereidigung] hatte der
       48-Jährige das Land in einen [2][totalen Lockdown] geführt und die
       Infektionszahlen in Tunesien auf extrem niedrigen Niveau halten können.
       Dennoch entzogen die moderaten Islamisten der Ennahda-Partei ihm das
       Vertrauen. Nachdem [3][Präsident Kais Saied] ihn nach Verlust der
       Parlamentsmehrheit zum Rücktritt aufforderte, reagierte Fakhfah wieder
       schnell und entschieden.
       
       Vier Wochen hat Said nun Zeit, einen Nachfolger zu bestimmen. Sein
       Rücktritt erfolge aus nationalem Interesse und solle Tunesien weitere
       Schwierigkeiten in dem jetzigen Ausnahmezustand ersparen, ließ Fakhfakh am
       Mittwoch Abend verlautbaren.
       
       Die Regierungskrise trifft das 11-Millionen-Einwohner-Land tatsächlich zu
       einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Auch nach der Wiedereröffnung der
       Landesgrenzen vor drei Wochen bleiben die Touristen aus. Zulieferbetriebe
       der europäischen Automobilindustrie und die Textilindustrie haben viele
       Aufträge verloren. Der Staat hat kein Geld, um eine für den Herbst
       erwartete Pleitewelle zu verhindern.
       
       Die Coronabedingte größte Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit könnte
       zu sozialen Unruhen führen wie derzeit in der südtunesischen Stadt
       Tataouine, wo sich Tausende Demonstranten in den letzten Wochen
       Straßenschlachten mit der Polizei lieferten. Eigentlich wollte Fakhfakh in
       dieser Woche die Lage bei einem Besuch der südtunesischen Krisenregion
       beruhigen.
       
       ## Tunesien bleibt ein gespaltenes Land
       
       Der zukünftige Regierungschef wird zunächst die Parlamentsmehrheit für sich
       gewinnen müssen. Bei den Parlamentswahlen im letzten Oktober waren die
       etablierten Parteien abgestraft worden. Die Zersplitterung des Parlaments
       hatte mehrere Versuche einer Regierungsbildung scheitern lassen.
       
       Sollte der von Präsident Kais Saied zu bestimmende Kandidat nicht innerhalb
       eines Monats die absolute Mehrheit im Parlament erhalten, werden Neuwahlen
       angesetzt. Eine entscheidende Rolle kommt der Ennahda-Partei zu, die mit 54
       von 217 Parlamentssitzen die größte Fraktion stellt.
       
       Ennahda-Parteichef Ghannouchi hatte den ehemaligen Tourismusminister
       Fakhfakh am 27. Februar akzeptiert, weil er einen Ennahda-nahen Kandidaten
       nicht durchsetzen konnte.
       
       Im Juni warf ein Abgeordneter Fakhfakh dann vor, Aktien von mehreren Firmen
       zu besitzen, die Staatsaufträge im Wert von über 13 Millionen Euro erhalten
       hatten. Fakhfah behauptet, die Firmenanteile verkauft zu haben und wollte
       Konsequenzen ziehen,wenn ihn die noch laufenden Untersuchungen belasten
       sollten.
       
       Dass er vor dem Ende der Ermittlungen dem Druck der religiösen Kräfte
       nachgibt, zeigt, wie gespalten die politische Landschaft Tunesiens auch 10
       Jahre nach der Revolution noch ist.
       
       Dabei hatte der siebte Regierungschef nach der Revolution zusammen mit
       Präsident Saied und dem Ennahda-Chef Ghannouchi mit ihrer gemeinsamen
       Anti-Corona Kampagne drei Monate lang gezeigt wie gutes Krisenmanagement
       geht.
       
       16 Jul 2020
       
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